Deutsch-tschechische Freundschaft
Furth im Wald: Schüler rufen Denkmal zur Grenzöffnung ins Leben

15.09.2022 | Stand 15.09.2023, 3:40 Uhr
Michael Gruber

Ein Symbol für Frieden und Freundschaft an der Grenze: Auf dem Fuß- und Radweg Iron Curtain Trail beim Grenzübergang Schafberg ist ein Denkmal zum Fall des Eisernen Vorhangs entstanden, das am Donnerstag offiziell eingeweiht wurde. Die Designerin des Entwurfs, BSG-Schülerin Hannah Meindl (Mitte), zerschnitt dafür an der Seite ihres tschechischen Mitschülers das symbolische Band.

Wer zu Fuß oder mit dem Fahrrad die Bundesgrenze bei Schafberg überquert, erblickt seit wenigen Wochen ein besonderes Bauwerk: Ein Stück Metallzaun, mit Stacheldraht umwickelt, ragt auf der Anhöhe empor, in der Mitte zwei aufgebogene Streben.

„Iron Curtain Trail“ nennt sich der Radweg, als Standort für die Erinnerung an das Ende des Eisernen Vorhangs sei dieser prädestiniert gewesen, berichtete Bürgermeister Sandro Bauer am Donnerstag bei der offiziellen Einweihungsfeier des Denkmals.

Entstanden ist das Kunstwerk aus einem gemeinsamen Schulprojekt von Schülern des Benedikt-Stattler-Gymnasiums Bad Kötzting und des Gymnasium J.S. Baara Domažlice – in Zusammenarbeit mit den Gemeinden Furth im Wald, Domažlice und Česká Kubice. Treibende Kraft war die Further Lehrerin Steffi Macharowsky. Im vergangenen Oktober hat sich die Lehrerin und Museumspädagogin mit der Klasse 10a der Aktion denk.mal.digital, einer durch die EU geförderten Initiative der Universitäten Passau und Pilsen, angeschlossen.

Neben Ausstellungsbesuchen und Zeitzeugen-Gesprächen zur Geschichte des bayerisch-böhmischen Grenzraums stand für die Schüler auch ein künstlerischen Workshop auf dem Programm, bei dem Ideen für ein Denkmal entwickelt werden sollten. Ihre Ergebnisse präsentierten die Schüler im Further Rathaus, wo die Skizze der Schülerin Hannah Meindl, die einen aufgebogenen Metallzaun zeigte, auf großes Interesse stieß.

Unkomplizierte Hilfe

Mit Unterstützung von EU-Fördermitteln aus dem ETZ-Programm sowie der schnellen und „unkomplizierten“ Hilfe der Nachbargemeinde Česká Kubice und ihrem Bürgermeister Radek Gerberg sei es gelungen, im dortigen Gemeindegebiet einen „optimalen Standort“ entlang des Radwegs zu finden, dankte Bauer den tschechischen Partnern. „Wir haben eine Email mit vier Zeilen geschrieben und es dauert kaum länger als zwei Wochen, da war der Standort gefunden und die Grabungsarbeiten konnten beginnen.“ Lobende Worte richtete Bauer überdies an den Bürgermeister von Domažlice Zdeněk Novák und dessen Stellvertreter Stanislav Antoš, die beide zum Festakt nach Furth im Wald gekommen waren, der witterungsbedingt ins Rathause verlegt wurde. Neben den beteiligten Lehrkräften und Schülern hob Bauer die Leistung von Architekten Thomas Kolbeck hervor, der auf Basis des Entwurfs einen Eingabeplan auf entwickelt habe. Umgesetzt wurde das Bauwerk von der Firma Stahlbau Mühlbauer, der Further Bauhof führte die Pflasterarbeiten durch. Als sogenannter Picture-Point sei das Denkmal entlang des Radwegs interessant für Urlauber, die dort eine tolle Kulisse für Fotos finden, sagte Bauer. „Es ist aber auch auf historischer Ebene eine Erinnerung an die Ereignisse, die 1989 stattgefunden haben und die weit in unsere Zeit hineinwirken.“

Bürgermeister Novák mahnte, die Leute hätten sich längst gewöhnt daran, die Grenze zu Fuß oder mit dem Auto zu überschreiten, oft ohne zu wissen, in welchem Land man gerade sei. „Wir sollten uns merken,dass das nicht immer so war“, erinnerte der Bürgermeister an 300 Menschen, die beim Fluchtversuch während des Kalten Kriegs zwischen Bayern und Böhmen ihr Leben verloren haben. Er hoffe, dass man auch noch die letzten Schamgefühle verliere, die sich bei den Menschen noch zeigen würden. Weitere Projekte der beiden Partnerstädte, wie etwa die Ausstellungen im Landestormuseum Furth im Wald und im Kulturzentrum in Domažlice bezeichnete Novák als wichtigen Teil „eines Mosaik der Gegenwart und der Zukunft, die die wir gemeinsam gestalten.“ „Es geht nicht darum, die Grenzen zu verscheiben, sondern den Grenzen ihren trennenden Charakter zu nehmen“, griff Birgit Maier, Direktorin des Benedikt-Stattler-Gymnasiums Bad Kötzting, ein Zitat von Richard von Weizsäcker auf. Diesen Gedanken hätten die Schüler in dem grenzübergreifenden Projekt realisiert. Die Jugendlichen trügen die Idee eines offenen und geeinten Europas in die Zukunft, als Schulleiterin könne sie nicht stolzer auf sie und das Denkmal sein, lobte Maier.

Zeitzeuge erinnert sich

Dem schloss sich auch ihre tschechische Kollegin, Jana Štenglová, Direktorin des Gymnasiums Domažlice an, die das erfolgreichen Projekt einen „Schritt voraus zu einer intensiven Zusammenarbeit der beiden Schulen“ nannte. In einem Zeitzeugen-Gespräch blickte Stanislav Antoš auf die Wochen und Monate der Grenzöffnung zurück, die Stimmung aller Generationen sei einfach wunderbar gewesen. Der Anblick der freudigen Gesichter auf der anderen Seite und die entstanden Freundschaften, sei „unbezahlbar“. Musikalisch begleitet wurde der Festakt von einer Schülergruppe mit traditionellen chodischen Volksliedern. Zum Abschluss erhoben sich die Gäste zum Klang der Europahymne, die von Veronika Seidl an der Geige dargeboten wurde.