700-jährige Geschichte
Ein Papst ernannte ersten Pfarrer von Lam

17.07.2022 | Stand 15.09.2023, 4:23 Uhr
Unter der Regie von Johann Baptist Eindorfer (1946 bis 1972) wurde 1951 der alte Pfarrstadl abgerissen.und dort eine Kegelbahn und ein Jugendheim errichtet. −Foto: Fotos: Maria Frisch

Aus der 700-jährigen Geschichte der Pfarrei Lam gibt es viel zu berichten. „Wir haben das große Glück, dass sich Gerd Paulus schon seit langer Zeit mit der Historie beschäftigt“, so Pfarrer Ambros Trummer beim Einführungsabend zum Jubiläum im voll besetzten Pfarrsaal. „Unser Jubiläum wird mit dem Patrozinium 2022 begonnen“, sagte der Priester.

„Die 700-Jahr-Feier ist ein großes Puzzle“, gab Gerd Paulus einen Einblick in die umfangreiche Vorbereitung. Die Verantwortlichen hatten sich um ein Logo mit Wiedererkennungswert bemüht, das bereits zwei Fahnen und ein Transparent schmückt. Außerdem wolle die Pfarrei eine Tafel mit den Pfarrern von Lam anbringen lassen. „Wir werden jetzt doch eine Festschrift herausbringen, die bis 22. Dezember erscheinen soll“, kündigte Paulus an. Dankesworte galten Alois Frisch und Andreas Roider für die Mitarbeit.

„Unsere Pfarrei ist wie ein Jahrhunderte gewachsener Baum mit vielen großen, kleinen, kurzen, langen, dünnen und dicken Wurzeln“, verglich Gerd Paulus. Die Blätter des Baumes versinnbildlichen den momentanen Bestand an Errungenschaften, angefangen von Musikgruppen über Wallfahrten, Kinderhaus, Seniorenresidenz, Filialkirchen, Kapellen, Berggottesdienste, Dritte-Welt-Laden, Friedhofskultur, Kleinkindergottesdienste bis zur Ministrantenarbeit.

Unterm Krummstab

Ab dem 12. Jahrhundert geschah eine langsame Besiedlung des Tals des Weißen Regens und auch die sukzessive Besiedlung über Ottenzell und Engelshütt. 1279 sei die erste urkundliche Erwähnung von Lam in der Urkunde über die Schenkung des Neubruchzehnten an die Äbte des Klosters Rott am Inn durch Bischof Heinrich II. von Regensburg. Bei der heutigen Kriegerkapelle stand der Überlieferung zufolge die erste Kirche, die später als Seelenkapelle mit Gebeinhaus, Lourdeskapelle sowie Unterrichtsraum genutzt wurde.

In der Neubruchkolonie wuchs die Zahl der Einwohner rasch. So wurde nach 43 Jahren, nämlich1322, die urprüngliche Ulrichkapelle von Bischof Nikolaus von Stachowitz zur Pfarrkirche erhoben. Eine besondere Rolle für Lam spielte Papst Gregor XI. Er ernannte Nikolaus Grafenwieser zum ersten Pfarrer von Lam. „Unterm Krummstab ist gut leben!“ bedeutete, dass es unter der Grundherrschaft der Klöster keine Leibeigenschaft gab. Von Anbeginn hatten die Äbte des Klosters darauf geachtet, dass jeder Bauer genügend Grund und Boden, vor allem auch Wald, besaß, um über ein gesichertes Auskommen zu verfügen. Daneben hatte jeder bäuerliche Untertan seinen Hof vom Kloster auf Erbrecht erhalten, also nach dem besten Lehensrecht seiner Zeit.

Erstaunlich war die „Selbstverwaltung“. Im Rat der acht Männer saßen erfahrene Standesgenossen mit entscheidender Mitsprache in rechtlichen und wirtschaftlichen Dingen. Kein Armer durfte willkürlich vor das Propst-Gericht genötigt werden. “Er musste auf dem Aigen, auf Klostergrund, nach der acht Männer Rat verhandelt, durfte zu keiner Veste oder Tafern außerhalb des Aigens verschleppt werden“, hieß es in den Statuten. „Wird jemand schuldig gesprochen, soll man ihm das Recht widerfahren lassen, und danach bessern nach Gnaden und nicht gar verderben, dass das Gut nicht baufällig werde“, zitierte Paulus. Dass bedeutete, dass die Leute nach Verfehlungen nicht ins Gefängnis mussten. „Er soll bei den Rechten bleiben. Das war für die damalige Zeit etwas Sensationelles“, schilderte Paulus. „Die armen Leut“ waren keiner Herrschaft Scharwerk schuldig. Das war ein nicht hoch genug einzuschätzendes Privileg .

Dann kamen die Hussitenkriege. In diesen Kriegszeiten wurden Kirche und Ort mehrmals geplündert und zerstört. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts brachte der Bergbau einen Aufschwung. Auf der ältesten bayerischen Grenzkarte 1514 ist Lam zu sehen. Der florierende Bergbau war sicher ein „Grundstock“ für das große Gotteshaus. 1699 brannte die Kirche und mit ihr ein großer Teil des Ortes nieder. Die Äbte des Klosters Rott sollen in verschiedener Hinsicht den Wiederaufbau unterstützt haben. Die Folgen des Spanischen Erbfolgekrieges stellten die Bevölkerung durch die Erhebung von Kriegssteuern etc. vor große Belastungen.

Von Pfarrer Christoph Portner erfahre man, dass die Kirche 1724 über drei Altäre verfügte. Das Bild „Maria lernt lesen“ sei glücklicherweise in der Thürnsteiner Kirche erhalten. Es war damals im Original über dem rechten Seitenaltar angebracht. Eine Einweihung der Kirche fand nicht statt, weil der Pfarrer wegen der vielen Schulden die Reisekosten des Bischofs nicht bezahlen konnte. Deshalb hat sich die Weihe 65 Jahre hinausgezogen.

Interessant sei auch das Ulrichsfenster mit den Initialen von Pfarrer Waizenböck. Das Bild wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gemacht, 100 Jahre nach dem Wirken von Waizenböck. Pfarrer Stefan Reinhold wirkte von 1803 bis 1847. Die Pfarrei Lam umfasste von 1809 bis 1909 die Gebiete von Lam, Lohberg, Haibühl, Arrach und Bayerisch Eisenstein. 1909 wurden Bayerisch Eisenstein und 1922 Haibühl und Lohberg eigenständige Pfarreien.

200 bis 300 Kinder gespeist

Von 1897 bis 1921 war Sebastian Holzner Pfarrer von Lam. Alte Familiengräber wandelten sich um 1900 zu Nischengräbern. Holzner hat die Erweiterung der Kirche in Angriff genommen. Die Westfassade erhielt eine Anpassung nach den schon seit Jahrzehnten gehegten Plänen. In Holzners Fußstapfen trat Pfarrer Penzkofer (1924 bis 1946). Bei der Kinderspeisung von 1927 bis 35 wurden täglich 200 bis 300 Kinder versorgt. Der Pfarrherr renovierte 1930 die Kirche und fügte ein neues Hochaltarbild ein, weil die Sonne die Kirchgänger blendete. „Dieses Bild ist das alte Altarbild von der Wallfahrtskirche St. Ulrich bei Deggendorf. Wie es das Bild nach Lam geschafft hat, ist nicht bekannt“, schilderte Paulus. 1936 wurde ein Leichenhaus gebaut.

Unter der Regie von Johann Baptist Eindorfer (1946 bis 1972) rissen die Freiwilligen 1951 den alten Pfarrstadl ab. Pfarrer Eindorfer ließ dort eine Kegelbahn und ein Jugendheim errichten. 1953 orderte man zwei neue Glocken. Die Pfarrei musste das Material dafür selber beschaffen.

Streit gab es um die Friedhofserweiterung im Pfarrgarten und heutigen Urnenfriedhof. Eindorfer wehrte sich vehement, seinen Pfarrgarten aufzugeben und konnte sich durchsetzen. Pfarrer Friedrich Artmann (1972-1983) hatte viel für die Jugend übrig. Unter seinem Nachfolger Pfarrer Wilhelm Zitterbart (1983 – 2000) ist die Seniorenarbeit aufgeblüht. Außerdem lag Zitterbart die Osserkapelle am Herzen.