Menschen
Ihr täglicher Kampf um Normalität

Susanne Augustin aus Bad Kötzting hat zwei Autoimmunkrankheiten. Jetzt organisiert sie ein Konzert, um Betroffenen zu helfen.

29.10.2016 | Stand 16.09.2023, 6:38 Uhr
Susanne Augustin ist trotz der Diagnose Morbus Crohn ein lebensfroher Mensch geblieben. −Foto: Augustin

Susanne Augustin betritt das Lokal mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Die langen, gewellten braunen Haare trägt sie offen. Man sieht ihr nicht an, dass sie vor drei Jahren fast ihre lange Mähne verloren hätte – an ihre beiden Krankheiten. Die 26-Jährige lächelt es einfach weg.

Dabei hätte sie allen Grund dazu, sich die Haare zu raufen und zu verzweifeln. Susanne Augustin ist krank. Sie leidet an Morbus Crohn und Arthritis. Zwei Autoimmunerkrankungen, die sie ihr ganzes Leben lang begleiten werden.

Vernunft statt Vorfreude

Vor zehn Jahren die Diagnose: Morbus Crohn. Eine unheilbare Krankheit, die in Schüben verläuft. Susannes Tage wechseln sich ab. Mal sind sie gut, dann wieder schlecht, und es heißt: Indienreise absagen — wie vor einigen Wochen. „Ich wollte eigentlich eine Freundin besuchen, aber meine Entzündungswerte sind plötzlich gestiegen.“ Ein Zeichen für einen Schub. Und ein Zeichen für die 26-Jährige, auf ihren Körper zu hören und die Notbremse zu ziehen: Eine Reise hätte sie in diesem Zustand nicht durchgestanden. „Dann muss man die Vernunft walten lassen — und nicht die Vorfreude.“

Susanne Augustin ist mit ihrer zwei Jahre jüngeren Schwester in Ramsried bei Bad Kötzting aufgewachsen. Sie liebt es, zu wandern und zu reisen – sofern es ihr Gesundheitszustand zulässt. Derzeit lebt sie in München, wo sie gerade dabei ist, ihr Masterstudium in Deutsch und Englisch abzuschließen.

Nebenbei organisiert Susanne ein Benefizkonzert, um Spenden für die Forschung zu sammeln. Wie sie das alles schafft? Mit einer positiven Einstellung zum Leben, die sie sich hart erarbeitet hat.

Schockdiagnose Morbus Crohn

Drei Jahre hat es gedauert, bis die Ärzte die Ursache für Susannes Symptome — Durchfall, Erbrechen, Abgeschlagenheit, Abmagerung — gefunden hatten. Drei lange Jahre, in denen ihr unter anderem der Blinddarm entfernt wurde – ohne Erfolg. Die Diagnose Morbus Crohn war ein harter Schlag für die damals 18-Jährige.

„Ich hatte noch nie von der Krankheit gehört. Und dann erfährst du plötzlich, dass du ein Leben lang starke Medikamente nehmen musst.“ Aber da war auch Erleichterung: „Ich hatte mir meine Bauchschmerzen nicht eingebildet. Und das Wichtigste: Die Krankheit ist behandelbar.“

Damit fingen die Ärzte auch sofort an. Doch die richtige Medikation zu finden, dauerte fast noch mal zwei Jahre. Eine Zeit, in der die Studentin mit vielen Nebenwirkungen leben musste: Fieber, allergische Schocks, Haarausfall. Doch die Medikamente halfen: Fast vier Jahre hatte sie keine Beschwerden. Bis völlig unerwartet der nächste Schub kommt – und Susanne wieder aus der Bahn wirft.

Einfach so ins Restaurant? Unmöglich

Sie kann das Haus nicht verlassen, liegt tagelang im Bett, muss Freunden absagen. „Es ist schwer, dass du als Mensch funktionierst in solchen Phasen.“ Ihre Lebensplanung, ihr Alltag ist stark eingeschränkt. Einfach mal ins Restaurant um die Ecke gehen? Fast unmöglich für die 26-Jährige. Mit ihren Krankheiten – seit etwa einem Jahr leidet sie auch an Arthritis – kamen die Lebensmittelunverträglichkeiten.

Der Verzicht hält Crohn stabil, sagt Susanne. Leicht ist das nicht. Viele Bedienungen würden genervt reagieren, wenn sie wissen will, was genau in der Soße ist. „Das kann einem schon mal den Abend versauen.“

„Positiv bleiben“

Was sie am liebsten isst? Reis mit Gemüse –alles selbst gekocht, versteht sich. Mittlerweile hat sich die junge Frau mit ihren Krankheiten abgefunden. „Man muss positiv bleiben!“ Sie will jetzt auch anderen Betroffenen helfen, indem sie die Krankheiten bekannter macht. Und sie will Gelder für die Ursachenforschung sammeln.

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