Wissenschaft
Sie will ihren Körper spenden

Petra Kumpfmüller aus dem Kreis Cham ist von der Körperwelten-Ausstellung begeistert. Nach ihrem Tod wird sie ein Teil davon.

21.02.2018 | Stand 16.09.2023, 6:06 Uhr
Susanne Wolf

Petra Kumpfmüller, 49 Jahre alt, kommt aus Michelsneukirchen im Landkreis Cham und ist Körperspenderin. Foto: Wolf

Die seit Jahren umstrittene Ausstellung „Körperwelten & Der Zyklus des Lebens“ gastiert derzeit in Regensburg. Bei der Ausstellungseröffnung am Freitag ist Dr. Angelina Whalley, Kuratorin und Ehefrau von Anatom Gunther von Hagens, anwesend – und auch Petra Kumpfmüller. Die 49-Jährige kommt aus Michelsneukirchen im Landkreis Cham und ist Körperspenderin. Diese Entscheidung, ihren Körper nach ihrem Tod an das Institut für Plastination (IfP) in Heidelberg, das Dr. Whalley leitet, zu spenden, habe sie vor rund vier Jahren gefällt.

„Seit circa 15 Jahren verfolge ich die ,Körperwelten-Ausstellung – erst im Fernsehen und dann habe ich mir die Ausstellung in Augsburg angeschaut. Irgendwann ist dann der Zeitpunkt gekommen, wo man sich mit dem Tod ein bisschen mehr auseinandersetzt“, erzählt sie. „Meine erste Schwangerschaft war in der 22. Woche eine Fehlgeburt. Nach so einem Vorfall setzt man sich mit medizinischen Sachen und eben auch mit dem Tod auseinander.“

„Plastination ist Kunst“

Eine „normale“ Beerdigung sei für sie „nie in Frage gekommen“, sagt Kumpfmüller. „Ich bin auch Organspenderin. Das verträgt sich miteinander, also Organspender und Körperspender zu sein. Das war für mich sehr wichtig. Mit einer Beerdigung kann ich nichts anfangen. Ich brauche auch kein Grab“, begründet sie ihre Entscheidung. „Schlagartig war mir klar, dass ich das eine mit dem anderen verbinden möchte. Zudem trage ich etwas für Medizin und Kultur bei. Für mich ist die Plastination Kunst.“

„Ich brauche auch kein Grab“Petra Kumpfmüller

Selbst Körperspender zu werden, ist nicht schwer. „Bei uns muss man sich anmelden. Dann bekommt der Interessent eine ausführliche Infobroschüre mit zwei identischen Formularen“, erklärt Dr. Whalley. Diese füllt der potenzielle Körperspender aus. Das sind persönliche Angaben und einige Fragen, die beantwortet werden müssen. „Zum Beispiel, ob die Körperspende in einer öffentlichen Ausstellung verwendet werden darf. Das ist nicht selbstverständlich!“, berichtet sie. „Dies alles schickt er dann an unser Institut in Heidelberg. Der Körperspender wird dann in unserer Datenbank registriert und er bekommt eines der Formulare gegengezeichnet. Er bekommt einen Körperspendeausweis – ähnlich dem Organspendeausweis –, den er bei sich tragen sollte, damit wir im Fall seines Ablebens auch entsprechend informiert werden.“

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Körperspende als Vermächtnis

Zu empfehlen sei laut Dr. Whalley bei dieser Thematik, den Wunsch einer Körperspende mit seinen Angehörigen zu besprechen, da diese im Fall des Ablebens das Institut informieren müssen. Stellt sich die Frage, wie es sich rechtlich verhält, wenn die nächsten Angehörigen nicht begeistert von der Körperspende sind oder diese gar ablehnen. „Es ist so, dass in Deutschland das geltende Recht so ist, dass es sich ja um ein Vermächtnis handelt. Der letzte Wille des Verstorbenen hat Vorrang vor den Angehörigen“, weiß Dr. Whalley. „Aber wenn Angehörige so sehr dagegen sind, dass sie uns gar nicht informieren, dann können sie uns dadurch aushebeln. Daher sollte man das früh genug diskutieren!“

„Für mich ist die sterbliche Hülle halt wirklich sterblich.“Petra Kumpfmüller

Petra Kumpfmüller hat das schon lange mit ihrer Familie besprochen. „Meine Kinder sind noch keine Körperspender, stehen aber voll dahinter, obwohl sie anfangs skeptisch waren. Als sie noch jünger waren, konnten sie jedoch auch mit dem Verbrennen nichts anfangen. Mein Mann steht voll hinter mir. Er ist jetzt seit 14 Tagen auch Organ- und Körperspender“, freut sie sich sichtlich. „Für mich ist die sterbliche Hülle halt wirklich sterblich“, erklärt sie nüchtern. „Hier ist sie dann nicht mehr sterblich. Ja, sie wird im Prinzip fast unsterblich. Das war aber für mich kein ausschlaggebender Grund. Bevor ich verwese und verrotte, finde ich, dass man noch etwas Sinnvolles mit meinem Körper anstellen kann.“

Auch die Kuratorin ist Körperspenderin

Dr. Angelina Whalley und ihr Mann Gunther von Hagens werden selbst nach ihrem Ableben ihre Körper spenden. Von Hagens hat sogar den Wunsch geäußert, dass seine Frau und sein Sohn Rurik von Hagens ihn einmal plastinieren sollen – eine große emotionale Herausforderung, mag man meinen. „Wir kennen uns schon seit 30 Jahren. Das hat mir mein Mann bereits angetragen, als wir uns noch nicht lange kannten. Am Anfang fand ich diese Idee ganz schrecklich und dachte, dass ich das nicht könnte. Aber ich habe über die Zeit begriffen und gespürt, wie wichtig ihm das ist“, erzählt sie. Die beiden nehmen diesen Wunsch sogar mit einer Prise Humor: „Er hat gesagt, dass ich ihn nicht sofort angehen müsste und ihn erst einmal einfrieren könnte. Aber nach einem Jahr müsste ich dann doch schon Hand anlegen, weil er sonst Frostbrand bekäme“, erzählt sie schmunzelnd. „Er nimmt das mit Humor und großem Realismus. Für ihn ist die Plastination einfach sein Leben gewesen.“

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Auch ihr eigener Körper wird einmal plastiniert werden: „Ich bin seit vielen Jahren Körperspenderin, weil ich davon überzeugt bin, was wir tun. In der Ausstellung höre ich immer wieder von Besuchern, dass diese Aufklärung wichtig ist. Dafür stelle ich meinen Körper gerne zur Verfügung!“

Der Text ist eine Leseprobe aus der Sonntagszeitung, die die Mittelbayerische exklusiv für ePaper-Kunden auf den Markt gebracht hat. Ein Angebot für ein Testabo der Sonntagszeitung finden Sie in unserem Aboshop.

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