Landkreis Cham
Regenbogen als Zeichen der Versöhnung

04.07.2022 | Stand 15.09.2023, 4:34 Uhr
1992 fand an der Grenze bei Furth im Wald die erste Regenbogen-Aktion statt. −Foto: Feiner

„Ein Landart-Projekt als bleibende Erinnerung, das wäre schön!“ – Der Bad Kötztinger Künstler Alois Öllinger hätte durchaus noch einen Plan, die von ihm erdachte Aktion vom 2. Juli 1992 fortzusetzen und abzuschließen. Feuerwehrleute aus Furth im Wald und Domazlice (Taus) hatten über den Grenzbach mit zwölf Strahlrohen eine Wasserkuppe formiert – und tatsächlich zeigte sich dann durch das Spritzwasser im Schein der Nachmittagssonne ein Regenbogen, der die Pastritz überspannte.

Dass dieses Zeichen der Versöhnung nach dem Fall des Eisernen Vorhangs entstehen konnte, war einerseits Öllingers Idee, aber andererseits auch einigen Unterstützern zu verdanken. Neben den beiden ausführenden Feuerwehren sind hier der damalige Further Bürgermeister Reinhold Macho und sein Kollege Jan Latka in Domazlice zu nennen.

Ursprünglich sollte ein anderes Objekt entstehen, doch die zuerst geplante „soziale Kugel-Plastik aus Eisenrohren“ geriet nach den Worten Öllingers zu schwer. Also kam er auf die Idee mit den Wasserstrahlen und dem Regenbogen. Ein Jahr suchte der Künstler Kontakte und arbeitete am Konzept – noch am Tag vor der Realisierung schien es bei einer Probe am Grenzbach nicht so recht zu klappen, weil die Sonne nicht mitmachte.

Aber am 2. Juli 1992 passte es dann: Die Feuerwehrleute spritzen eine perfekte Wasserkuppel. Die Sonne kam durch die Wolken und dann hatten auch die anwesenden Fotografen ihre Bilder in den Kameras. Was von einigen Beobachtern mit Erstaunen beobachtet wurde, war dann gegen Ende der Aktion ein Art Ritual: Da spritzten sich nämlich die Feuerwehrleute aus Bayern und Böhmen gegenseitig etwas nass – ein Vorgang, der bei Floriansjüngern mit zum Spaß gehört.

Einige gemeinsame Einsätze

Die Further und Tauser Feuerwehrmänner kannten sich in diesem Sinne schon länger, denn es gab in den Jahren zuvor einige gemeinsame Einsätze beiderseits der Grenze, dazu 1988 den Gast-Aufenhalt der Hasici Domazlice beim Gründungsfest der Further Wehr – und wer ganz weit zurückrechnen will, kann den Hilfseinsatz der Böhmen beim Further Stadtbrand 1863 auch dazuzählen. Alois Öllinger entwickelte seinen „Regenbogen“ in den Folgejahren weiter, vergrößerte sozusagen den Einzugsbereich. 1997 wurde die Aktion am Grenzbach wiederholt. Zur Jahrtausendwende wurden an 24 ehemaligen Grenzübergängen des früheren Eisernen Vorhanges von der Ostsee bis zur Adria „Regenbogen-Kuppeln“ gespritzt. Die Realisierung vor dem Reichstag in Berlin schaffte es als Bild auf den Titel einiger namhafter Zeitungen. Im Jahr 2004 wurde diese zehn Staaten einschließende Aktion wiederholt, ein weiteres Mal 2009 über die besagte Strecke von 3000 Kilometern. Der Künstler bekam nicht nur im Internet ein passendes Podium, sondern im Jahr 2000 auch eine eigene Ausstellung in der Ostdeutschen Galerie Regensburg. 2014 und 2019 wurde mit entsprechenden Veröffentlichungen in den Medien europaweit an die Aktionen erinnert. Des Weiteren fanden diverse „Regenbogen-Kuppel-Spritzaktionen“ europaweit an vielen Stellen statt.

Nachzuverfolgen ist die Historie der Regenbogenaktionen im Übrigen auf Alois Öllingers Internetseite. Das schon erwähnte Landart-Projekt stellt sich Alois Öllinger so vor, dass auf dem Platz der ersten Spritz-Aktion ein Kreis von zwölf hoch wachsenden Bäumen gepflanzt wird. „Säulen-Eichen und Säulen-Pappeln, abwechselnd, wie die deutschen und tschechischen Feuerwehrleute standen – das wäre schön,“ meint der Künstler. Zwischenzeitlich sei die besagte Fläche etwas verwildert, also ideal geeignet.

Die Idee bleibt unvollendet

Entgegen stehe freilich eine Bestimmung, dass bei öffentlichen Projekten keine Pappeln gepflanzt werden dürfen, weil diese ursprünglich kein einheimisches Gehölz seien. „Ein wenig schade ist es, dass die Regenbogen-Idee nicht so perfekt abgerundet werden kann,“ bedauert Alois Öllinger die Situation. Die Bäume wären nach seiner Vorstellung ein sichtbares und bleibendes Projekt.

Während das wohl nicht möglich ist, stellt ihn aber ein anderer Gedanke zufrieden: „Es hat für Aufsehen gesorgt. Der Regenbogen als Zeichen der Versöhnung über die Grenzen hinweg, das war gut. Und letztlich würde ich mich darüber freuen, wenn einige Beteiligte und auch ein wenig die Öffentlichkeit stolz darauf wären, dass sie dabei waren und dass es stattgefunden hat.“