Fackeln im Stadtpark
Volkstrauertag in Cham: Gedenken an die Schrecken des Ukraine-Kriegs

13.11.2022 | Stand 15.09.2023, 2:58 Uhr
Oberst Klaus-Peter Berger und Bürgermeister Martin Stoiber an der Kranzniederlegung. −Foto: Fotos: Karl Pfeilschifter

Der Volkstrauertag ist ein Gedenktag für die Opfer und Hinterbliebenen der beiden Weltkriege und der Gewaltherrschaft des nationalsozialistischen Regimes. Der Tag soll auch eine Mahnung zur Versöhnung, zur Verständigung, zur Toleranz und zum Frieden sein.

In Cham wird der Volkstrauertag traditionell mit einem Gedenkgottesdienst in der Klosterkirche eröffnet, zelebriert von Pater Renju. Angeführt von der Kolpingmusik zogen Vereine, Bundeswehr und Behördenvertreter durch den mit Fackeln erleuchteten Stadtpark zum Kriegergedächtnisbrunnen.

„Seit dem 24. Februar 2022 ist nichts mehr wie vorher. Jahrzehntelang wähnten wir uns in Europa in Sicherheit“, sagte Chams Bürgermeister Martin Stoiber in seiner Ansprache, „weil wir dachten, die Erinnerung an die Schrecken zweier Weltkriege sollte genügen, um den Frieden auf Dauer zu sichern. Wir haben uns geirrt!“ Seitdem fordere ein Krieg mitten in Europa unzählige Opfer und bringe unermessliches Leid über die Bevölkerung in der Ukraine.

Frieden ist zerbrechlich

„Dieser Angriff ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und mit nichts zu entschuldigen“, erklärte das Stadtoberhaupt und verwies darauf, dass Gedenktage wie der heutige weder Kriege verhindern noch Unrecht ungeschehen machen. Aber sie führten vor Augen, wie zerbrechlich eine friedliche Koexistenz sei.

Die immensen Herausforderungen, vor denen die Menschheit aktuell stehe, würden viel neues Konfliktpotenzial bergen. „Wir müssen lernen, damit umzugehen, ohne das große Ganze aus dem Blick zu verlieren“, forderte Martin Stoiber. Da sei kein Platz mehr für Egoismus und Machtstreben. Von der Lösung dieser Probleme hänge nicht weniger als die Existenz unseres Planeten und damit das Überleben von uns allen ab.

„Das zu meistern gelingt uns entweder gemeinsam oder gar nicht“, meinte Stoiber. So werde auch deutlicher denn je, dass Krieg niemals eine Lösung sein könne: „Krieg bedeutet immer eine Niederlage für die Menschheit“ betonte er.

Die stellvertretende Landrätin Johanna Etti erinnerte an die Geschichte des Volkstrauertages, der viele Jahre nicht mehr so von ganz großer Bedeutung war. Man habe die Gräueltaten, welche die Kriege hervorgebracht haben, etwas vergessen, sagte Etti: „Aber 1991 tobte nicht weit von uns der Balkankrieg und dann am 24. Februar in diesem Jahr, immer noch unvorstellbar, etwa 1500 Kilometer von uns entfernt ein erneuter Krieg.“

Der Volkstrauertag sei ein Tag der Trauer, aber auch ein Tag gegen das Vergessen und der Erinnerung. Es sei kein Tag der Schuldzuweisungen, so Etti. Es sei ein Tag, an dem wir uns vor den Gefallenen in Ehrfurcht verneigen.

100-jährige Tradition

Auch der Standortälteste der Chamer Nordgaukaserne, Oberst Klaus-Peter Berger erinnerte, dass vor 100 Jahren die erste Gedenkstunde im Reichstag stattfand und der Volkstrauertag erstmals im März 1924 begangen wurde. Seit 1952 werde der Volkstrauertag zwei Sonntage vor dem ersten Advent begangen. Seitdem sei auch das Sprechen des Totengedenkens gute Tradition.

Oberst Berger betonte, die gute Tradition aufzugreifen und verlas das Totengedenken. Neben dem Gedenken stehe aber das Leben im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern.

„Gemeinsam stehen wir ein für eine friedliche und gerechte Zukunft unseres Volkes, aber auch unserer Freunde und Partner in der Welt“, sagte Oberst Berger. Daher gelte das Gedenken in diesem Jahr besonders den Kriegstoten und ihre Angehörigen in der Ukraine, der vielen gefallenen Soldaten und getöteten Zivilisten. Mitleid gelte aber auch den getöteten russischen Soldaten, die diesem verbrecherischen Krieg nicht ausweichen konnten und oft sogar mit einer falschen Wahrheit in die Pflicht genommen wurde.

Oberst Berger forderte auf, den Gedenktag zum Anlass zu nehmen, nachzudenken und besonnen, aber entschieden tätig zu werden. Aggression dürften wir nicht hinnehmen, sondern gemeinsam in Europa für Menschenrechte, Frieden und Freiheit eintreten. Die Feierstunde wurde von der Chamer Stadtkapelle musikalisch umrahmt.

− cft