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Hollerküchel sind eine süße Versuchung

Diesen Leckerbissen gibt es nur drei Wochen im Jahr – gerade jetzt. Aber der Holunder hat auch noch geheimnisvolle Kräfte.

12.06.2016 | Stand 16.09.2023, 6:43 Uhr
Und so landet die süße Versuchung auf dem Tisch. −Foto: Isabell Dachs

Heute kommen wir zu einer Speise, die wirklich etwas Besonderes ist, denn sie ist nur einmal im Jahr in einem Zeitraum von zwei bis drei Wochen verfügbar. Wir können sie nicht kaufen, sondern müssen darauf warten, bis uns die Natur den „Rohstoff“ liefert. Gerade jetzt sind sie verfügbar, die Blüten des Schwarzen Holunders. Daraus machen wir uns heute Hollerküchel, oder „Hoiakejchl“, wie sie bei uns heißen.

Corinna Stoiber von der Egern bei Weißenregen zeigt uns, wie sie diese Spezialität zubereitet. Als Apothekerin und Heilpraktikerin weiß sie auch um die Heilkräfte, die dem Holler zugeschrieben werden. Hauptanwendung der Holunderblüten ist ein Tee. Lauwarm getrunken mobilisiert er die körpereigenen Abwehrkräfte und soll Erkältung und Grippe vorbeugen.

Bei Albertus Magnus, dem deutschen Bischof und Gelehrten, ist zu lesen, dass die Rinde des Hollerbusches als Abführmittel wirksam sei, aber nur, wenn man sie von oben nach unten abschabe. In entgegengesetzter Richtung sei sie hingegen ein Brechmittel. Außerdem wirke Holunder auch krampflösend und blutreinigend. Aufgrund seiner vielen guten Eigenschaften sagt eine alte Bauernregel: „Vor dem Holler sollst Du den Hut ziehen“.

Die Wunderkraft des Holunders

Im Volksglauben ist der Holler auch der Sitz der Hausgeister, deshalb wachse er auch gerne an Mauern oder Steinen, denn die Geister brauchen etwas zum Anlehnen, so Stoiber. In heidnischen Zeiten wurde in unseren Breiten die Göttin der Fruchtbarkeit und Gesunderhaltung von Mensch und Vieh mit Namen Holda oder auch Holla besonders verehrt.

Der unangenehme Geruch des Laubes

Früher stand unter dem Hollerbusch auch oft ein Hausbankerl, was dann als „Platz der Liebenden“ genutzt wurde. Die einfache Erklärung dafür ist der Geruch des Hollers, der Fliegen und Mücken fernhält, und man somit ungestört turteln konnte. Die insektenabwehrende Wirkung war auch der Grund dafür, dass der Hollunder oft an Stallgebäuden gepflanzt wurde. Einer Legende nach soll der unangenehme Geruch des Laubes daher kommen, dass sich Judas an einem Holunderbaum erhängt hat.

Beim Ernten der Blütendolden ist darauf zu achten, dass sie nicht von Läusen befallen sind und voll in der Blüte stehen. Wir benötigen heute zwölf bis 15 dieser Dolden, die nicht gewaschen, sondern lediglich etwas abgeschüttelt werden sollten. Beschädigte oder angefressene Blüten werden sorgfältig entfernt.

So macht man Hollerküchel

Corinna Stoiber verwendet für ihre Hollerküchel einen Backteig, wofür sie das Mehl in eine Schüssel siebt. Die Eier werden getrennt und das Eigelb zusammen mit dem (Raps)öl, dem Salz, der Zitronenschale und dem Vanillezucker in das Mehl gegeben und kurz zu einem dickflüssigen, glatten Teig verrührt. Den Vanillezucker stellt sie selbst her, indem sie in ein Glas mit raffiniertem Zucker Vanilleschoten und die Schale von Bio-Zitronen gibt.

Die Triebkraft der Eier reiche für den Teig völlig aus, erklärt Stoiber, eine Zugabe von Backpulver sei somit nicht notwendig. Der Teig solle auch nicht länger als nötig gerührt werden, da er sonst beim Backen zäh wird. Danach lässt sie den Teig bei Zimmertemperatur etwa eine Stunde ruhen. Dann wird das Eiweiß steif geschlagen und unter den Teig gezogen.

In der Zwischenzeit hat sie Butterschmalz in einem Topf erhitzt, das gebe einen guten Geschmack. „Die Hollerküchel sind saisonbedingt ein kleiner Leckerbissen, das kann man sich das Butterschmalz einmal im Jahr schon erlauben“, meint die Gesundheitsexpertin augenzwinkernd.

Und dazu ein Glas Holler-Sekt

Jetzt werden die Hollerblüten am Stiel gefasst und in den Backteig getaucht. Sie lässt den Teig ganz kurz abtropfen, gibt die Dolden dann ins Fett und lässt sie goldbraun ausbacken. Dann schneidet sie den Stiel mit einer Schere ab und wendet die Dolden einmal im Fett, damit sie auch auf der anderen Seite braun werden.

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