Lichterprozession Rötz: Die Geschichte einer Kirche – und was sie so besonders macht
Rötz.Heuer wird der Lichtmesstag mit einer Lichterprozession von der Friedhofskirche zur Stadtpfarrkirche besonders begangen. Für uns Anlass einen Blick auf die kleine Kirche zu werfen, die schon im 18. Jahrhundert als außergewöhnlich schön beschrieben wurde.
Der Lichtmesstag wird am Donnerstag in Rötz besonders begangen werden. Pfarrer Alexander Dyadychenko plant an diesem Tag um 18.30 Uhr mit den Kommunionkindern die Kerzenweihe in der Friedhofskirche St Salvator. Anschließend gibt es eine Lichterprozession vom „Kircherl“, wie die Rötzer das Gotteshaus liebevoll nennen, zur Stadtpfarrkirche St. Martin.
Bereits vor der Pandemie habe er einmal die Lichterprozession von Salvator zur Stadtpfarrkirche gemacht, jetzt wolle er dies wieder aufnehmen, sagt Pfarrer Dyadychenko. Dabei spielt an Maria Lichtmess sicher auch eine Rolle, dass die Friedhofkirche auch den Beinamen „Zur schmerzhaften Gottesmutter Maria“ trägt. Das Gnadenbild in der schönen Kirche zeigt ein Pieta, also Maria mit dem Leichnam Jesu auf den Knien.
Das Gnadenbild, aber auch der Rochus und der Sebastian in der Kirche, erzählen, wie die Kirche auch als Wallfahrtskirche in Pestzeiten genutzt wurde. Der Kirchenexperte Karl Heinz Hofmann, der regelmäßig Führungen durch die Kirchen der Umgegend macht, weiß, dass in der Kirche nicht nur die Pestheiligen zu sehen sind, sondern das Bildprogramm der Gemälde an der Decke auf die damals bekannten Krankheiten wie Kindstod, Augenleiden, Trübsinn etc. eingeht.
Schönheit der Kirche
Die Schönheit der Kirche wird schon im 18. Jahrhundert erwähnt. Im Rötzer Heimatbuch von 1981 wird Johann Anton Zimmermann sogar durch einen Faksimile-Abdruck zitiert. Der Kalendermacher schreibt 1758, „dass sie billig unter die schönsten Kirchen auf dem Land kann gezählet werden“. Ein paar Jahrhunderte später ist man da wesentlich weniger wertend. Im Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler heißt es im Band über die Oberpfalz schlicht: „Um 1750 als Votivkirche erbaut.“, um danach fast eine Seite lang die Kunstschätze der kleinen Kirche aufzuzählen.
Heute wird die Kirche für kleine Trauergesellschaften beider Konfessionen, aber auch für Hochzeiten und für den Werktagsgottesdienst außerhalb der Winterzeit genutzt, berichtet Hofmann.
Ihren Namen Salvator, also Erlöser, dürfte die Kirche von einem Vorgängerbau erhalten haben. Der Autor des Heimatbuches vermutet ihre Entstehung im 16. Jahrhundert und begründet auch so die Namensgebung. Da Rötz damals, wie andere Gebiete in der Oberpfalz auch, mit ihrem jeweiligen Herrscher den Glauben wechseln musste, musste die Kirche einen Namen haben der neutral war, da es in der evangelischen Kirche keine Heiligenverehrung gibt. Dass ein Heiligenpatrozinium aber nicht unbedingt ein Problem war, beschreibt Helmut Flachecker in einem Beitrag für die Uni Heidelberg: „Die Reformation hat der Verbreitung der Patrozinien Einhalt geboten, jedoch behielt die protestantische Kirche in der Regel die alten Patrozinien bei.“ Ob die Benennung nach dem Erlöser tatsächlich als Zeichen für die Reformationszeit gedeutet werden muss, darf zumindest bezweifelt werden.
Doppelbenennungen gibt es häufiger
Die um 1750 neu erbaute heutige Kirche wird schon bald zusätzlich nach dem Gnadenbild „Zur Schmerzhaften Muttergottes“ benannt. Doppelpatrozinien, also doppelte Benennungen von Kirchen, seien gar nicht so selten, sagt Dr. Franz von Klimstein vom Bischöflichen Zentralarchiv. Ihm fallen spontan Peter und Paul als Doppelpatrozinien ein. Eine Kirche in Schwarzenfeld sei zum Beispiel St. Dyonisius und St. Ägidius geweiht.
Um das Gnadenbild einer Pieta gibt es eine Legende, berichtet Kirchenexperte Hofmann. Es soll von einem Rötzer Bürgersohn aus Ungarn in die Salvatorkirche gebracht worden sein. Die Vermutung, das Rötzer Gnadenbild könnte ein Abbild des Gnadenbildes im österreichischen Wallfahrtsort Maria Taferl sein, bezweifelt Hofmann allerdings. Er glaubt eher, dass das Vorbild tatsächlich aus Ungarn stammen könnte.
In dem Kircherl lassen sich aber noch viele weitere Kunst schätze entdecken. Da wären zum einen einmal die Zunftstangen der Handwerker. „Leider fehlen bei vielen Stangen die Attribute“, sagt Hofmann. Er weist zudem auf eine recht unscheinbare Besonderheit hin, die den meisten Kirchenbesuchern entgehen dürfte. Dafür muss man den Blick zum Boden richten. Am Fuß der Wangen des Kirchengestühles sind zwölf bedrohte Lebewesen zu sehen, von der Flussperlenmuschel über Frosch und Eisvogel bis hin zu Menschen. Die Schnitzereien wurden bei der Renovierung des Gestühls von 1989 bis 1993 mit dem Further Architekten Siegi Wild verwirklicht.
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