MZ-Serie
Der Waidler schätzt die Kartoffel

Die Kartoffel ist gesund, lecker und im Anbau unproblematisch. Heute stellen wir drei „Oapfe“-Gerichte unserer Region vor.

18.09.2016 | Stand 16.09.2023, 6:48 Uhr
Isabell Dachs
Der Zwirl ist fertig und wird häufig mit Butter- oder „gstandner“ Milch gegessen. −Foto: Isabell Dachs

Einen Serienteil haben wir der Kartoffel bereits gewidmet. Da für die Waidler der „Oapfe“ das Grundnahrungsmittel schlechthin war, verdient er eine genauere Betrachtung, obwohl der Verbrauch an Speisekartoffeln in Deutschland seit dem zweiten Weltkrieg kontinuierlich zurückgeht. Beilagen wie Reis und Nudeln verdrängen die Knolle als Beilage zu anderen Gerichten immer mehr, weil deren Zubereitung nicht so aufwendig ist.

Rund 5000 Kartoffelsorten

Seit der Anbaupflicht durch den Deutschen Preußenkönig Friedrich des Großen und der Erkenntnis, dass die Kartoffel die Bevölkerung vor Hungersnöten bewahren kann, und sie auch mit den klimatischen Bedingungen und den oftmals steinigen und kargen Böden im Bayerischen Wald zurechtkommt, wurde sie auch bei uns angebaut.

Neben den üblichen und allseits bekannten Kartoffelrezepten wie Salzkartoffeln, Ritscheknödel oder Kartoffelsuppe hat es in unserer Region schon immer viele unterschiedliche Rezepte und Kartoffelgerichtvariationen gegeben. Drei davon stellen wir heute vor.

Der Zwirl, ein Klassiker

Wenn wir von den „Eapfegerichten“ sprechen, dann sollte allen voran der Zwirl oder Eapfesterz genannt werden. In manchen Gegenden heißt er auch Bröselschmarrn oder Bröselbart. Gelegentlich fällt auch der Ausdruck „Gurgelmarterer“, was vor allem dann zutrifft, wenn er recht resch und knusprig zubereitet wird.

Immer in Erinnerung bleiben wird mir persönlich der Besuch einer Verwandten aus München. Selbstverständlich wurde sie gebeten, zum Essen zu bleiben, auch wenn es an dem Tag „sched an Zwirl“ gab. Sie jedenfalls kannte ihn nicht und wollte ihn gerne einmal probieren. Dazu muss angemerkt werden, dass bei uns zu Hause Wert daraufgelegt wird, dass der Zwirl schön knusprig ist. „Do hod‘s owa houh biss‘s“, was heißen soll, dass wir bereits an ihrer Bisstechnik erkennen konnten, dass sie diesem „Armeleuteessen“ eher nichts abgewinnen konnte.

Alle Teile unserer Serie „Vergessene Rezepte: Genüsse aus Omas Küche“ finden Sie hier

Hier lesen Sie weitere Meldungen aus dem Landkreis Cham.

Aktuelle Nachrichten von mittelbayerische.de auch über WhatsApp. Hier anmelden:http://www.mittelbayerische.de/whatsapp

Für unseren Zwirl werden die vorwiegend festkochenden Kartoffeln „in der Montur“ (mit Schale) gekocht. Das passiert idealerweise am Vortag, weil die „Eapfe“ vor der Weiterverarbeitung erst auskühlen müssen. Auf der Arbeitsfläche etwas Mehl verteilen, die Kartoffeln schälen und sie anschließend mittels einer Kartoffelreibe auf das Mehl reiben. In Schichten immer wieder Mehl, Salz, Kümmel und Muskat darüber verteilen. Mit dem Muskat sollten sie eher sparsam umgehen. Zwar gilt die Muskatnuss in der Volksmedizin als Aphrodisiakum und Hypnotikum. In den üblicherweise als Gewürz genutzten Mengen ruft die Nuss aber keine erkennbaren Wirkungen hervor.

Der Teig muss bröseln

In einer Pfanne oder Reine wird nun Butterschmalz erhitzt und die Kartoffel-Brösel portionsweise dazugegeben und knusprig braun gebraten. Dabei aber immer nur so viel in die Pfanne geben, dass der Zwirl immer gut durchgemischt werden kann. Es ist darauf zu achten, dass die Brösel nicht zu groß werden und verklumpen.

Eine Käse ohne Käse

Zwirl wurde früher als eigenes Gericht gegessen, dazu a „gstand’ne Milch“ oder auch nur Milch oder Buttermilch getrunken. Manche machten auch Sauerkraut dazu. Wer es süß mag, der wird sich für die Beilage Apfelkompott entscheiden. Heute wird der Zwirl oft noch als Beilage zu Kassler, Schweinshaxe, oder Blut- und Leberwurst gereicht. Wer die Kartoffel lieber kalt genießt, für den ist der „Eapfekaas“ genau das Richtige.

Der Name führt etwas in die Irre, da die Speise keinen Käse enthält. Kartoffelkäse ist ein Brotaufstrich, der ursprünglich für die Erntehelfer bei der Kartoffelernte gefertigt wurde. Er besteht aus mehligen Kartoffeln, Rahm, Zwiebeln und Gewürzen. Dazu werden die gekochten und erkalteten Kartoffeln mit einer Gabel zerdrückt. Die Zwiebeln werden geschält, sehr fein geschnitten und zu den Kartoffeln gegeben. Dann die saure und süße Sahne dazugeben, alles verrühren und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Den fertigen „Kaas“ etwa zwei Stunden kalt stellen, damit er durchziehen kann. Am besten schmeckt er auf frischem Bauernbrot mit gehacktem Schnittlauch darüber.

Sterz in vielen Variationen

Dann kommt alles zusammen „in d’Rean“, sprich ins Backrohr, bis der Rahm schön eingedickt ist und die überstehenden Kartoffeln oben etwas braun werden. Vor dem Servieren noch dick mit klein gehacktem Schnittlauch bestreuen. Die rahmigen Kartoffel können als Beilage gegessen werden, sind aber auch für sich selbst ein Genuss. Sterz bezeichnet eine Zubereitungsart einfacher Gerichte in kleinbröckeliger Form aus Buchweizenmehl (Heidensterz), Maisgrieß (Türkensterz), Roggenmehl (Brennsterz), Weizengrieß (Grießsterz), Kartoffeln (Erdäpfelsterz) oder Bohnen (Bohnensterz), die in Bayern, Österreich, Kroatien und Slowenien verbreitet ist. Früher war der Sterz ein typisches „Armeleuteessen“.