Menschen
Doku über Lucki Maurer feiert Premiere

Der BR porträtierte den „Koch, der noch nicht sterben wollte“ für die Lebenslinien. Nun wurde der Film im Kino Cham gezeigt.

09.10.2018 | Stand 16.09.2023, 6:02 Uhr

Kurz durchschnaufen und entspannen nach der Premiere: BR-Redakteurin Christiane von Hahn, Regisseurin Angelika Lizius, Ludwig Maurer und Tom Wittmann (Kamera, von links) Fotos: cea

Fast alle waren sie da, die Wegbegleiter Ludwig Maurers, um dabei zu sein bei der Vorpremiere des Films, in dem er im Mittelpunkt steht: „Der Koch, der noch nicht sterben wollte“. Fast alle: das ist seine Familie, das sind die Freunde, Bandmitglieder, seine Ärzte, die Store-Kollegen, Kollegen aus der Zivildienst-Zeit, die Film-Crew mit BR-Redakteurin Christiane von Hahn und Regisseurin Angelika Lizius sowie Kameramann Tom Wittmann: Saal acht im Cine-World Cham war gefüllt. Von Hahn dankte besonders Familie Wittmann vom Randsberger Hof für ihre Gastfreundschaft – es sei nicht immer ganz einfach, die passende Location für derartige Ereignisse zu finden.

Die Tatsache, dass so viele Interessenten der Einladung des BR-Fernsehens gefolgt waren, freute von Hahn außerordentlich. „Normalerweise sind die Zuschauer der ‚Lebenslinien! für mich unsichtbar. Sie mit Gesichtern zu erleben, ist schön!“ Auch Regisseurin und Autorin Angelika Lizius freute sich „unglaublich“ über das Interesse.

Der Fleischpapst isst Spätzle

Trotz des umfangreichen Materials und der unterschiedlichen Facetten in Maurers Leben ist es Lizius auf sehr eindrückliche Weise gelungen, die Linien dieses Lebens nachzuziehen und den Zuschauer mit hineinzunehmen in die einzelnen Stationen: „bissl lustig, bissl traurig“, immer authentisch...

Maurers Leben beginnt im Bayerischen Wald, genauer in der Straubinger Gegend, wo er mit seinem älteren Bruder Sepp im Wirtshaus der Eltern aufwächst: „Und wir waren stinkfaul…“. Ihre Ferien verbringen die Brüder meistens in Rattenberg auf dem Schergengrub-Hof des Großvaters. „Da war Ruhe, nur der Sepp und ich und die Großeltern… Das mochte ich!“

„Die Kinder gingen immer vor“, sagt die Mutter. „Man muss sie entscheiden lassen, was sie wollen, dann kann man alles schaffen. Aber im Hintergrund muss immer die Familie sein.“ Bis heute fühlt Maurer sich seinem Bruder Sepp eng verbunden, auch – oder gerade weil – dieser so ziemlich das Gegenteil ist von ihm. „Es gibt keinen kleinen Bruder in Bayern, der so viel ausgehalten hat wie er“, sagt Sepp lachend. Und Ludwig ergänzt: „Richtig spielen hast nur mitm Sepp können“.

Ludwig, der nie Koch werden wollte, beginnt mit 16 eine Lehre als Koch im nahen Burg-Hotel. Dort erkennt er, dass Kochen „fein, filigran und kreativ“ sein kann. 2000 entscheidet er sich – als hundertprozentiger Pazifist – für den Zivildienst, den er im Mittelbayerischen Reha-Zentrum Bad Kötzting antritt. „Es war eine lustige Zeit“, erinnert sich Gaby Michel, Stationsleiterin der Klinik, und wird darin bestätigt von ihrer Kollegin Sandra Paul. Beide sind zur Vorpremiere gekommen.

Man kann es Vorbestimmung nennen, Schicksal, Glück oder Fügung, dass Maurer zu diesem Zeitpunkt sozusagen unter ihrer „Aufsicht“ war, denn es waren Michel und ihre Kollegen, die den 20-Jährigen dazu drängten, einen Arzt aufzusuchen, weil er sich „einfach nicht mehr wohl fühlte“. Da war der Krebs bereits im dritten Stadium, der „große Knall“, der alles veränderte.

Was folgt, sind endlose Chemotherapien. Zeiten, in denen die Zeit stillsteht. „Alles tut dir weh… Und wenn du es hinter dir hast, weißt du, es tut noch mehr weh.“ Maurer, der seit seinem 15. Lebensjahr in einer Heavy-Metal-Band singt, der Mann, dessen Markenzeichen die langen, rotgelockten Haare sind, verliert nicht nur diese, sondern beinahe auch den Lebensmut. „Nach der dritten Chemo hatte ich keine Lust mehr“, sagt Maurer. „Es gibt da nur noch den Schmerz.“

„Ich wollte leben...“

In dieser Zeit entsteht „Der Schmerz ist die Wahrheit“. Die Musik ist wie ein Ventil für Maurers Wut und Hilflosigkeit gegenüber der Krankheit. Heute gibt es nur noch einen Song von damals, den er mit der Band „Seasons in Black“ spielt: „Just Suicide… Can protect me from the pain“. In dieser Endzeitstimmung fasst Maurer den Entschluss: „Aufgeben oder überleben -- ich wollte leben“.

Und er setzt alle Dinge, die er noch tun will, auf eine Liste. Noch während der letzten Chemo erfüllt er sich den ersten Traum: alle Figuren von „Masters of the Universe“ zu haben. Ein Jahr nach der Diagnose hat er den Krebs besiegt, und er beginnt damit, die anderen Punkte auf seiner Liste abzuarbeiten: einen Kochkurs machen bei Stefan Marquard, den Schergengrub-Hof übernehmen und mit „Seasons in Black“ große (Benefiz-)Konzerte geben.

Dass Maurer heute der „erste und einzige Züchter von Bio-Wagyu-Rindern in Europa“ ist, verwundert nicht weiter. Dazu hat er ein Buch geschrieben mit dem einfachen Titel „Fleisch“. Der Untertitel jedoch ist wie Maurers Leben wunderbar kreativ: „Rezepte und Praxiswissen zu besonderen Fleischstücken“. Man bekommt Lust, genauer hinzusehen und hineinzusehen – in dieses Buch und diesen Film!

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