Aberglaube
Von Hexen, Druden und dem Viehaushorchen

Die Christnacht ist unter den Raunächten etwas Besonderes. In dieser Nacht sollen Hexen zu erkennen sein, sagt die Legende.

16.12.2017 | Stand 16.09.2023, 6:16 Uhr
Isabell Dachs

Hexen und Druden sind Figuren des Aberglaubens, denen eine besondere Bedeutung in den Raunächten zukommt. Zeichnung: Isabell Dachs

Unaufhaltsam rückt Weihnachten näher, und wer bisher die Losnächte nicht zu Weissagungen genutzt hat, dem bietet sich am Heiligen Abend eine weitere gute Gelegenheit. Denn der Vorabend zum 1. Weihnachtsfeiertag ist eine weitere Losnacht. Besonders das „Viehaushorchen“ soll in der Christnacht praktiziert werden können, denn in dieser Nacht reden die Tiere im Stall. Sie sagen, ob die Behandlung durch den Bauern und ihr Fressen gut oder schlecht ist. Außerdem können sie voraussagen, was im kommenden Jahr alles passiert. Das Viehaushorchen gilt als äußerst gefährlich, wenn man dabei nicht auf einem Schemel sitzt, der aus neunerlei Hölzern gemacht ist. Andere wieder sagen, man müsse sich auf den Boden legen, sonst könne man die Tiere nicht verstehen.

Mit einem Schemel aus neunerlei Holz wäre es in der Heiligen Nacht auch möglich, Hexen zu erkennen. So lässt Haller in seinem Büchlein auch Xaver Vogl aus Arnbruck beschreiben, wie er versucht hat, mit Hilfe des „Hexenstuhlerls“ während der Christmette die Hexen im Dorf herauszufinden, denn diese sind als solche nicht ohne Weiteres erkennbar. Hexen können zwar das ganze Jahr über aktiv sein, besonders aber in der Zeit zwischen den Jahren. Sie nehmen in den Raunächten einen ganz besonderen Stellenwert ein.

Die Altersgrenze für Hexen

Der königlich bayerische Gerichtssekretär Franz Seraphin Hartmann zu Bruck veröffentlichte 1882 folgende Beschreibung zu den Hexen: „Hexen sind von Gott verlassene Personen, die wissentlich und mit Vorbedacht gegen vertragsmäßige Verschreibung ihrer armen Seele an den Teufel und mit seiner Hilfe Böses treiben; daher ist Hexerei angelernt, und weil diese Unholdinnen viel wissen müssen in geheimen Dingen, wird vor 50 bis 60 Jahren kein Weib eine Hexe.“ Das mag auch der Grund sein, warum wir uns eine Hexe meist in Gestalt einer alten Frau vorstellen.

Der Gerichtssekretär führt weiter aus: „Sie können sich und andere in allerlei Tiere verwandeln und verzaubern durch Blick und magische Kräfte.[…]Sie peinigen Menschen und Tiere innerlich und äußerlich.[…] Vorzugsweise verstehen sie, Wind und Wetter zu machen, durch böse Künste anderer Saaten zu verderben, den fremden Nutzen von Vieh, Butter, Schmalz von den Äckern auf ihr Vieh und ihre Grundstücke herüberzubringen.“

Durch diesen Aberglauben lebten Frauen mit besonderem Aussehen oder besonderem Wissen oft in Gefahr. Vor allem Heilkundige, wie etwa Hebammen, wurden gerne zum Ziel von Verachtung, Verfolgung und bis zum späten 18. Jahrhundert sogar Exekution. Oft wurden nur Schuldige für aufgetretene Miseren oder Katastrophen gesucht, ausreichend für Denunzation waren aber auch schon Antipathie oder Nachbarschaftsstreitigkeiten.

Andreas Schmeller widmet in seinem Bayerischen Wörterbuch den „Hechsen“ nur wenige Zeilen. Eine längere Abhandlung gibt es jedoch zu den Druden, die ebenfalls in den „Zwölfernächten“ besonders aktiv sein sollen: „Eine jener Art Hexen und Unholdinnen, deren besondere Liebhaberei es ist, sich schlafenden Personen in allerlei furchtbaren Gestalten recht breit und schwer auf die Brust zu setzen und ihnen die ängstlichen Empfindungen zu verursachen, die man anderswo den Alp oder das Alpdrücken nennt. Dieser an sich gleichgültige Wahn hatte früher das Bedenkliche, dass der gemeine Mann nicht selten bestimmte, besonders ältere Weibspersonen aus seiner Gegend für Truden zu halten und als solche anzufeinden beliebte.“

Bezüglich der Druden zitiert Oskar von Zaborsky in seinem Buch „Wald und Waitz im Zellertal“ den Niederndorfer Sepp Vogl: „Da hans oiwei g’sagt, da is Leib und Seel net beisamm!“ Vogl hatte von seiner Mutter gelernt, dass Fehler bei der Taufe, und sei es nur ein falsches Wort, eine Frau zur Drud werden lassen.

Das soll es im Übrigen auch bei Männern gegeben haben, die durch den Fehler dann Mondsüchtige, sognannte Brettnsteiger, wurden. Eine Frau, die den Drudenfluch ausüben muss, weiß davon, verheimlicht dies aber vor ihren Mitmenschen.

Im Volksglauben kann eine Drud ihre Seele vom Körper lösen und durch Tür- und Fensterritzen und Schlüssellöcher schlüpfen. Wie bei Schmeller beschrieben, knien oder setzen sie sich auf die Brust des Schlafenden und drücken diesen, so dass derjenige keine Luft mehr bekommt. Fängt sie zu drücken an, so hilft nur noch der Spruch: „Drud, komm morgen, i will dir was borgen!“ Daraufhin hört sie zu drücken auf und muss sich am nächsten Tag als erstes in ihrer wahren Gestalt zeigen. Auch Tiere können von ihr gedrückt werden, besonders Pferde. War eine Drud im Stall, so merkt man dies, weil die Pferde stark schwitzen und in die Mähnen und Schweife lauter kleine, schwer entwirrbare Zöpfchen eingeflochten sind.

Der Drudenfuß als Schutz

Zur Abwehr von Druden sind einige Methoden bekannt. So soll es helfen, ein feststehendes Messer mit der Schneide nach oben in das Kopfende des Bettes zu stecken. Unter anderem kann auch das Zauberzeichen Drudenfuß (Pentagramm) gegen sie schützen. Der Drudenfuß muss in einem Zug mit einer geweihten Dreikönigskreide an Bettgestell, Fenster und Türen gezeichnet werden. Einer Sage nach sollen Druden einen vogelartigen Fußabdruck hinterlassen, der in etwa dem Pentagramm gleicht. Grundsätzlich gilt dieses Zeichen als Bannzeichen gegen das Böse.

Druden können nur erlöst werden, wenn man in ihrem Namen Messen für die armen Seelen lesen, oder sie von einem Pfarrer mit Gebeten besprechen lässt. Sie sollen auch Erlösung finden, wenn sie ein Haustier, beispielsweise ein Huhn geschenkt bekommen, das sie tot drücken dürfen.

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