Rückblick Ritter, Räuber und Kaufleute
Vor 60 Jahren gingen in Neuhaus Burgfest und Ritterspiel über die Bühne. Vor 25 Jahren kam es zur Wiederbelebung.
Schorndorf.Der Corona-Pandemie fiel im vergangenen Jahr praktisch der gesamte Festspielsommer im Landkreis Cham zum Opfer, auch der Kultursommer der Laienbühne Schorndorf auf Burg Neuhaus. Über 2021 steht ebenfalls noch ein Fragezeichen, dabei könnte heuer das 25-jährige Jubiläum der Wiederbelebung (1996 bis 2021) gefeiert werden. Genau 60 Jahre liegt es heuer zurück, dass in Neuhaus bereits Burgfest und Ritterspiel über die Bühne gegangen sind.
Neuhaus war damals noch eine eigene Gemeinde, allerdings die kleinste überhaupt im Landkreis Cham. Und so kündigte die Zeitung damals das Ereignis wie folgt an: „Ganz im Zeichen des Burgfestes steht am Wochenende die kleinste Gemeinde des Landkreises Cham, Neuhaus“. Außerdem wird erwähnt, dass dieses Fest nicht erst kürzlich aus der Taufe gehoben worden ist, sondern auch schon in früheren Jahren ausgetragen wurde. Aber: „Erst seit 1961 hat es ob seiner umfangreichen Programmgestaltung überörtliche Bedeutung erlangt“, so die Presse weiter.
Initiator war Alois Gigler
Und: „Der innerhalb der Burgruinenmauern gelegene romantische Festplatz gibt dem Ereignis einen außerordentlich attraktiven Rahmen.“ Das Programm bestand am Samstag aus Konzert um 15 Uhr sowie Ritterspiel um 21 Uhr und am Sonntag aus Raubüberfall um 14 Uhr sowie nochmals Ritterspiel um 21 Uhr. Mit ein Hauptinitiator war damals Alois Gigler aus Schorndorf, er übernahm auch die Rolle des Ritters.
Im Nachklang zum Ereignis wurde in der Presse mit der Überschrift „Auf Neuhaus kehrten die alten Ritterleut‘ zurück“ auszugsweise u.a. wie folgt berichtet: „Auf der Burgruine Neuhaus fand am Wochenende das Burgfest statt. Bierknechte trugen die vollen Banzen des gsüffigen Schauer-Festgebräu auf die Burg. Als Vorstand des Heimat- und Burgvereins stach Otto Raith, Reishof, den ersten Banzen an. Die Blaskapelle Hausladen, Traitsching, trug durch ihre schmissigen Weisen zur zünftigen Unterhaltung des Festes bei. Marianne Höcherl, Radling, die just an diesem Tage ihren 16. Geburtstag feiern konnte, wurde zum Burgfräulein gekürt.
Am Abend ging das Ritterspiel über die Bühne, dem die Mauern der Ruine als natürliche Kulisse dienten. Es war eines der lustigen und tragisch-komischen Rittermärchen, wie sie der Volksmund erzählt, das hier in Szene gesetzt wurde. Ritterliche Stärke und Kühnheit vermochten nichts gegen den zudringlichen Bürger auszurichten.
So musste erst die „Geiß-Waben“ mit ihren drei munteren Ziegen kommen und als couragierte Person mit der Sichel den aufdringlichen Bürger in die Flucht schlagen. Dies alles geschah im Milieu der aus Furth im Wald entliehenen Harnische und mittelalterlichen Kostüme. Am Sonntag gab es Massenbesuch in Neuhaus. Die Neuhauser Ritter mit ihren Knechten und Söldnern taten alles, damit die Schaulustigen auf ihre Kosten kamen.
Der Höhepunkt des Neuhauser Burgfestes aber bildete das Massenaufgebot der mittelalterlichen Gestalten, die sich zum großen Raubüberfall um die Burg versammelten. Ein Fanfarenbläser gab das Signal zum Aufbruch. Der Raubritter gab auf dem Dorfplatz seinen Reitern und Reisigen die Befehle. 15 Reiter hatten sich um den räuberischen Rittersmann versammelt. Zwei Chamer Kaufleute zogen mit ihren Planwagen unter dem Fluchen der Fuhrknechte aus dem Wald kommend unterhalb der Burg vorbei.
Von drei Seiten sprengten die Berittenen auf die wehrlosen Kaufleute zu, die sich der Übermacht ergeben mussten. Reiche Beute, Wein, Stoffe und Salz fielen dem Ritter auf Neuhaus in die Hände. Ein Festzug führte dann durch das Dorf. 18 Reiter und Reiterinnen, Fußvolk, Knechte, Spielmänner und Landsknechte mit Spießen und Hellebarden sowie Armbrustschützen waren in diesem bunten Festzug zu sehen.
Die „Geiß-Wabn“ mit ihrer Geiß und den beiden Kitzen erregte dabei besonders Aufsehen. Nach diesem „Schauspiel“ aber ging es im Burghof bereits hoch her. Die Kapelle spielte zur Unterhaltung und so kamen die Veranstalter – aber auch die, die den Weg nach Neuhaus nicht gescheut hatten – auf ihre Kosten.
Es bleibt daher hier nur noch zu vermerken, dass es lobenswert ist, wenn um diese Burg sich weiter Männer scharen, die der Tradition dieser geschichtlichen Stätte und der ihres noch jungen Burgspiels treu bleiben. Nicht aus dem Grund, damit in unserem Landkreis noch ein Fest mehr im Jahr abgehalten wird, sondern weil durch das Neuhauser Burgfest ein Stück Heimatgeschichte weiterlebt und damit zur Erhaltung der geschichtlichen Zeugen unserer Vergangenheit beigetragen wird“.
Sogar einen Verein gegründet
In Versammlungen, die jeweils im Gasthaus „Zur Burg“ stattfanden, wurde über das Burgfest diskutiert. Man war sich einig, dasselbe alljährlich durchzuführen. Aus diesem Grunde wurde auch ein Verein, dem man den Namen „Heimat- und Burgfestverein Neuhaus und Umgebung“ gab, ins Leben gerufen. Eine überraschend hohe Zahl hatte sich sofort zur Mitgliedschaft bereitgefunden.
Zum Vorstand wurde Otto Raith, Reishof, gewählt, zum Stellvertreter Adolf Feldbauer (Unteraigen), zum Schriftführer Sepp Prasch (Oberaign); zum Kassier Max Hallermeier (Neuhaus) und in den Festausschuss Albert Vetter, Alois Gigler, Max Weber und Vinzenz Mandl.
Es konnte dann sogar der damalige Landrat MdL Dr. Max Fischer als Schirmherr gewonnen werden und das Burgfest und das Programm (u.a. mit Gottesdienst bei der Wallfahrtskapelle „Maria Rosenöd“, Jäger- und Fischertreffen sowie Fahrzeugsegnung und Fahrzeugkorso) wurden sogar auf drei Tage ausgeweitet. 1963 war in der Zeitung als Vorankündigung zu lesen: „Die Burgruine steht für tanzlustige Paare zur Verfügung.“
Und: „Der Heimat- und Burgfestverein, der bisher dreimal als Veranstalter aufgetreten ist, hat in einer Versammlung übereinstimmend beschlossen, das Burgfest für 1964 der Gastwirtsfamilie Schlecht zu überlassen“. Das Ganze ist dann mehr und mehr eingeschlafen, bis schließlich die Laienbühne Schorndorf rund 30 Jahre später in Aktion trat, das Burgareal wieder auf Vordermann brachte und 1996 wieder erstmals ein Burgfest veranstaltete. 1997 folgte dann zum ersten Mal das „Theater auf der Burg“. (cls)
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