Kultur
Zeitreise in die Vergangenheit

Das Torelli-Orchster Cham und der Autor Bernhard Setzwein machen die Geschichte Waldmünchens in besonderer Weise erlebbar.

10.10.2021 | Stand 15.09.2023, 23:57 Uhr
Das Torelli-Orchester mit seiner Dirigentin Susanne Melichar tritt in Waldmünchen auf. −Foto: Melichar

Zum Jubiläum „1111 Jahre Waldmünchen“ veranstaltet das Torelli-Orchester Cham am Samstag, 23. Oktober, um 19 Uhr einen musikalisch-literarischen Streifzug durch die Stadtgeschichte. Die Zuhörer können sich auf berühmte Werke der klassischen Musik freuen. Angereichert wird das musikalische Programm durch literarische Fundstücke, die der Waldmünchner Autor Bernhard Setzwein ausgewählt hat und vorträgt.

Das Programm wird eröffnet mit dem Prélude zum Te Deum von Marc Antoine Charpentier, bekannt als „Eurovisionfanfare“. Der mit dem Te Deum verknüpfte religiöse Aspekt soll auf die Gründung Waldmünchens verweisen: Man geht davon aus, dass durch den Ungarneinfall im Jahr 910 versprengte Mönche hier eine Rodungssiedlung gründeten. Aus dieser Siedlung bei den „Waldmönchen“ entwickelte sich der heutige Ortsname.

Nach der Stadterhebung 1256 durchlebte Waldmünchen wechselvolle Zeiten. Hussitenkriege und Stadtbrände machten der Stadt zu schaffen. Ein bis heute im Stadtbewusstsein verankertes Ereignis war 1742 die Belagerung durch die Trenck’schen Panduren im Österreichischen Erbfolgekrieg. Bernhard Setzwein rezitiert hierzu aus der Lebensgeschichte des Franz Freiherrn von Trenck. Der Österreichische Erbfolgekrieg wurde 1748 beendet durch den Frieden von Aachen. Aus diesem Anlass komponierte Georg Friedrich Händel seine Feuerwerksmusik („Music fort he Royal Fireworks“), die das Torelli Orchester spielt.

In geheimer Mission

Eine Hommage an den französischen Schriftsteller und Staatsmann François-René de Chateaubriand, der 1833 auf diplomatischer Geheimmission für die Herzogin von Berry an der Grenze bei Höll wegen Problemen mit seinem Reisepass zurückgewiesen wurde, darf natürlich bei dem Jubiläumskonzert nicht fehlen. Immerhin hat Chateaubriand während seines Zwangsaufenthaltes in Waldmünchen die Stadt liebgewonnen und seine Eindrücke auf mehr als 20 Seiten in seinen „Mémoires d´Outre Tombe“ (Erinnerungen von jenseits des Grabes) beschrieben. So fand Waldmünchen Eingang in die Weltliteratur. Chateaubriand gilt als Begründer der Romantik in der französischen Literatur. Sein Landsmann Georges Bizet erwies als Vertreter der musikalischen Romantik in seiner Arlésienne-Suite den schönen Damen von Arles seine Ehrerbietung. Das Torelli-Orchester spielt aus diesem Werk vier Sätze.

Insbesondere die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts war aufgrund der schlechten Erwerbssituation geprägt von Auswanderungswellen in die größeren deutschen Städte oder gar nach Amerika. Der Ort Plain in Wisconsin ist bis heute eine regelrechte Enklave von Auswanderern aus Waldmünchen. Die Amerikaner waren es auch, die Waldmünchen 1945 eroberten und von der Nazi-Herrschaft befreiten.

Thema „America“

Zu dem Thema „America“ erklingt die bekannte gleichnamige Melodie von Leonard Bernstein. Vielen dürfte es nicht bekannt sein, dass der mit dem Büchnerpreis ausgezeichnete Schriftsteller Heinz Piontek 1946 in Waldmünchen die Anwesenheit der Amerikaner erlebt und beschrieben hat. Das Publikum darf auf seine Impressionen gespannt sein, ebenso auf die „Russensperre“, von der Graf Richard von Coudenhove 1914 in der Böhmerstraße überrascht wurde. Ein einschneidendes Ereignis in der Geschichte Waldmünchens nach den schweren Jahren des „Eisernen Vorhangs“ war die Grenzöffnung 1990. Das Wiedersehen mit „Mütterchen Böhmen“ wird durch einen Text von Bernhard Setzwein und ein musikalisches Überraschungsbonbon in Erinnerung gerufen. Heute ist Waldmünchen im Zentrum Europas angekommen. Frieden und Demokratie sind Werte, für die es sich zu engagieren lohnt. Was passt zu diesem Gedanken besser als Beethovens Ode an die Freude aus der 9. Sinfonie? Mitsingen erlaubt.