Ultratrail
Durch die Hölle und auf Wolke sieben

Martin Mühlbauer und Jochen Maurer vom Gamsbockteam erlebten beim U. Trail Lamer Winkel emotionale Höhen und Tiefen.

01.06.2016 | Stand 16.09.2023, 6:44 Uhr
Armin Duschner aus Furth feiert seinen siebten Platz. −Foto: Felgenhauer

Der zweite U. Trail Lamer Winkel ist Geschichte undmit Matthias Dippacher hat der Bayerwald einen neuen König. Neben diesem Topläufer aus dem Team Dynafit kämpften auch zahlreiche bekannte Namen aus der deutschen Trailrunningszene um die Krone beim U.TLW. Der Vorjahressieger Matthias Baur und sein Teamkollege und letztjährige Zweitplatzierte Lukas Sörgel (beide Team Salomon) waren am Start, wie auch Benni Bublak, Matthias Krah oder der mehrmalige Ironmansieger Stefan Holzner.

Zehn Prozent waren Einheimische

Neben Koller hatte dasTeam Gamsbockzwei weitere heiße Eisen im Feuer, denen eine Topplatzierung auf der großen Runde zuzutrauen war. Die Geschichten von Martin Mühlbauer und Jochen Maurer verdeutlichen, welche emotionalen Höhen und Tiefen man während dieses Laufes erlebt und wie nah doch Freud und Leid beieinander liegen. Beide sind in der Form ihres Lebens und hatten das Potenzial für eine Platzierung unter den ersten zehn der Gesamtwertung. Mühlbauer musste auf Rang sechs liegend bei Kilometer 35 verletzungsbedingt aussteigen, Jochen Maurer belegte in 5:41:39 einen sensationellen siebten Platz (3. M30).

Maurer sensationell Siebter

So erlebte Jochen Maurer seinen Lauf: „Bereits nach der Teilnahme bei der ersten Auflage des Trailevents, stand für mich fest, dass ich auf jeden Fall wieder an der Startlinie im Seepark Arrach stehen werde, nur diesmal etwas besser vorbereitet. Ich bin eigentlich ein Allroundsportler, der vom schnellen Skitourengehen über Mountainbiken bis zum Traillauf alles macht.

Der Fahrplan stand ab Januar

Ich befasse mich leidenschaftlich mit Trainingslehre und sportgerechter Ernährung und habe mir also einen groben Fahrplan ab Januar 2016 im Kopf zurechtgelegt. Dieser bestand anfangs aus Grundlagentraining mit vielen lockeren Kilometern mit ordentlich Höhenmetern. Richtung Frühjahr galt es, einen Tempoblock zu absolvieren. Die Tempoeinheiten bestanden meist aus Intervallen auf der Bahn und einem Tempodauerlauf, der im Umfang wöchentlich gesteigert wurde. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass so eine intensive und langwierige Vorbereitung wie an einer Perlenschnur gezogen abläuft.

Sehen Sie hier unser Video vom U. Trail Lamer Winkel 2016:

Es ist ganz genau so, wie beim eigentlichen Wettkampf über 53 Kilometer und 2700 Höhenmeter. Höhen und Tiefen geben sich teilweise im Minutentakt die Klinke in die Hand. Man wird von Emotionen und Zweifeln übermannt, die einer Achterbahnfahrt gleichen. Doch die Momente, wenn es dann einfach „läuft“ und man wirklich eins ist mit der Natur, sind mit nichts auf der Welt vergleichbar.

Dennoch war ich froh, als ich am Samstag in Arrach am Seepark endlich in die bekannten und erwartungsvollen Gesichter blicken konnte, die zwar genau wussten, welche Strapazen auf sie zukommen würden, sich jedoch in Sicherheit wiegen konnten, dass dieser Event wieder einmal einfach perfekte Rahmenbedingungen bieten würde und man jederzeit einfach nur gut aufgehoben ist.

„Man wird von Emotionen und Zweifeln übermannt, die einer Achterbahnfahrt gleichen.“Jochen Maurer

Das Rennen – ja, es war hart

Über das Rennen selbst will ich nicht viel sagen. Ja, es war hart. Ja, es war eine krampfgeplagte Hitzeschlacht. Und ja, ich habe mindestens 1000 Mal ans Aufgeben gedacht. Doch jedes Mal, wenn so ein Gedanke aufkam, war entweder eine Verpflegungsstation da, die mit Köstlichkeiten aufwartete, die man im Urlaub am Fünf-Sterne-Buffet nicht findet. Oder man blickt in die stets freundlichen und gut gelaunten Augen der vielen Helfer, die mit ihrem genialen Einsatz so eine Veranstaltung erst möglich machen.

Sehen Sie hier eine Bildergalerie vom Zieleinlauf beim U. Trail Lamer Winkel:

Diese Bilderstrecke ist leider nicht mehr verfügbar.

Und wenn das dann Richtung Osser alles nicht mehr hilft, dann denkt man an den gänsehautüberladenen Zieleinlauf auf den Lamer Marktplatz, an dessen Ende dann Maria Koller, Max und Wolfgang Hochholzer, Markus Mingo und Johannes Schmid stehen und einen mit einem breiten Grinsen in Empfang nehmen. Es ist einfach ein unvergessliches Erlebnis, unsere wunderschöne Natur mit einem solch grandiosen Sportevent zu verbinden.“

Ein Skifahrer kann auch laufen

Endlich war er da, der Tag X. Endlich 0800 am Seepark. Geiles Wetter und dieses unglaubliche Gefühl, das jeder Sportler kennt, wenn er am Start steht. Endlich hörte ich den Böllerschuss und startete los. Meine Taktik war klar. Erst abwarten und nicht das ganze Pulver bis zum Eck verschießen. Dort herrschte Volksfeststimmung. Man muss sich schon beherrschen, hier nicht einen Sprint einzulegen. Ich fühlte mich pudelwohl mit meinem Tempo und konnte am Mühlriegel noch ein bisschen zulegen. So oft bin ich am Goldsteig entlanggelaufen, aber bei diesem Wetter war es wieder ein Genuss. Die Zeit verging wie im Fluge, schon stand ich am Arber-Gipfel.

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Ich wusste, dass am Brennes meine Frau Evi, meine Eltern, die ganze Familie auf mich wartete. Das beflügelte mich nochmals beim Downhill. Dieses Gefühl zu beschreiben, wenn man runter kommt und die Familie wartet, ist schwer zu beschreiben. Einfach geil. Kurz aufgetankt, schon ging es Richtung Ebensäge.

Martin Mühlbauers falscher Schritt

Auf dem Weg dorthin ereilte mich ein Schicksal, das ich einfach nicht glauben konnte. Es war nur ein falscher Schritt, schon war es passiert – Muskelfaserriss. Nur noch schleppend kam ich voran. Die letzten Meter waren eine Qual, nicht körperlich, sondern mein Kopf war voller Enttäuschung. Auf der Scheibe stand zum Glück der Arzt, der mich sofort untersuchte. Wir wussten beide – weiterlaufen macht keinen Sinn.

„Dieses Gefühl zu beschreiben, wenn man runter kommt und die Familie wartet, ist schwer zu beschreiben. Einfach geil.“Martin Mühlbauer

Selber schuld, das Training war ein schmaler Grat – Hop oder Top. Für mich ging bis dahin alles gut auf. Doch mein Körper flehte nach einer Pause und hat die Schlussfolgerung daraus gezogen. Was bleibt ist die Erkenntnis, fast alles richtig gemacht zu haben. Wie sagte mein Bruder: Vom Mond aus betrachtet wirkt des Ganze ned so schlimm. Recht hat er!“ (cgm)

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