Bau in Bad Kötzting
150 Unterstützer gegen Pläne

Bürgermeister Hofmann bekommt einen offenen Brief, Bauherr Karl-Heinz Dattler verteidigt sein Vorhaben in der Marktstraße.

04.05.2021 | Stand 16.09.2023, 3:13 Uhr
Das ist die momentane Situation: Das Gasthaus Pfeffer und das Schuhhaus Liebl sollen abgerissen und darauf ein neues Gebäude errichtet werden. −Foto: S. Weber/S. Weber

Zur Berichterstattung über die Baupläne von Karl-Heinz Dattler in der Marktstraße erreichte die Redaktion folgende Zuschrift:„Sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister Hofmann, sehr geehrte Damen und Herren Stadträtinnen und Stadträte, für die besorgte Öffentlichkeit stellt sich die Frage, ob dieses Vorhaben städtebaulich nicht besser in eher großstädtischer Lage angebracht ist. Ohne Zweifel wird dieses Projekt das Gesicht unserer Kleinstadt entscheidend und möglicherweise irreparabel prägen. Prinzipiell ist es erlaubt, wenn ein Investor versucht, mit einer durchaus passablen Planung maximalen Gewinn zu erzielen und somit seine finanziellen Interessen vertritt.

Stadtrat und Bürgermeister haben im Auftrag der Bürger zu prüfen, ob und wie das Vorhaben in der dargestellten Form zum Nutzen und Wert für die zukünftige Stadtentwicklung ist. Der Bürgermeister und Teile des Stadtrats stehen laut Zeitungsberichten uneingeschränkt zu diesem Vorhaben. Ein nicht geringer Teil der Bevölkerung hat aber erhebliche Zweifel, ob eine solche Investition dem Stadtbild dient. Ende der 70er und in den 80erJahre befand sich Kötzting in einer ähnlichen Situation — wie sich die etwas älteren Mitbürger erinnern.

Damals wie heute ging es nicht darum, Investitionen zu verhindern! Es ging darum, das Gesicht einer liebens- und lebenswerten Stadt zu prägen und zu schützen, einer Stadt, in der sich Bürger und Gäste wohlfühlen und ihre Identität finden. Um den Charme und die Anziehungskraft als Gäste und Einkaufsstadt zu fördern, haben sich in den 80er Jahren eine frische Gruppe engagierter Bürger und die Junge Union dafür eingesetzt, gravierende Fehlentwicklungen zu verhindern und städtebauliche Alternativen zu entwickeln. Einziges Ziel: das Wohl unserer Stadt! Es gelang, den Stadtrat und den Bürgermeister zu überzeugen! Kötzting wurde beneidet und bewundert für das Ergebnis: Was mit Bürgerbeteiligung erreicht werden kann, zeigen folgende Beispiele:

Das wurde erreicht

Ein grober Betonklotz mit 30 Meter Höhe wäre Mittelpunkt unserer Stadt geworden, anstelle des heutigen Kaufhauses. Das aus den 70er-Jahren stammende Kaufhaus als Vorbild und Maßstab für die vorliegende Planung zu sehen, ist der falsche Weg! Bereits damals war es ein mühsamer Kompromiss, der nur gerechtfertigt war, weil für das Kaufhaus - auch im Interesse der Einkaufsstadt Kötzting und ihrer Zentralität - dringender Bedarf bestand.

Die eingeschränkten Gestaltungsund Nutzungsmöglichkeiten eines Kaufhauses sind nicht vergleichbar mit den vielfältigen Möglichkeiten des neuen Projektes mit diversen Nutzungen: Gaststätte - Büros - Geschäfte - Wohnungen.

Im Gegensatz zum Kaufhaus bietet es sich hier geradezu an, eine Fassadengestaltung anzustreben, die einer Kleinstadt gemäß gegliedert ist und die durchaus modern sein kann. Vorbild und Orientierung bieten Proportion und Gestalt der bestehenden Markt-Bürgerhäuser. Der frühere Plan, den Regen in einen vier Meter hohen Hochwasserkanal aus Beton zu zwängen, würde die Stadt heute zertrennen, anstelle der jetzigen beispielhaften, naturnahen Hochwasserfreilegung, die heute noch europaweite Anerkennung erfährt. Anstatt einer öden Marktstraße mit Verkehrschaos und unbrauchbaren Bürgersteigen, entstanden geordnete Parkzonen, ein verkehrsfreier Veitsplatz, begleitende Baumbepflanzung und begehbare Bürgersteige. Ein Kurpark mit Wasserflächen und neue Parkflächen wären nur ein Wunschtraum geblieben, weil es ohne vorbereitende Maßnahmen, wie der genannten Hochwasserfreilegung keine Grundlagen gegeben hätte. Ein freier Blick auf die historische Kirchenburg - ein Wahrzeichen unserer Stadt - wäre nicht gegeben, weil hinderliche Bauten auf dem jetzigen Kurparkplatz die Sicht versperrten.

Die aufgeführten Beispiele aus den 80er Jahren sollten aufzeigen, wie hilfreich eine engagierte Bürgerinitiative dem Wohle der Gemeinschaft dienen kann und sollten auch dem Bürgermeister samt seiner Mannschaft Anlass zum Nachdenken sein.

Es wäre tröstlich, wenn die Verantwortlichen der Stadt ähnlich flexibel und aufgeschlossen auf die Bedenken der Bürger eingehen könnten wie ihre Vorgänger in den 80er Jahren. Fatale Folgen einer irreparablen Fehlentscheidung würden lange Zeit auf den Schultern der Bürger lasten.

Es soll schließlich nicht heißen: „Denk ich an Kötzting in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht!“

Carl Schnabel und Siegfried Kohlbeck

Bad Kötzting

Das sagt Bauherr Karl-Heinz Dattler

„Vorausschicken möchte ich zu meinen Ausführungen, dass bei dem Entscheid über die Bebauung (...) bisher lediglich ein Vorbescheid erging, bei dem lediglich über die Höhen, Baumasse und Gliederung entschieden wurde. Dies wurde mehr als deutlich kommuniziert.

In den Plänen und Veröffentlichungen ist noch keine Darstellung von Fenstern, Farben, Außenansicht getätigt. Desto mehr verwundert es mich, dass sich mannigfache Experten und Fachleute dazu berufen fühlen, im Vorfeld zu dem Bauvorhaben Stellung zu nehmen. Über die endgültige Gestaltung bzw. Linienführung und die Fassaden sowie Fenster wird sicher noch ein Kreis von Experten beraten. Denn auch unser Ansinnen ist, dass wir Bad Kötzting als lebenswerte Stadt erhalten und wir sind bemüht, mit unseren Neubauten wieder etwas zum Leben in dieser Stadt beizutragen.

Im Leserbrief des Herrn Haslsteiner wird der Ortskern von Bad Kötzting als historisch gewachsen und damit schützenswert dargestellt. Diese Aussage gibt mir doch zu denken (...): Der Ortskern von Bad Kötzting wurde jeher immer wieder durch Abriss und Neubau den jeweiligen Erfordernissen angepasst.

Im Verlauf meines Lebens habe ich schon etliche Abrisse und Neubauten in der Marktstraße erlebt. Es sind dies z. B. jetziger Intersport Wanninger (zweimal abgebrochen und neu errichtet), die ehemalige Schreinerei Pongratz in der oberen Marktstraße durch Herrn Schnabel; Die St. Veit Apotheke in den 70ern, gegenüber das Anwesen Kolbeck (Gams) in den 70ern – das Kaufhaus Wanninger in den 70ern. Das Modehaus Schödlbauer, die Metzgerei Graf in den 60ern, das Schuhgeschäft Liebl am „Stachus“ und noch viele mehr. Auf die Bautätigkeiten nach dem Stadtbrand 1867 und dem Brand an der Ecke Schirnstraße/Marktstraße 1886 will ich gar nicht eingehen.

Die Leerstände in der Marktstraße 35/37 und 22, welche total verdreckt und kurz vor dem Einsturz waren, wurden von mir abgebrochen und neu errichtet. Und diese Bauten sollen historisch sein? Alle die oben genannten Bauten wurden entfernt und den Notwendigkeiten ihrer Zeit angepasst, neu gebaut. Das ausgeprägte Interesse des Herrn Haselsteiner an den Ortszentren der umliegenden Städte hat sich enorm gesteigert, seit es von der öffentlichen Hand Gelder für Sanierungen der Innenstädte gibt. Mit welchem Recht Herr Haslsteiner sich hier zum Richter über sämtliche Bautätigkeiten und der Architektur von Neubauten in den Zentren unserer Kleinstädte aufschwingt, erschließt sich mir nicht.

Für Ihren Hinweis auf die Einsparung von Ressourcen und die Nutzung von erneuerbaren Energien sind wir sehr dankbar und werden das in einem Neubau weit mehr realisieren können als in den vorhandenen abbruchreifen Gebäuden.

Die lieben kleinen Geschäfte, die dann wegen Kundenmangels schließen mussten, die netten kleinen Lokale, welche keine Gäste mehr hatten und zumachten, und so weiter und so fort ... Dass offensichtlich der Zeitungsartikel, in dem das Betreiberkonzept meines Neubaus dargelegt wurde, noch nicht einmal mehr zur Kenntnis genommen und dann schon Kritik losgetreten wird, lässt tief blicken. Offensichtlich ist die Angst vor Veränderung bei dem (...) kleinen Teil der Bevölkerung enorm ausgeprägt.

Wie eine „Monstranz“

Auf den offenen Brief vom 4. Mai, der von einigen ,gutmeinenden‘ Mitbürgern im Hintergrund und federführend von Herrn Schnabel und Herrn Kohlbeck verfasst wurde, möchte ich nur soweit eingehen, dass es nicht ausreicht, Konzepte und Engagement, die /das vor 40 Jahren sicherlich eine Existenzberechtigung hatten, wie eine Monstranz vor sich herzutragen und in Erinnerungen zu schwelgen. Auf die heutige Zeit brauchen wir heutige Antworten.

Allerdings begeistert mich, dass Herr Schnabel das ehedem von ihm geleitete Architekturbüro vermehrt als ,anpassungsfähigen Dienstleister‘, denn als kreative Kraft entwickelt sehen will. Die Zeiten ändern sich, und wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Als sehr große Hilfe bewerte ich die Tatsache, dass die ausgiebige Berichterstattung in unseren Heimatzeitungen bereits große Resonanz hervorgerufen hat und schon konkrete Mietanfragen zur Folge hatte.

Ob diese potentiellen Mieter in einem Altbau ihr Geschäft machen wollen, ziehe ich in Zweifel. Was mich immer wieder unfassbar staunen lässt: Sobald sich etwas tut in puncto Neuerung, ruft das sofort die einschlägigen Kritiker auf den Plan. Das geht so weit, dass sogar das Grundgesetz Art. 14 Absatz 2 zitiert wird ,Eigentum verpflichtet‘ – im Bezug auf einen Neubau! Es hat sich von denen noch keiner an einen Immobilienbesitzer gewandt und darauf hingewiesen, dass dessen Gebäude verfällt.

Was mir bei allen Kritikern fehlt, ist einfach die Tatsache, dass keiner von all denen selbst die Renovierung eines derartigen Gemäuers durchgeführt hat beziehungsweise wenigstens in einem alten, 135 Jahre alten Gemäuer wohnt. Mit großer Sorge erfüllt mich vor allem die Tatsache, dass diese Klientel beifallheischend, demokratische Prinzipien vor sich hertragend, nicht gewillt ist, demokratisch getroffene Entscheidungen zu akzeptieren.

Im Gegenteil mit einer Vehemenz und im Hintergrund Intrigen spinnend, ja sich selbst mit dem politischen Gegner von einst verbindend, alles versucht, um Entscheidungen, die nicht so ausfallen wie selbst gewünscht, zu Fall zu bringen.“

Karl-Heinz Dattler

Bad Kötzting