Projekt
Unterschriften pro Wehranlage

Steffi Porsch startet in Rötz Initiative zum Erhalt des alten Schwarzach-Wehrs – und erfährt gleich zu Beginn Unterstützung.

18.05.2021 | Stand 16.09.2023, 2:43 Uhr
Günther Hofmann
Flussabwärts nach der Wehranlage fließt die Schwarzach wildromantisch dahin. −Foto: Günther Hofmann

Die Pläne für das Wehr an der Alten Wutzschleife lassen die Menschen in Rötz und Umgebung nicht zur Ruhe kommen. Von vielen angesprochen und unterstützt, initiiert Steffi Porsch nun eine Unterschriftenaktion gegen die Renaturierungspläne.

In der Stadtratssitzung lag der Antrag des Wasserwirtschaftsamts vor, an der Wehranlage eine Renaturierung durch Abbau des Wehrs durchzuführen. Zur Überraschung vieler wurde dem Antrag mit den Gegenstimmen der Freien Wähler zugestimmt, obwohl zweiter Bürgermeister Johann Stibich in einer vorherigen Sitzung vom „Hauptattraktionspunkt“ der Gemeinde Rötz gesprochen hatte.

Zahlreiche Unterstützer

Dass die Bürger nicht immer einverstanden sind mit den Entscheidungen des Stadtrats, zeigt sich nun bei der Unterschriftenaktion. „Leider kann man die Listen wegen Corona nicht in Geschäften auflegen“, bedauert Steffi Porsch. Aber sie habe viele Unterstützer, die mit Listen von Haus zu Haus gingen, sie selbstständig vervielfältigten und weitergäben.

Porsch selbst stellte sich am Samstag vor den Edeka-Markt in Rötz und war überwältigt von der Beteiligung der Bürger. „Man sieht, dass das Wehr den Menschen in Rötz und Umgebung sehr am Herzen liegt“, sagt sie. Viele seien extra gekommen, um ihre Unterschrift zu leisten. Die Bürger, die unterschrieben, kommen laut Porsch aus allen Altersgruppen. Die Initiatorin erntete viel Lob. Auch von den Bürgern in der Nachbarstadt Neunburg werde die Aktion positiv bewertet. Sie läuft noch bis Pfingsten. Das Ergebnis soll nächste Woche der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Steffi Porsch hat auch zwei Briefe an das Bayerische Umweltministerium, an Minister Thorsten Glauber und an die Regierung der Oberpfalz mit Regierungspräsident Axel Bartelt geschickt. Darin beschreibt sie die aktuelle Situation und skizziert die Geschichte des Wehrs. Die Anlage wurde vor 150 Jahren aus Natursteinen angelegt, um die damalige Glasschleife betreiben zu können. Die Natur habe sich das ehemalige Glas- und Wasserkraft-Anwesen zurückgeholt. Über die Jahrzehnte sei ein beliebtes Naturidyll entstanden mit einem ruhigen, breiten Schwarzach-Abschnitt oberhalb des Wehrs, einem kleinen, aber beeindruckenden Wasserfall am alten Wehr und einem wildromantischen Fluss-Abschnitt im weiteren Verlauf.

Verbesserung der Ökologie?

Den Bürgern werde das Projekt als „ökologische Renaturierungsmaßnahme“ verkauft, so Porsch. Die Argumentation sei nicht stichhaltig, es fehlten wesentliche Gesichtspunkte. Fraglich sei, ob die Ökologie der Schwarzach verbessert werden würde, wenn man in einem kurzen Flussabschnitt versuche, einen Zustand von vor 150 Jahren wiederherzustellen.

Darüber hinaus hätten flussaufwärts zahlreiche Begradigungen das ursprüngliche Mäandern der Schwarzach schon vor Jahrzehnten beendet. Außerdem werde die Schwarzach ein paar 100 Meter flussabwärts im Eixendorfer Stausee durch einen Staudamm ausgebremst.

Steffi Porsch weist in den Briefen darauf hin, dass die geplante Zerstörung des Naturjuwels in weiten Teilen der Bevölkerung auf Unverständnis stoße. Die Initiatorin hofft, dass sich Thorsten Glauber und Axel Bartelt bei einem Ortstermin persönlich einen Eindruck verschaffen. (whg)

Stellungnahme: Rötzer Stadträte hatten keine andere Wahl

Zur Diskussion über den Rückbau der Wehranlage „Alte Wutzschleife“ melden sich die Stadträte Georg Reitinger, Georg Braun und Markus Dirscherl zu Wort. In ihrer Stellungnahme heißt es:

„Es herrscht offenbar der Eindruck, der Rötzer Stadtrat hätte die Maßnahme verhindern können. Dem ist jedoch nicht so. Die Gemeinde wird im Rahmen des wasserhaushaltsrechtlichen Verfahrens lediglich um ihr Einvernehmen gebeten. Dieses darf sie nur verweigern, wenn sachliche, sich aus Gesetzen ergebende Gründe vorliegen. Lässt sie sich bei ihrer Entscheidung von anderen Gesichtspunkten leiten, muss die Genehmigungsbehörde (Landratsamt Cham) das Einvernehmen ersetzen und die Genehmigung trotzdem erteilen. Bei dem Hillstetter Wehr handelt es sich auch in unseren Augen um ein Naturidyll mit hoher touristischer Anziehungskraft. Gleichwohl stellt das Erscheinungsbild der Schwarzach keinen sachlichen Grund dar, der die Ablehnung der Maßnahme rechtfertigen würde.“ Der Stadtrat hätte somit keine andere Entscheidung treffen können.

Keine Einflussmöglichkeit

Auch kämen durch den Rückbau keinerlei Kosten auf die Stadt Rötz zu, weshalb auch hier keine Einflussmöglichkeit gegeben ist. Die drei Stadträte seien sehr verwundert, dass der Stadtrat teilweise dafür kritisiert werde, sich bei seiner Entscheidung auf Experten des Wasserwirtschaftsamtes zu verlassen. „Auch wenn man deren Aussagen inhaltlich nicht teilen muss, würden wir es uns trotzdem nicht anmaßen, ihre fachliche Expertise in Frage zu stellen.“ Die Maßnahme werde in einem mehr als 60 Seiten langen technischen Bericht samt landschaftspflegerischem Begleitplan erläutert und begründet.

Den Eindruck „Es werde nur was getan, damit was getan wird“ könnten sie nicht teilen. Die Grundlage für den Wehrrückbau, die Europäische Wasserrahmenrichtlinie, greife in viele Lebensbereiche ein. Landwirtschaft und städtische Wasserversorgung seien betroffen. Sie diene der Verbesserung der Wasserqualität und des Ökosystems der Schwarzach. Letztlich sei es die Aufgabe des Wasserwirtschaftsamtes, die seit dem Jahr 2000 bestehende Richtlinie nach und nach umzusetzen.

Einige kritische Punkte

Natürlich gebe es an der Maßnahme noch einige Punkte, die die Stadträte kritisch sehen. Es gelte sicherzustellen, dass alle am Wehr angesammelten Sedimente im Rahmen der Baumaßnahme vollständig entnommen werden. Die Durchgängigkeit der Schwarzach, die sich nicht nur auf Fische, sondern allgemein auf den Wasserkreislauf beziehe, müsse auch an anderen Orten (z.B. Pegelmessstelle Rötz) sichergestellt werden. Dies sei im Bewirtschaftungsplan der Schwarzach für die Jahre 2022 bis 2027 mit 14 weiteren Projekten vorgesehen. Irgendwo müsse eben ein Anfang gemacht werden. Außerdem sollte versucht werden, den touristischen Mehrwert an dieser Stelle aufrecht zu erhalten. Dies könne etwa durch einen Wasserspielplatz oder einen Wasserlehrpfad geschehen. Es war Reitinger, Braun, Dirscherl und anderen Stadtratskollegen ein Anliegen, das Gespräch mit der Behörde zu suchen, was mittlerweile geschehen sei. Eine Blockadehaltung helfe in dieser Sache nicht weiter. Sie stehen für konstruktive Gespräche mit Bürgern zur Verfügung.