Gastronomie Hoffen auf echtes Kneipen-Feeling
Das Further Big Mouth hat wieder offen. Nicht nur für Stefan Zeller ist vieles anders. Er erzählt von seinem Sabbat-Halbjahr.

Furth im Wald.Stefan Zeller ist gerade in den Westalpen beim Radfahren unterwegs gewesen, als ihn die Nachricht erreicht hat: Bars und Kneipen auch ohne Speisenangebot dürfen wieder öffnen. Er hat sich natürlich gefreut, sagt der 49-Jährige, war aber in erster Linie überrascht und auch überrumpelt, dass das Ganze so schnell in Kraft treten würde. Der Inhaber des Big Mouth, der einzigen von dieser Regelung betroffenen Kneipe in Furth, hätte nicht gedacht, dass er seine Tür in diesem Jahr noch einmal aufsperren würde. Die Gäste kommen, sagt Zeller nach bislang drei offenen Wochenenden, es ist aber vieles anders als zuvor. Auch für ihn persönlich, denn er hat in Corona-Zeiten eine überraschende Zusatzaufgabe übernommen...
Es ist der Thekenbetrieb, der am meisten fehlt, erklärt der Gastronom im Gespräch mit unserem Medienhaus. Die Further haben oft einfach vorbeigeschaut, auch ohne zuvor etwas ausgemacht zu haben. Sie haben sich zu ihm an den Tresen gesetzt oder sich zu den Gruppen an den Kickertischen gesellt. Alles das geht nicht mehr, und das ist für das Kneipen-Feeling schon einschneidend, meint der 49-Jährige.
Es funktioniert reibungslos
Der Further bedient seine Gäste jetzt an den Tischen, die Besucher dürfen sich nichts bei ihm am Tresen holen. Das schafft er trotzdem allein, sagt Zeller, es sind dafür ja nicht so viele Leute im Lokal. Nur so viele wie Stühle an den Tischen stehen. Wer sich nicht mehr hinsetzen kann, der muss wieder gehen. Und das funktioniert, berichtet der Further. Wer ihn kennt, der weiß, dass er sich durchsetzen kann in seiner Kneipe. Wenn mal keine Masken getragen werden, sagt er das einmal laut, dann passt es wieder. Und klar werden auch bei ihm mal falsche Kontaktdaten angegeben, erzählt der Gastronom. Er kennt die Leute ja aber fast alle. Deshalb weiß er auch, dass die sich nur einen Spaß erlauben und keine bösen Absichten haben. „Es funktioniert alles reibungslos“, freut sich der Further.

Er hat die Tische alle eineinhalb Meter auseinander gestellt, es gibt Desinfektionsmittel-Spender, und die nun nötigen Lüftungsanlagen hat er sowieso schon immer, sagt Zeller. So regelmäßig, wie sie jetzt angestellt werden müssen, wird sich allerdings die Frage stellen, ob es im Winter warm genug bleibt im Raum. Jetzt freuen sich seine Gäste aber erst einmal, dass sie wieder kommen dürfen, meint der 49-Jährige. Sie sagen aber auch, dass sie den Tresen vermissen. Genau wie der Gastronom selbst. Er kennt es nicht, ohne Ansprache herumzustehen.
Keine Existenzangst
Aber wenn er an die Zeit vorher denkt, in der er überhaupt keine Einnahmen hatte, kann er nun einfach froh sein, betont der Further. Existenzangst hatte er aber nie, erzählt er. Das ist auch seiner Lebenseinstellung geschuldet, meint Zeller. Wer in der westlichen Welt lebt, brauche sich angesichts von abgebrannten Flüchtlingslagern keine Sorgen machen, sagt der 49-Jährige. Und in der Grenzstadt habe er auch eine ganz andere Miete als seine Gastronomen-Kollegen in Regensburg etwa. Zeller hat die Auszeit für sich als Sabbat-Halbjahr definiert und sich recht schnell mit der Lage abgefunden. Es mache keinen Sinn, sich jedes Wochenende darüber aufzuregen, dass er nicht aufsperren kann, meint der Further. Das ändere nichts, und an der Pandemie habe auch niemand schuld. Dass es ein Ende haben könnte mit dem Big Mouth, daran hat er nie gedacht, sagt der Gastronom.

Und als dann die neuen Regelungen kamen, hat er gleich eine Menge E-Mails bekommen, dass er sofort aufsperren müsse, und es nun wieder losgehe in der Kneipe. Am ersten Samstag ist sie auch gleich gut besucht gewesen, berichtet Zeller. Größtenteils war das Stammpublikum vor Ort. Die anderen Tage, an denen bislang geöffnet war, sind eigentlich gelaufen wie immer.
Pädagoge in Kneipe und Schule
Etwas Neues hat sich für den Gastronomen aber auch ergeben durch Corona. Er hat als Hausaufgabenbetreuer in der Offenen Ganztagsschule angefangen. Vielleicht ist er gefragt worden, weil die Leute meinen, er sei als BM-Inhaber sowieso ein halber Pädagoge. Weil er ja immer mit den jungen Leuten zu tun hat, meint Zeller. In der Kneipe könne er sich aber leicht durchsetzen, wenn er sagt, dass jemand kein Bier mehr bekommt. In der Schule gehe das so ja aber nicht.
Zur Kneipen-Regelung
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Öffnung:
Seit 19. September dürfen Bars und Kneipen ohne Speisenangebot wieder geöffnet haben.
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Plätze:
In geschlossenen Räumen muss die Bedienung am Tisch erfolgen.
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Kontaktdaten:
Alle Wirte müssen eine Gästeliste führen - mit Namen, Telefonnummern und Zeitraum des Besuchs ihrer Gäste. Wer keine Kontaktdaten aufnimmt, dem droht ein Bußgeld von bis zu 1000 Euro. Wer als Gast einen falschen Namen angibt, muss mit 250 Euro Bußgeld rechnen.
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Geselligkeit:
Es dürfen sich bis zu zehn Personen - auch aus verschiedenen Haushalten - zusammensetzen. Der Sicherheitsabstand von 1,5 Metern muss dabei nicht eingehalten werden.
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Maske:
Beim Betreten und Verlassen der Kneipe und auch beim Gang zur Toilette heißt es Maske auf. Am Tisch darf man die Maske abnehmen.
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Abstand:
Die Tische müssen einen Abstand von mindestens 1,5 Metern haben.
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Hygiene:
Nach jedem Gastwechsel wird der Tisch gereinigt und desinfiziert. Auch sollte auf den Tischen nichts stehen, womit die Gäste üblicherweise „spielen“, also kein Salz- oder Pfefferstreuer, keine Deko oder Kerze.
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Verschärfung:
Sobald sich das Infektionsgeschehen vor Ort verschlechtert, sind die Kommunen angehalten, die Regelungen zu verschärfen.
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