Heimat
Die Rocken-Stubn

Dr. Josef Eckl erinnerte an einen früher sehr geschätzten Werkstoff: den Flachs.

15.11.2021 | Stand 15.09.2023, 23:18 Uhr
Josef Graßl bedankt sich bei Dr. Josef Eckl (li.) für den besonderen Vortrag und bei Fanny Eberl, die das Flachsspinnen vom Rocken demonstrierte. −Foto: Olga Pritzl

In der Rocken-Stubn lautete das Motto des Monatsstammtisches der Waldvereinssektion Hohenwarth am Freitag im Apart-Hotel Grolik in Simpering. Vorsitzender Josef Graßl begrüßte viele Mitglieder und besonders Dr. Josef Eckl, ein langjähriges Mitglied der Sektion und Referent des Abends.

Die Rocken-Stubn war ab der Jahrhundertwende 1800 nicht nur ein liebgewonnener Brauch, sondern ein wichtiger Bestandteil des Dorflebens. Um was ging es eigentlich? Was ist der Rocken? Eckl klärte mit viel Hintergrundwissen auf. Es ging um den Flachs, eine heutzutage vergessene Pflanze, die Anfang des 19. Jahrhunderts neben Kartoffeln das wichtigste Anbauprodukt in der Landwirtschaft war. In dieser Zeit waren die Flachsfasern begehrt als Grundstoff für das damals allgegenwärtige Leinen. Leinsamen oder Leinöl kommen von der Blütenknospe der Flachspflanze, die auch unter Lein bekannt ist. Die Flachs-Stängel wurden gebrochen und gekämmt. Die langen Fasern wurden auf den Rocken gebunden, einen Stab, der stehend an einem Spinnrad befestigt war und von dort zu einem feinen Faden versponnen wurde. Das war im Normalfall eine Aufgabe der jungen Mädchen, die sich am Abend nach getaner Arbeit mit anderen Gleichgesinnten in der Rocken-Stubn trafen und die gekämmten Flachsfasern zu feinen Fäden verspannen. Erst wenn der eigene Schrank mit Leinen gefüllt war, galten die jungen Frauen als heiratsfähig, so Eckl weiter. Bei diesen Treffen ging es natürlich nicht immer todernst zu, wusste der Referent. Neben dem Tagesgeschehen wurden Geschichten erzählt. Lustiges und besonders die Waitz-Geschichten hatten es den Teilnehmern angetan. Weil der Aberglaube damals allerorten verbreitet war, taten Geschichten vom Tod, der sich ankündigt, oder von der wilden Jagd ihre Wirkung, wenn es auf den Nachhauseweg ging. Gerne gesellten sich die jungen Burschen zu den Mädchen in der Rocken-Stubn, und so mancher Kammerfensterl-Besuch dabei zustande gekommen sei, merkte der Referent mit einem Augenzwinkern an. Das war auch der Grund, warum die Rocken-Stubn zeitweise von Amts wegen sogar verboten wurden. Aus alten Aufzeichnungen nach den Worten Josef Eckls geht hervor, dass in den Jahren 1809/1810 fünf Zentner Flachs in Hohenwarth produziert wurden, in Haibühl acht und in Grafenwiesen zwölf. Nach dem Ersten Weltkrieg kam mit dem Import von Baumwolle und Merino-Wolle das Ende für Leinen und Flachs und damit auch das langsame Aus für die Rocken-Stubn. Ein wichtiger Bestandteil des Dorflebens verschwand – unwiederbringlich. Heute liegt Leinen wieder mehr im Trend, allerdings maschinenbe- und verarbeitet. Es ist wieder Grundstoff für Hemden und andere Bekleidungsstücke und für Haushaltsstoffe. (kjp)