Tradition
Corona prägt den Großen Frauentag

Das Hauptfest in Streicherröhren wird am Sonntag mit einem Festgottesdienst, einer Prozession und einer Marienfeier begangen.

11.08.2021 | Stand 16.09.2023, 1:22 Uhr
Seit 1860 präsentiert sich die Steinkapelle im heutigen Erscheinungsbild und lädt zum Gebet ein. −Foto: Konrad Groitl

Seit dem Jahr 1715 pilgern Gläubige aus nah und fern zum Marienwallfahrtsort Streicherröhren bei Untertraubenbach am Fuße des Traubenbergs. Das Hauptfest des Wallfahrtsortes findet alljährlich am 15. August, an Mariä Himmelfahrt, statt. In den vergangenen Jahrzehnten fanden sich an diesem Tag über 3000 Pilger ein, je nach Wetterlage sowie Rang und Namen des Gastpredigers. In diesem Jahr wird wie auch 2020 die Corona-Pandemie den Festtag überschatten.

Die Legende von Streicherröhren besagt, das sich vor 360 Jahren, 1661, die erste Wunderheilung ereignet haben soll. Nach dem Ausstreichen mit dem Quellwasser erlangte eine erblindete Frau aus Hirschau ihr Augenlicht wieder. Auch wenn die Pfarrei Untertraubenbach bereits 1961 das 300-Jährige der Wallfahrt gefeiert hat, so handelt es sich bei dieser Geschichte um eine Legende.

Die Existenz der Wallfahrtsstätte lässt sich bei einem Blick in die Archive erst seit 1715 nachweisen. Am damaligen Fußweg zwischen Roding und Cham entdeckte man etwa fünf Wochen vor Ostern eine Votivtafel mit einem Maria-Hilf-Bild und der Aufschrift, wonach eine gewisse Katharina, Königin aus Hirschau, nach dem Gebrauch des Quellwassers ihr Augenlicht wiedergefunden habe. Die Kunde vom Wunder verbreitete sich sehr schnell, und bereits Anfang Juni 1715 strömten Menschen aus der weiteren Umgebung zusammen und legten Opfergaben nieder.

Votivtafel vom Heilbrünnl

Rodings Pfarrer Georg Piscator stellte bei einem Besuch in Streicherröhren fest, dass die Votivtafel im nahegelegenen ehemaligen Pestwachthäuschen hing, das zur Kapelle umfunktioniert wurde. Ihm verdanken wir die Aufzeichnungen aus dieser Zeit. Dem Rodinger Pfarrer war dieses Treiben ein Dorn im Auge, denn die Votivtafel stammte vom Rodinger Wallfahrtsort Heilbrünnl und wurde bereits 20 Jahre vor ihrem Auffinden in Streicherröhren dort gestohlen.

Anna Margaretha Riedlinger lag im Winter 1714/1715 neun Wochen krank darnieder. Zum Dank an ihre Genesung hatte sie das gemalte Bild im Frühjahr 1715 an einen Baum neben der Quelle am Fußweg nach Cham aufgehängt, damit ein jeder andächtige Mensch, der daran vorbeikommt, für die armen Seelen ein Vaterunser beten möge. Damit wurde sie zur eigentlichen Begründerin der Streicherröhrenwallfahrt.

Dass ihre Handlung so bedeutsame Folgen haben und einen Wallfahrtsort begründen würde, konnte sie nicht ahnen. Trotz der Aufdeckung der wahren Geschichte zum Votivbild nahm der Zulauf zur Streicherröhrenquelle kein Ende.

Der Pilgerstrom riss nicht ab

Pfarrer Piscator ließ die Kapelle mit Zustimmung des Ordinariats in Regensburg noch im selben Jahr zerstören, nachdem er die Votivtafel und den Opferstock an sich genommen hatte. Damit hätte die Wallfahrt eigentlich zum Erliegen kommen müssen, da auch die Votivtafel nie mehr zurückkehrte. Der Zulauf der Gläubigen ließ sich aber weiter nicht aufhalten. Obwohl die Geburtsstunde der Wallfahrt auf einem Diebstahl beruhte, gab es in den vergangenen drei Jahrhunderten immer wieder von geistlichen und weltlichen Behörden bestätigte Wunderheilung, weshalb der Strom der Pilger nie abriss.

Nachdem Pfarrer Piscator die provisorische Kapelle abgerissen hatte, war gleich am nächsten Tag der für die Herrin auf Thierlstein tätige Hofmarkrichter Johann Wilhelm Wieckhaller zur Stelle, ließ Bretter herbeischaffen und eine neue hölzerne Kapelle errichten. Die Freifrau selber ließ ein großes Maria-Hilf-Bild mit Rahmen in Passau anfertigen und in die neue Kapelle bringen. Im Jahr 1718 wurde das neue Gnadenbild aus Angst vor Zerstörung in die Pfarrkirche nach Untertraubenbach gebracht und am Hochaltar angebracht. In Streicherröhren hängt eine Kopie des Originals.

Im Jahr 1860 wurde der damalige Holzbau der Kapelle durch einen Neubau aus Bruchsteinen ersetzt. Die Kapelle präsentiert sich somit seit über 160 Jahren in ihrem heutigen baulichen Zustand.

Dass die Kapelle scheinbar unter besonderem Schutz steht, zeigte sich 1990. Anfang März wütete ein orkanartiger Sturm und richtete verheerende Schäden an. Einige der riesigen Bäume im Umfeld der Kapelle wurden entwurzelt und umgeknickt. Zu allen Seiten der Kapelle türmten sich die Bäume auf. Mitten im Gewirr war das Gebäude wie durch ein Wunder unversehrt geblieben. (cko)