Kurioses
„Leck mich“ schreibt Geschichte

Vor 500 Jahren sagte Götz von Berlichingen zum erstem Mal: „Leck mich am Arsch“. Seitdem hat der Spruch viel angerichtet.

04.04.2016 | Stand 16.09.2023, 6:49 Uhr
Jana Wolf
Tierisch vulgär: Der Spruch „Leck mich am Arsch“ hat eine 500-jährige Geschichte hinter sich und sorgt heute noch für Provokationen. −Foto: dpa

Leck’ mich am A..., wie beginnt man am besten einen Text über diesen derben Spruch? Jeder Leser kennt ihn, vielen kam er schon über die Lippen, und manche haben ihn wohl selbst zu hören bekommen.

Fangen wir am besten am Anfang an, im Jahr 1516. Vor ziemlich genau 500 Jahren hat der fränkische Reichsritter Gottfried von Berlichingen den vulgären Satz zum ersten Mal geäußert. Besser gesagt, er hat ihn dem Amtsmann Marx Stumpf von Schweisberg am Fuß der Burg Krautheim in Baden-Württemberg an den Kopf geschleudert.

Das Zitat geht in die Literatur ein

„Da schriehe ich wider zu ime hinauff, er soldt mich hinden leckhenn“, hieß es damals. In dieser Zeit der Fehden und Gefangennahmen – wenige Jahre später brach der Bauernkrieg aus – war der Umgangston rau.

Ein literarisches Denkmal setzte Johann Wolfgang von Goethe dem Spruch. In seinem 1773 erschienenen Schauspiel „Götz von Berlichingen“ heißt es: „Er aber, sag’s ihm, er kann mich im Arsche lecken!“. Dank des großen Dichters und Denkers wurde der Satz als Götz-Zitat bekannt.

„Da schriehe ich wider zu ime hinauff, er soldt mich hinden leckhenn“Götz von Berlichingen, Originalzitat von 1516

Auch Wolfgang Amadeus Mozart griff es in seinem Kanon „Leck mich im Arsch“ von 1782 auf. Darin erklingt in sechsstimmiger Fülle: „Leck mich im Arsch g’schwindi, g’schwindi!“. Zu Lebzeiten des Komponisten blieb das Werk ungedruckt, erst seine Witwe Constanze Mozart gab es zur Publikation frei.

Ein Video mit dem sechsstimmigen Kanon von Wolfgang Amadeus Mozart sehen und hören Sie hier:

Daneben gibt es den dreistimmigen Kanon „Leck mir den Arsch fein recht schön sauber“, der lange Zeit Mozart zugeschrieben wurde. Erst 1988 konnte der Musikwissenschaftler Wolfgang Plath nachweisen, dass die Komposition von dem böhmischen Laienkomponisten Wenzel Trnka von Krzowitz stammt und ursprünglich den Titel „Tu sei gelosa, è vero“ trug. Auch in dieser Version geht es zu Sache: „Leck mire den A… recht schon, fein sauber lecke ihn.“

Unter „Legg me am Arsch“ ist der Spruch auch als Schwäbischer Gruß bekannt. Er stammt wohl von einem alten Abwehrzauber. Zeigt man Dämonen, Hexen oder Feinden sein bloßes Gesäß, so die Überlieferung, können sie einem nichts anhaben.

Nicht nur in hoher Literatur und Musik taucht der Satz auf – auch in der Comicverfilmung „Werner – Beinhart!“ von 1990: „Jaa jaaa!“ – „So, was heißt hier Ja ja“? – „Ja ja heißt Leck mich am Arsch!“

Fußball-Flegel Krassimir Balakow flog 2000, während seiner Zeit beim VfB Stuttgart, aus dem Kader für das UEFA-Cup-Spiel bei Feyenoord Rotterdam, weil er Trainer Ralf Rangnick mit dem Götz-Zitat beschimpfte.

In diesem Video sehen Sie die Szene aus dem Comicfilm „Werner – Beinhart!“:

Ein Spruch aus dem echten Leben

Weit ab von Leinwänden und Spielfeldern taucht der Spruch im alltäglichen Leben auf – zum Beispiel in dem von Polizisten. Wie häufig es zu Beleidigungen dieser Art kommt, wird in der Polizeiinspektion Cham statistisch nicht erfasst. Gruppenleiter Stefan Fischer aber weiß aus eigener Erfahrung, dass jeder seiner Kollegen schon einiges zu hören bekommen hat. „Manches überhört man geflissentlich, vor allem bei stark alkoholisierten Personen“, sagt Fischer. Wenn ein Beamter allerdings bewusst provoziert werde, dann kommt es schon mal zur Anzeige. In der Regel folgen bei Beleidigungen Geldstrafen, die nach Tagessätzen berechnet werden und je nach Einkommen der Person stark variieren.

Sei ein Beschuldigter allerdings schon vorbestraft, könnten bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe drohen, erklärt Johann Kopp, der Direktor des Amtsgerichts Cham. „Es kommt immer darauf an, wer vor einem steht, in welchem Kontext und wie sich das Opfer zu dem Fall verhält. Gerade bei „Götz-Fällen“, wenn es also um beleidigende Äußerungen geht, müsse immer der Einzelfall betrachtet werden, sagt der Jurist. Der Strafrahmen sei hier sehr weit gefasst.

Hört man sich in Chamer Schulen und Kindergärten um, fällt das Urteil dagegen milde aus. „Nein, bei uns hat das eigentlich noch niemand gesagt“, sagt Andrea Niebauer, die seit 25 Jahren als Erzieherin im Altenmarkt Kindergarten arbeitet. Laut Deutschlehrer Harald Pröm, Mitglied der Schulleitung des Robert-Schuman-Gymnasiums, tauche das Götz-Zitat auch im Schulalltag nicht auf – wenn nicht gerade Goethes „Götz“ gelesen wird. „Das denken die Schüler sich vielleicht.“ Zur Not ließe es sich mit einem „Ja jaaa!“ umgehen.

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