Wut in Schorndorf
Schmaderer spricht von „Schikanen“

Beim Antrittsbesuch von MdL Robert Riedl platzte Schorndorfs Bürgermeister der Kragen. Er kritisiert die Politik scharf.

21.05.2022 | Stand 15.09.2023, 5:04 Uhr
Leonhard Schmidbauer
MdL Robert Riedl stattete der Kommune, vertreten mit den beiden Schorndorfer Bürgermeistern Max Schmaderer und Martin Bauer, seinen Antrittsbesuch ab. −Foto: cls

Als Parteifreund keinesfalls nur Honig um den Mund geschmiert hat Bürgermeister Max Schmaderer dem FW-Landtagsabgeordneten Robert Riedl bei dessen Antrittsbesuch im Schorndorfer Rathaus. Schmaderer stellt seit 1990 und damit inzwischen 32 Jahre das Schorndorfer Gemeindeoberhaupt und kritisierte die Politik „von oben“ harsch.

„Wir werden als Gemeinden nur noch schikaniert und von der Fülle an rechtlichen Vorschriften immer mehr erdrückt!“Max Schmaderer, Bürgermeister

Schmaderer drückte es so aus: „Wir werden als Gemeinden nur noch schikaniert und von der Fülle an rechtlichen Vorschriften immer mehr erdrückt!“ Einen Grund sieht er darin, dass in vielen Amtsstuben ein Generationswechsel vonstattengehe und die jüngeren Kräfte rein nach den Lehr- und Rechtsbüchern entscheiden. „Ja keine Entscheidung treffen, die angreifbar ist“, laute die Maxime. „Nur noch Ärger“, sagt Schmaderer zum Bürgermeisteramt in diesen Zeiten, „Gesetze und Richtlinien von Brüssel und Berlin will dann Bayern meist gleich nochmal toppen. Wir ersticken, erlahmen in Bürokratie“. Die Politik werde fast nur noch von Theoretikern regiert. Da sei es besonders erfreulich, mit Robert Riedl einen erfahrenen Kommunalpolitiker im Landtag zu haben.

MdL Riedl stimmte zu: „Wir haben teils volle Fördertöpfe, die nicht abgerufen werden“. Der Hauptgrund liege in komplizierten, überbordenden Antragsverfahren bzw. unterschiedlichen Formaten an Förderanträgen. „Man schafft es gar nicht mehr, alles Hereinkommende zu lesen, geschweige denn zu verstehen“, sagte Schmaderer dazu.

Ärger über Förderungen in Schorndorf

Andererseits locke zum Beispiel das Amt für Ländliche Entwicklung in Förderprojekte wie in Schorndorf mit der „Neuen Sozialen Ortsmitte“. 80 Prozent von vier Millionen Euro Gesamtkosten waren Schorndorf in Aussicht gestellt worden, also 3,2 Millionen. „Jetzt ist es maximal eine Million, von denen mehr als 120000 Euro durch den Wettbewerb schon weg sind“, so Schmaderer weiter. Und zudem gebe es den Zuschuss nur in Raten von 2024 bis 2026, die Kommune muss also vorfinanzieren.

Das gleiche Schicksal habe Schorndorf beim aktuellen Kindergartenanbau und -umbau ereilt. Ursprünglich sollten 80 Prozent gefördert werden, jetzt sind es noch 52 Prozent. „So kann man als Staat mit Kommunen nicht umgehen“, zeigte sich Schmaderer verärgert. Schmaderer kann auch nicht verstehen, warum das ALE weiter Werbung für Dorferneuerungs-Maßnahmen mache, obwohl die Fördertöpfe bereits bis 2026 überzeichnet sind.

Schmaderer: Landesentwicklungsplan abschaffen

Ein weiteres Thema zwischen Schmaderer und Riedl bildete die Wohnungsnot. Home-Office, bedingt durch Corona, werde den Druck auch in den ländlichen Regionen weiter erhöhen. „Andererseits werden den Kommunen immer mehr Hürden bei Baugebietsausweisungen in den Weg gelegt“, so Schmaderer mit Verweis auf weitere Schlagwörter wie „Flächensparen“ und „Innen statt Außen“. „Baugebiete für Einfamilienhäuser will man eigentlich gar nicht mehr“, stellte das Gemeindeoberhaupt fest. Dabei habe Schorndorf in den letzten Jahren beispielgebende Nachverdichtung im Ortskern bewiesen, die nun mit der „Neuen Sozialen Ortsmitte“ fortgeführt werde. „Wie sollen wir noch an Flächen kommen, wenn Landwirte teils mit 42 Prozent besteuert werden?“, fragte Schmaderer.

Zu begrüßen sei deshalb nur die bayerische Initiative auf Bundesebene, Grundabgaben für öffentliche Zwecke steuerlich zu entlasten. „Ohne Baugebiet kein Wohnraum, wir brauchen die Kommunen sowohl in der Außen- als auch Innenentwicklung“. Auch dazu verständnisvolles Nicken von Riedl mit einem weiteren Beispiel: „Wenn jemand im städtischen Innenbereich eine Etage aufstocken will, dann wird sich quergestellt“.

Das dritte Schwerpunktthema: Die Ganztagsbetreuung in Kindergärten und Schulen. „Wir stehen da gerne dahinter“, sagte Schmaderer, „aber dann muss der Staat auch das Personal zur Verfügung stellen“. Stattdessen sollen nun wieder viele Ehrenamtliche überwiegend diese Aufgaben schultern. Auch was den Lehrerengpass betreffe, sei der Staat in der Pflicht. „Aufgrund der Stellenoberbegrenzung, der Prüfungsvoraussetzungen und der niedrigen TVöD-Tarife wird es immer schwieriger, überhaupt noch Personal für Kommunalverwaltungen und Bauhöfe zu bekommen“, sagte Schmaderer, dem noch etwas auf dem Herzen lag: „Statt den Landesentwicklungsplan fortzuschreiben, sollte man ihn ganz abschaffen“. Hier würden wieder „Schikanen ohne Ende“ drinstecken und die Abschaffung wäre ein mutiger Schritt zur Entbürokratisierung.

Stabilisierungshilfe belohne Misswirtschaft

Abschließend kritisierte Schmaderer die Stabilisierungshilfe, die Kommunen für ihre Misswirtschaft belohne. Neben Furth im Wald wollte Schmaderer da auch Riedls Heimatstadt Bad Kötzting nicht ausnehmen. Etwas anderes sei es, wenn eine Stadt oder Kommune unverschuldet in eine finanzielle Schieflage komme. Die Antwort von MdL Riedl: „Auch da gebe ich dir in einigen Punkten Recht“.

Damit MdL Robert Riedl die Schorndorfer und Oberpfälzer Interessen in München noch besser durchsetzen kann, gab es zum Antrittsbesuch eine Flasche Kräuterlikör „Oberpfalzer“ in hochprozentiger Form. (cls)