Engagement
Mörteln und mauern dahoam

Wie man Theorie und Praxis unter den „Corona-Hut“ bringen kann, zeigt ein findiger Berufsschullehrer in Furth im Wald auf.

22.04.2021 | Stand 16.09.2023, 3:14 Uhr
Johann Gruber
Mauerbau: Berufsschulaußenstellenleiter Hans Altmann (rechts) und Fachlehrer Franz Reimer präsentieren nicht ohne Stolz Beispiele von Arbeiten, die ihre Schützlinge außerhalb der Schule angefertigt haben. −Foto: Johann Gruber

Zurzeit besuchen insgesamt 370 junge Menschen den Berufsschulunterricht im Kompetenzzentrum Bautechnik/Holztechnik – dazu zählen Maurer, Hochbaufacharbeiter, Zimmerer, Ausbaufacharbeiter/Schreiner, Holzmechaniker – in der Berufsschulaußenstelle Furth im Wald der Staatlichen Berufsschule Cham. Seit der Überschreitung der Sieben-Tage-Inzidenz von 100 im Landkreis Cham hat, ausgenommen von den Abschlussklassen, Distanzunterricht zu erfolgen.

Abschlussklassen sind aber nicht nur die 12. Klassen, bei denen die Gesellenprüfungen anstehen. Weil nach bestandenem Berufsgrundschuljahr die Berufsschulpflicht als erfüllt gilt, zählen auch die 10. Klassen zu den Abschlussklassen, so dass die 130 Schülerinnen und Schüler in den 11. Klassen – 104 in der Bautechnik, 26 in der Holztechnik – ausschließlich im Distanzunterricht zu beschulen sind, erklärte Schulleiter Hans Altmann dem Bayerwald-Echo.

Aber auch bei den Abschlussklassen darf Präsenzunterricht in der Schule nur dann stattfinden, wenn im Unterricht ein Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden kann. Aufgrund der Klassenstärken ist deshalb in der Further Berufsschule nur Wechselunterricht möglich, für den die Klassen geteilt werden müssen. Das bedeutet: Für die jeweils eine Hälfte einer Klasse ist zum Beispiel am Montag und Dienstag Präsenzunterricht und für die andere Hälfte gleichzeitig Distanzunterricht. Am Mittwoch und Donnerstag wird gewechselt und am Freitag haben alle Distanzunterricht.

Praktisches Arbeiten wichtig

In den Tagen mit Präsenzunterricht liegt der Schwerpunkt insbesondere auf den praktischen Unterweisungen und beim praktischen Arbeiten, das durch die Coronaeinschränkungen oft hintangestellt werden musste. Für die angehenden Handwerker ist das aber natürlich besonders wichtig, nicht zuletzt, weil das Further Berufsschulkompetenzzentrum mit allen einschlägigen Werkzeugen und modernsten Maschinen ausgestattet ist. Neuerdings verfügt man in der Drachenstichstadt sogar über die erste Bauhalle mit Portalkran an einer Berufsschule in Bayern. Weil die Zeit in der Berufsschule für die praktischen Arbeiten sehr knapp bemessen ist, wird zusätzlich zum Praxisunterricht der Berufsschule an den Präsenztagen auch in der Zeit des Distanzunterrichts praktisches Arbeiten ermöglicht. Dazu werden die Planvorgaben für Werkstücke oder zu errichtende Mauern online in MS Teams eingestellt.

Zum „Home-Mauern“ stellt Fachlehrer Franz Reimer darüber hinaus mittels einer am Kranhaken angebrachte Videokamera zusätzlich noch eine Anleitung und Hilfestellung für den Mauerbau zur Verfügung. Das in der Schule vorhandene Stein- und Mörtelmaterial für das Mauern wird nach Terminvereinbarung zur Abholung vor dem Berufsschulgebäude bereitgestellt. So war Franz Reimer am Donnerstag vergangener Woche zum Beispiel ab halb drei Uhr nachmittags knapp fünfeinhalb Stunden ununterbrochen mit der getakteten Ausgabe von Bausteinen und Mörtelmaterial beschäftigt.

Materialausgabe in der Schule

Die Schüler haben die Wahl, das geforderte Mauerstück zu Hause oder im Betrieb vom Plan in die Wirklichkeit zu übertragen. Fürs „Arbeiten dahoam“ entschieden sich bisher mehr als 90 Prozent der Schüler. „Das System ‚Call & Collect‘ von Reimer dürfte insoweit ein Novum sein“, meint Schulleiter Altmann zu dessen aufwendiger Initiative. Die Bewertung der fertigen Mauerstücke kann der Lehrer anhand der an ihn übermittelten Fotos vom Mauerstück mit aufgelegtem Meterstab kontaktlos vornehmen. Das Engagement des Fachlehrers geht sogar so weit, dass er versucht, sich bei jedem Schüler einmal vor Ort ein Bild vom Produkt und der Produktionsstätte zu machen.

Die Berufsschüler im Zimmererhandwerk kommen zum Teil bis aus den Landkreisen Amberg-Sulzbach im Westen und Tirschenreuth im Norden der Oberpfalz. Nachdem anfänglich für den Präsenzunterricht doch einige Entschuldigungen eingegangen waren, hat zwischenzeitlich doch die Einsicht gesiegt, dass die gebotenen Möglichkeiten zum praktischen Arbeiten im eigenen Interesse unbedingt genutzt werden sollten. Seit 12. April 2021 dürfen nur Schüler am Präsenzunterricht beziehungsweise an den Präsenzphasen des Wechselunterrichts teilnehmen, die einen negativen Coronatest vorweisen können. Neben allen Lehrkräften absolvieren auch Roswitha und Werner Vogl, die jetzt im zweiten Jahr den Pausenkiosk in der Further Berufsschulaußenstelle gepachtet haben, zweimal wöchentlich einen Coronaschnelltest. „Wir nehmen das Testangebot, für das wir mit ausreichend Test-Kits ausgestattet sind, sehr ernst“, betont Schulleiter Altmann und fährt fort: „Die Schülerinnen und Schüler sind derzeit nur an zwei Tagen in der Woche in der Berufsschule, das heißt, dass sie jeden Tag getestet werden.“ Man tue alles erdenklich Mögliche, um den Azubis trotz Corona den Lehrstoff in Theorie und Praxis in hoher Qualität zu vermitteln. (fer)