Försterin informiert
Am Waldrand tobt das Leben

09.06.2022 | Stand 15.09.2023, 4:48 Uhr
Alois Dachs
An einem Mischwald bei Grafenwiesen ließen sich die Frauen von Revierförsterin Johanna Gierl über Pflanzen am Waldrand informieren. −Foto: Alois Dachs

Riesige Baumstämme machen den Wert eines Wirtschaftswaldes aus. Ökologisch viel wichtiger als der Wirtschaftswald ist aber der Lebensraum Waldrand, erklärten Revierförsterin Johanna Gierl und Praktikantin Lea Holzer beim jüngsten „Ausflug“ in der Reihe „Waldbegänge für Frauen“. Ziel war dabei ein 2002 von Anton Mühlbauer gepflanzter Mischwald mit großem Feldahornanteil bei Grafenwiesen.

Im Zuge der Neuanpflanzung hatte die Familie Mühlbauer auch einen gestuften Waldrand angelegt, der Heimat für viele Tiere und Pflanzen wurde. Die Teilnehmerinnen am Waldbegang sollten zunächst ihre Vorstellungen zu Papier bringen, wie ein idealer Waldrand aussehen und welche Gräser, Büsche, Sträucher und Bäume 2. Ordnung er enthalten sollte.

Von der Brennnessel bis zum Hollerbusch, von der Wildrose bis zum Feldahorn reichten dabei die Pflanzen in diesem Wald bei Grafenwiesen.

Ein Waldrand diene auch dazu, die Kraft von Stürmen zu bremsen, so die Revierleiterin, denn in einem reinen Hochwald schaffe der Wind schnell große Windwurfschneisen. Idealerweise sollte ein Waldrand gestuft und bis zu 20 Meter breit sein, ehe die großen Baumstämme kommen, erklärte Johanna Gierl.

Im Gegensatz zu einem reinen Fichtenbestand, in dem sich kaum andere Baumarten oder Begleitpflanzen entwickeln, biete ein gestufter Waldrand eine Vielfalt unterschiedlicher Pflanzen, die Nahrung, Unterschlupf und Nistmöglichkeiten für Tiere beinhalten.

Waldrand braucht Pflege

Es handle sich bei einem vielseitig bewachsenen Waldrand keineswegs nur um „Gestrüpp“, das keinen wirtschaftlichen Wert darstellt, machte die Försterin klar. Allein bei der Aufgabenstellung, einen idealen Waldrandbewuchs zu beschreiben, entwickelten die Teilnehmerinnen nicht nur viel Fantasie, sondern arbeiteten sich von der Beschreibung der kleinsten Gräser voran zu einfachen Heckenpflanzen, bis hin zu großen Büschen.

Bei der Begehung des Waldrandes machten die Teilnehmerinnen auch klar, dass es mit dem einfachen Anpflanzen nicht getan ist, denn vor allem die unterschiedlichen Buschformen beginnen sehr schnell auch zu wuchern, ringen mit Nachbarpflanzen um den besten Lebensraum und strecken ihre Zweige und Äste schnell in angrenzende Wiesen oder Felder aus.

Allein daraus wurde schon deutlich, dass der Waldrand einer regelmäßigen Pflege bedarf, auch wenn dadurch wenig oder gar kein Nutzholz anfällt.

Johanna Gierl erklärte an liegengelassenen Buschteilen, dass sie einen idealen Lebensraum für unzählige Tierarten bieten, vom kleinen Käfer bis zum Feldhasen, von Wildbienen bis zu Baummarder, Specht oder Eulenarten.

App „Flora incognita“ hilft

Einige Teilnehmerinnen beeindruckten nicht nur mit ihrem Wissen über Pflanzen, sie wussten sich auch zu helfen, wenn sie eine bestimmte Pflanze nicht identifizieren konnten: Die App „Flora incognita“ ist auf das Smartphone herunterzuladen und hilft zuverlässig, wenn eine „unbekannte“ Pflanze nicht zugeordnet werden kann.

Die Revierleiterin erklärte, dass die Bepflanzung des Waldrandes auch vom Ministerium gefördert wird. 2,50 Euro pro Pflanze gibt es als Zuschuss, mehr, als die Pflanze im Handel kostet.

Zu beachten ist, so die Reveirleiterin, dass nur Pflanzgut aus autochthoner Aufzucht ausgebracht werden darf, das in die Landschaft und zum Boden passt.