Erneuerbare Energien
Über Genossenschaften wurde informiert

Beim Energiewendestammtisch über Bürgerenergiegenossenschaften, Geobis-Cham und den Windatlas Cham referiert.

17.05.2022 | Stand 15.09.2023, 5:19 Uhr
Johann Gruber
Stammtischorganisator Hans Christl (2.v.re.) begrüßte die Referenten Sönke Siebold (rechts) und Max Riedl (3.v.re.) im Kreis der Energiewendestammtischler. −Foto: Johann Gruber

Beim Energiewendestammtisch in der vergangenen Woche im Radl-Café standen die Modalitäten für die Gründung von Bürgerenergiegenossenschaften, das Bürgerinformationssystem „Geobis-Cham“ und der „Windatlas Bayern“ im Mittelpunkt. Eingangs setzte sich Stammtischorganisator Hans Christl noch einmal kritisch mit dem versäumten Ausbau der Erneuerbaren Energien auseinander, der in den letzten 20 Jahren von den jeweiligen Bundesregierungen bis zu den kommunalen Körperschaften durch gesetzliche und bürokratische Hemmnisse stark behindert beziehungsweise verhindert wurde, so Christls Vorwurf. Billige fossile Energien aus Russland erhielten den Vorzug vor Versorgungssicherheit durch Ausbau emissionsfreier, erneuerbarer Energien und brachten Bürger und Wirtschaft nun in eine desaströse Lage. Anlass zur Hoffnung gebe nun aber die im Regierungsentwurf im Paragraph 2 EEG 2023 „Besondere Bedeutung der Erneuerbaren Energien“ vorgesehene gesetzliche Festlegung, dass Errichtung und der Betrieb von solchen Anlagen im überragenden öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Sicherheit dienen. Unverständlich sei auch, dass heute immer noch neue Baugebiete mit Gasnetzinfrastruktur geplant werden.

Als Gründungsberater des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB) hat Max Riedl schon mehrere hundert Genossenschaften bei der Gründung begleitet. Genossenschaften waren schon vor 100 Jahren zentraler Bestandteil der Elektrifizierung und Träger der Entwicklung des ländlichen Raums in Bayern. In den nach den Prinzipien der Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung erfolgten freiwilligen Zusammenschlüsse von Bürgern und Kommunen nahmen diese ihre Energieversorgung gemeinsam selbst in die Hand. Die genossenschaftlichen Grundwerte sind Selbsthilfe (Freiwilliger Zusammenschluss zur Verwirklichung mindestens eines gemeinsamen Interesses und wirtschaftliche Eigenständigkeit durch Aufbringung der erforderlichen finanziellen Mittel durch die Mitglieder), Selbstverantwortung (Verantwortung für das eigene Handeln und Verpflichtung der genossenschaftlichen Mitglieder für die Verbindlichkeiten der eG einzustehen) und Selbstverwaltung (Regelung der internen Willensbildung und der gesellschaftlichen Erfordernisse durch die Mitglieder in Selbstorganschaft, das ist die Besetzung der Organe durch die Mitglieder).

Die Charakteristika einer Genossenschaft sind eine einfache Gründung, es sind nur drei Mitglieder erforderlich, demokratische Strukturen, jedes Mitglied hat unabhängig von der Kapitalbeteiligung eine Stimme, Nutzenmaximierung, statt Gewinnmaximierung, kein Mindestkapital, die Eigenkapitalausstattung richtet sich nach dem Investitionsvolumen, einfacher Ein- und Austritt ohne Notar möglich, genossenschaftliche Rückvergütung bietet steuerlichen Vorteil für die eG, transparente Strukturen, die gesetzlich vorgeschriebene Prüfung mindestens jedes zweite Geschäftsjahr bietet hohe wirtschaftliche Stabilität und Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband, zum Beispiel Betreuung durch den GVB und Einbindung in ein genossenschaftliches Netzwerk. Riedl zählte die erforderlichen Schritte bei der Gründung einer Genossenschaft auf: 1. Entwicklung der Unternehmenskonzeption, 2. Gestaltung der Satzung, 3. Gründungsversammlung mit Beschlussfassung über die Satzung, 4. Feststellung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, 5. Anmeldung zur Eintragung beim Registergericht, 6. Mitgliedschaft in einem Prüfungsverband.

Als Beispiel für eine äußerst erfolgreiche dezentrale Energiewende führte Riedl die Gemeinde Fuchstal im Landkreis Landsberg am Lech an, die seit Jahren mit großem Engagement vorangeht und jüngst als erste Kommune als „Gestalter im Team Energiewende Bayern“ ausgezeichnet wurde. Das Stadtwerk Haßfurt (www.stwhas.de) deckt den Stromverbrauch in Haßfurt bereits zu 111 Prozent mit erneuerbaren Energien: Windenergie 69 Prozent, Photovoltaik 13 Prozent, Biogas 13 Prozent, Kraft-Wärme-Kopplung 5 Prozent. Zur Erzeugung von Erneuerbaren Energien sind aus der Sicht des Landkreises Cham Windkraftanlagen auch im Landkreis Cham unverzichtbar. Diese Feststellung trifft das Zukunftsbüro Kreiswerke Cham auf seiner Homepage. „Wo im Landkreis Cham Flächen mit genügend Windpotenzial für wirtschaftliche Windkraftanlagen vorhanden sind, kann jedermann im Windatlas Bayern selbst nachschlagen“, so Dipl.-Ing. (FH) Bauingenieurwesen Sönke Siebold. In einer PowerPoint Präsentation zeigte er die Möglichkeiten zur Vorprojektierung von Windkraftanlagen mit der Internet-Kartenanwendung „Geobis-Cham“ auf. In einer eingehenden Diskussion beantworteten die Referenten noch etliche Fragen der Stammtischteilnehmer, die sich einig waren, dass die dringend notwendige Energiewende eine breite Basis von unten braucht, am vorteilhaftesten in Bürgerenergiegenossenschaften. (fer)