Rabiates Ex-Storchenpaar greift an
Tödliche Attacke: Ein Miltacher Jungstorch überlebt die Überfälle nicht

08.06.2023 | Stand 14.09.2023, 23:39 Uhr

Tierärztin Heike Roidl versorgt – so gut es geht – die Wunden der beiden überlebenden Jungstörche. Foto: Markus Schmidberger

Es ist schon fast unglaublich, was sich in den vergangenen Tagen im und um den Storchenhorst auf dem Kamin der ehemaligen Bäckerei Welter in Miltach (Kreis Cham) abgespielt hat.



Erst vor knapp einer Woche wurde per Kamera dokumentiert, dass Storchendame Sissi ihr Jüngstes aus dem Horst geworfen hat. Zum Glück hatte der Rauswurf einen glücklichen Ausgang gefunden, nachdem es ein Mitarbeiter des LBV-Zentrums unverletzt gerettet hat und es nun in der Vogel- und Umweltstation in Regenstauf heranwachsen kann.

Überfälle aus der Luft

Schon seit längerem wurde beobachtet, dass immer wieder fremde Störche über Miltach einflogen und den Jungstörchen im Horst bei ihren Sturzflügen bedrohlich nahe kamen. Dass in der Tierwelt kein Platz für Liebe und Romantik ist und es nur um das Überleben der jeweiligen Tierarten geht, ist bekannt. Dieses betrifft auch die Störche, die von vielen Menschen oft als Frühlings- und Friedensboten angesehen werden, und mit ihrem lauten Geklapper vor allem in ländlichen Regionen immer wieder Glücksgefühle auslösen. Aber was sich am Montag in den frühen Abendstunden abspielte war dramatisch. Zwei Störche griffen mit mehreren aggressiven Sturzflügen den Bäckerhorst an und verscheuchten die Storcheneltern Sissi und Franz vom Horst.

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Daraufhin versuchte der zuerst geschlüpfte und schon etwas größere Jungstorch seine beiden Geschwister zu schützen, in dem er seine Flügel über diese ausbreitete. Dieses angeborene Schutzverhalten wurde ihm schließlich zum Verhängnis, da er von den Angreifern nach mehreren gezielten Schnabelhieben auf den Kopf tödliche Verletzungen erlitt.

Als „Storchenbeobachterin“ Marion Gödde diese Szenen per Kamera sah, informierte sie sofort den LBV und Alexander Beier von der ortsansässigen Firma, der erneut die firmeneigenen Drehleiter zur Verfügung stellte.

Markus Schmidberger und Tierärztin Heike Roidl begaben sich in die Höhe, um sich über das genaue Ausmaß der Angriffe einen Überblick zu verschaffen. Dabei wurde klar, dass neben dem getöteten Jungstorch auch seine Geschwister erhebliche Verletzungen durch die Schnabelhiebe davongetragen haben. Die Tierärztin nahm sich der beiden überlebenden Jungstörche an, desinfizierte ihre Wunden und verabreichte noch Mittel gegen die Schmerzen.

Ehemaliges Paar griff an

Fakt ist, dass bei einem Storch ein Flügel in Mitleidenschaft gezogen wurde. In den nächsten Tagen wird sich klären, ob die Flügelverletzung so schwer ist, dass es besser wäre, ihn aus dem Horst zunehmen, um ihm in einer Auffangstation das Überleben zu sichern. Wie die Horstkamera von Marion Gödde belegen konnte, handelt es sich bei den rabiaten Störchen um das frühere Miltacher Storchenpaar mit den Ringnummern AH…470 (männlich) und AW…102 (weiblich), die im Jahr 2015 zwei Küken aufgezogen haben. Im darauffolgenden Jahr brüteten sie im Bäckerhorst sogar drei Küken aus, die allerdings verendeten, obwohl die Witterung und Nahrungsmangel nicht der Grund dazu sein konnten.

Es wurde damals vermutet, es könnte sich um Vergiftungen handeln. Für eine Untersuchung wurden sie vom LBV mittels einer Drehleiter geborgen und an ein Münchner Labor übergeben.

Weiter ist belegt, dass das ehemalige Miltacher Storchenpaar in den Jahren 2019 und 2020 in Cham gebrütet hatte. Es kann nun vermutet werden, dass das Pärchen, nachdem es 2017 in Miltach nicht mehr zum Zuge gekommen ist und auch in Cham 2021 wahrscheinlich von anderen Störchen vertrieben wurde. Seitdem ist es vermutlich ohne eigenen Horst und nun auf der gemeinsamen Suche nach einem eigenen. Indiz dafür sei ihre Aggressivität, die die Störche an den Tag legen.

cpj