Zinsanstieg - Preisanstieg - Unsicherheit
Was die Kötztinger Raiffeisenbank jetzt ihren Kunden rät

21.07.2022 | Stand 15.09.2023, 4:19 Uhr
Roman Hiendlmaier
Alles im Griff haben die Vorstände Reinhard Stahl (v.l.), Michael Wurm und Aufsichtsratschef Alois Mühlbauer - wären da nicht Bürokratie und Personalmangel... −Foto: rh

In historischen Tagen für das Finanzwesen hat die Raiffeisenbank Bad Kötzting ihre Jahresbilanz präsentiert. Dass die Europäische Zentralbank ihren Leitzins erstmals seit Jahren erhöht, nehmen die Vorstände Reinhard Stahl und Michael Wurm entspannt zur Kenntnis. Ihre Nerven strapazieren andere Steigerungen...

Drei Prozent - und jetzt?

„Und jetzt?“ - mit dieser Frage sitzen aktuell viele Kunden vor Michael Wurm und seinen Kollegen. Es geht um Langfristprojekte, um Lebensträume, die zu zerplatzen drohen. „Es ist richtig, dass sich die Bauzinsen seit Jahresbeginn auf aktuell über drei Prozent erhöht haben,“ sagt der Vorstand der Raiffeisenbank Bad Kötzting. „Was noch hinzukommt, sind weitere Preissteigerungen„.

Die Aussage ist bezeichnend, wie die kleine Genossenschaftsbank ihren Serviceauftrag gegenüber den Kunden versteht. „Wir geben daher aktuell desöfteren auch den Rat: Lasst es!“, so Wurm. Das mag hart klingen, sei aber die Überzeugung, dass es zur Erfüllung von Träumen bessere Zeitpunkte gebe.

Man habe bereits im vergangenen Jahr Bauherrn, Sanierern und Renovierern den Tipp gegeben, bei der Finanzierung vorausschauend zu agieren. Was nichts nichts mit Hellseherei zu tun, sagt Michael Wurm - die Zinsentwicklung haben natürlich auch die Kötzinger Banker nicht vorhersehen können. „Aber wir haben bei größeren Darlehen schon damals klar gemacht: Ein kurze Laufzeit ohne anschließende Absicherung - nicht mit uns.“

„Nun schlägt das Zinspendel mal in die andere Richtung aus,“ ergänzt Reinhard Stahl -aber das sei handelbar. Zum einen hätten viele Bauherrn die Möglichkeit zwei, drei Jahre ihr Projekt zu verschieben. „Und dann kann vieles anders ausschauen, bei den Baupreisen, wie auch bei den Zinsen.“

Das gelte aber leider auch für die andere Richtung. Die Inflation von aktuell acht Prozent halten Stahl und Wurm für vorübergehend. Aber Energie etwa könne über Jahre hinweg teuer bleiben - was sich besonders unangenehm bemerkbar macht, wenn man eine hohe Dauerbelastung habe.

Auf der Haben-Seite sprechen die Vorstände von einem Trend der Sparer zu Fondsanlagen, Versicherungen und Bausparern, der ebenfalls schon 2021 begonnen habe.

Unterm Strich war die Kötztinger Raiba also in den vergangene Monaten gut beschäftigt, wenngleich das (auch wegen des Baubooms) stürmische Geschäftswachstum früherer Jahre abgeflacht sei. Um gut drei Prozent haben Kundeneinlagen und das Kreditgeschäft zugelegt. Ein Wert, mit beide Vorstände zufrieden sind. Aktuell haben die 30 Mitarbeiter noch viel aus den Vormonaten aufzuarbeiten, sagt Reinhard Stahl. Und, dass kurzfristig die Kreditnachfrage sich wohl spürbar abkühlen werde. Aber die Raiffeisenbank sei nicht nur die Bank der Bauherrn, sondern auch der Sparer und der Unternehmer, die der Bank Stand Jahreswechsel 436 Millionen Euro an Kundenvolumen zugestanden haben.

Dass man damit viel Arbeit hat, liegt an zwei Problemen, die die Bank noch unmittelbarer betreffen als die historische Zinswende: Bürokratiewust und Personalmangel.

Corona mit seinen unvorhersehbaren Ausfallzeiten der Mitarbeiter habe das Personalthema noch weiter in den Vordergrund gerückt, sagt Michael Stahl. Die Bank versuche, die begrenzte Ressource Mensch mit moderner Technik zu kompensieren. Was jedoch nur begrenzt möglich sei, so Stahl: „Denn jeden Tag fällt einem der Herren im Finanzministerium oder in der EZB etwas Neues ein, was man einführen müsste.“ Der bürokratische Aufwand habe ein Volumen angenommen, das ohne moderne Technik nicht mehr zu schultern wäre. Ob mehr Regulierung oder höhere Risikopuffer, ob neue Auflagen für Transparenz oder Sicherheit – kurz: Es wächst der Mehraufwand.

Statement zu den Standorten

Die Raiba habe reagiert, in dem sie sich räumlich verschlankt hat und nach Miltach umzog, also das sogenannte „Backoffice“, dem Betriebsvorstand Stahl vorsteht. Vertriebsvorstand Wurm blieb mit seiner Truppe in der Marktstraße - und gedenkt das auch zu bleiben: „An den Standorten wird nicht gerüttelt,“ sagen beide unisono. Und der Sitz der Bank bleibe auch im Kötztinger Stadtzentrum. Sechs neue Geldautomaten - inklusive Bargeld-Sicherung per Durchfärbung - sind ein Signal an Kunden wie Konkurrenten: Auch hier ändert sich nichts - selbst wenn sich drumherum gerade so vieles ändert, auch im Bankwesen....