Wegen Vorbehalten der Eltern
Schulleiter in Cham klagen: Zahl der Gymnasiasten nimmt ab

23.01.2023 | Stand 15.09.2023, 1:56 Uhr
Die beiden Schulleiter Rudi Zell (RSG) und Uwe Mißlinger (JvFG) −Foto: Josef Fischer

In ländlichen Regionen der Oberpfalz haben viele Gymnasien mit geringen Übertrittsquoten zu kämpfen. So auch im Landkreis Cham. Das liege auch an den Vorbehalten vieler Eltern, sagt ein Schulleiter aus der Region.

„Wir versprechen niemandem das Abitur“, so das Credo von Rudi Zell, Schulleiter am Robert-Schuman-Gymnasium, und von Uwe Mißlinger, Schulleiter am Joseph-von-Fraunhofer-Gymnasium in Cham. Beide freuen sich auf neue Schüler im nächsten Schuljahr. Vor allem auf die, die geeignet sind und von selbst kommen.

Zell und Mißlinger erinnerten eingangs des Gesprächs, dass der „Tag der offenen Tür“ an den beiden Gymnasien aufgrund der Coronapandemie weggefallen war. So habe das Gespräch zum Thema „Übertritt“ mittlerweile schon eine gewisse Tradition.

Geringere Übertrittsquoten

Mißlinger verhehlte nicht, dass es gerade im ländlichen Bereich, in der Oberpfalz, geringere Übertrittsquoten gibt im Vergleich zu anderen Regionen im Freistaat. Dies sei zum einen dem Flächenlandkreis zuzurechnen, aber auch den Vorbehalten von Eltern gegen das Gymnasium. Vielleicht aber auch dem Respekt vor den Gymnasien. Während in Regensburg Gymnasien einen Anmeldenachmittag anbieten, gebe es hier in Cham gleich eine ganze Anmeldewoche. In Großstädten gebe es einen so großen Zulauf, dass manchmal sogar der Besuch des Wunschgymnasiums nicht möglich sei.

Zell stellte fest: „Die Chamer Gymnasien sind froh um jedes Kind, das angemeldet wird.“ Auch er verwies auf gewisse Vorbehalte von Eltern, die selber nicht aufs Gymnasium gegangen sind und auch auf die weite Entfernung zum Schulstandort. Mißlinger warf ein, das das Gymnasium den Ruf hat, eine knallharte Selektion durchzuführen. Dabei habe man lediglich eine Durchfallquote von 2,3 Prozent verzeichnet. Zudem sei das G8 von der Notengebung her eher schülerfreundlich.

Allerdings könnte sich vielerorts der zweite Bildungsweg besser darstellen. Und dies spiegele sich in den Schülerzahlen wider. So habe zum Beispiel eine Realschulleiterin erklärt, dass 70 Prozent der Schüler der fünften Klassen gymnasialgeeignet seien. So komme es nicht von ungefähr immer wieder zu Vorwürfen von pubertierenden Schülern den Eltern gegenüber: „Warum habt Ihr mich denn nicht aufs Gymnasium gehen lassen?“ Leider sei es nun mal so, dass in unserer Region die Eltern beim Übertritt an das Gymnasium einfach bremsen.

Mißlinger bemerkte, dass der Zeitpunkt für die Entscheidung für oder wider Gymnasium sehr früh sei und so es durchaus zu Drucksituationen in den Familien kommen könne. Aber es gebe auch Argumente für diesen frühen Zeitpunkt. Nicht zuletzt könne man auch von der Realschule noch an das Gymnasium wechseln. Dies sei aber nur eine geringe Anzahl an Schülern, die diesen Weg einschlagen.

Schulleiter und Beratungslehrer seien aber nicht ganz unschuldig an dieser Situation, bemerkte Mißlinger. „Wir zünden ja ein ganzes Feuerwerk an Infos bei den Infotagen für die Eltern. Letztendlich sollten die Schüler kommen, die die Eignung haben und nicht aufgrund des Zwangs durch die Eltern“. Aber man verspreche auch niemanden das Abitur. Als durchaus sinnvoll bezeichnete der Schulleiter den Probeunterricht. Allerdings würden auch viele am Gymnasium scheitern, weil ihnen die gymnasiale Arbeitshaltung fehlt.

Voll des Lobes waren die beiden Schulleiter über die Schullandschaft, die super ausgestattet sei. „Wir können uns im Landkreis Cham glücklich schätzen, dass die Eltern die Qual der Wahl haben.“ Eine entscheidende Rolle bei der Entscheidung für Realschule oder Gymnasium spielen die Lehrer der vierten Klasse in der Grundschule. Diese wissen laut Mißlinger genau, was Sache ist und so sehe er sich jedes Zeugnis aus der vierten Klasse genau an.

Infoabend am 30. Januar

„Wir wollen die Schüler, die geeignet sind und auch selber wollen“, so Mißlinger. Leider mache das Kultusministerium Werbung für die Ballungszentren, in denen die Übertrittsquoten bei 80 Prozent liegen. Bei uns, im Landkreis Cham, seien es dagegen 24 bis 25 Prozent. Dabei müsse man aber auch sehen, dass in den Ballungszentren 40 Prozent wieder scheitern.

Eltern, die Interesse daran haben, ihr Kind an eines der beiden Gymnasien in Cham schicken zu wollen, sind für 30. Januar um 19 Uhr in das Robert-Schuman-Gymnasium (ehemalige Gerhardinger Realschule) zu einem Infoabend eingeladen. Der Anmeldezeitraum für die Gymnasien ist vom 8. bis 12. Mai.

− xfi