Menschen
200 Hells Angels auf dem Friedhof

Zur Beerdigung von Sener Tiriaki in Cham kamen die Biker aus ganz Bayern, parkten auf dem Friedhof — und blieben freundlich.

13.09.2016 | Stand 16.09.2023, 6:49 Uhr
Nachfeier der verschiedenen Bikergruppen der Hells Angels aus ganz Bayern auf dem Gelände des Clubhauses am Bahnhof −Foto: Schiedermeier

Sener Tiriaki war nur 46 Jahre alt, als er an Herzversagen starb. Sein Tod war friedlich. Das hat uns Björn erzählt. Und wir erwähnen das, weil Sener neben Björn, der in Runding das Tattoo-Studio betreibt, der letzte Hells Angel im Chamer Bereich war. Er gehörte zur Munich Aerea.

Eigenhändig beerdigt

An diesem Dienstagvormittag stehen die Chamer allerdings etwas überrumpelt neben ihren Gräbern und den blitzsauber aufgereihten Harleys. „Wos isn des?“, fragt einer. „Beerdigung von die Hells Angels“, sagt der Friedhofswärter. „Derfan die des“, fragt der Mann mit der grünen Gießkanne zurück. „Ja“, kommt die kurze Antwort.

Ansonsten wird an diesem Tag kein Personal gebraucht. Die Sargträger können sich wieder umziehen. Der Tote wurde bereits nach islamischem Ritus gewaschen und man hat die Gebete gesprochen. Sechs Hells Angels schultern den Sarg und tragen ihn zum Grab. Dort wird der Tote auch selbst hineingesenkt und eigenhändig begraben. Gut eine halbe Stunde lang schaufeln vier bis fünf Angehörige das Grab zu, während dazu gebetet wird.

Aus dem Sonnenschein geht es ins Dunkel. Rechts im Eck spielt ein Biker Billard. Der Rest sitzt an der Bar oder an einem Tisch in der Ecke. Mineralwasser und Spezi machen die Runde. Kaum irgendwo hat einer ein Bier in der Hand. Die Biker wissen, dass die Polizei weiß, wo sie sind, und ein waches Auge auf ihren Abzug aus Cham haben wird. Eventuell inklusive der obligatorischen Kontrollen.

„Haut Ihr uns in die Pfanne?“

Wir treffen auch Björn wieder, der gegenüber uns von der Zeitung ein paar berechtigte Bedenken hat. „Hoffentlich haut Ihr uns nicht wieder in die Pfanne“, sagt er. – Wieso? – „Weil die Presse das immer tut.“ Wir einigen uns darauf, dass wir das nur tun würden, wenn die Jungs was anstellen. Eine Beerdigung ist dazu kein Anlass.

„Wir sind vollkommen unpolitisch.“Ein Mitglied der Munich Area

Bereitwillig erklärt Björn, dass Sener Tiriaki an Herzversagen gestorben ist und jetzt nach der Beerdigung für alle noch was zum Essen und zum Trinken bereitgestellt worden ist. Auch die Familie des Toten ist gekommen und sitzt an einem Biertisch. Die Frauen mit Kopftuch, die Männer in schwarz. Rundherum Biker in Lederkutten. Fremdenfeindlich sind sie offensichtlich nicht, die Hells Angels. „Nein“, sagt ein Mitglied der Munich Area. „Wir sind vollkommen unpolitisch.“

Die Kutte wird aufbewahrt

Die Lederkutte von Sener, dem vorletzten Hells Angel aus dem Chamer Bereich wird im Clubhaus aufbewahrt werden. Sie wurde auch auf der Beerdigung mitgetragen samt einem Bild des Verstorbenen. „So ist das immer, wenn unsere Brüder sterben. Sie sind nie vergessen. Sie leben, solange wir leben“, sagt Björn.

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