Tradition
Erinnerungen an die alte Heimat Neuern

Für die Teilnehmer des Treffens in Neukirchen gab es ein vielseitiges Programm.

23.05.2022 | Stand 15.09.2023, 5:00 Uhr
Helga Brandl
Zum Heimatabend begrüßte Stefan Guggenmos (4. v. li.) neben Zeitzeugen auch Christina Meinusch (li.), Jan Blažek von „Post Bellum“ (6. v. li.) und den Neukirchener Bürgermeister Markus Müller (re.) −Foto: Helga Brandl

Am Wochenende fand das Treffen der Heimatgemeinde der Stadt Neuern im Böhmerwald traditionell in Neukirchen statt. Das dreitägige Programm begann am Freitag mit dem Besuch der Neuerner Heimatsammlung im Neukirchener Rathaus. Am Nachmittag folgte eine Wanderung von Hofberg zum Neuerner Denkmal „Stangenruck“ mit Blick auf die ehemals böhmische Heimat. Der Freitagabend stand im Zeichen der Begegnung im Gasthof zur Linde. Am Samstag trafen sich die Teilnehmer nach einem Gottesdienst in Neuern zum Totengedenken unter dem 2021 renovierten Kreuz auf dem alten Friedhof, bevor sie zur Stadtführung mit Robert Böhm starteten und die Holub-Ausstellung im Neuerner Museum besuchten. Am Samstagabend begrüßte Vorsitzender Stefan Guggenmos im Gasthof zur Linde neben Bürgermeister Markus Müller auch 3. Bürgermeister Franz Altmann, ebenso die Heimatpflegerin der Sudetendeutschen in Bayern, Christina Meinusch, und Jan Blažek von „Post Bellum“ aus Prag. Müller freute sich, nach schwierigen Corona-Jahren heuer wieder mehr Teilnehmer aus ganz Bayern begrüßen zu können, darunter nicht nur ehemalige Bewohner Neuerns, sondern auch deren Kinder, Enkel und Urenkel. „Dass nach über 70 Jahren in Frieden und Freiheit nun wieder Krieg in Europa herrscht, konnte sich bis zum Februar wohl niemand vorstellen“, so Müller. „Niemand kann die aktuell in der Ukraine herrschende Not und das Leid besser ermessen wie Sie, die Sie selbst vor gut 75 Jahren aus Ihrer Heimat vertrieben wurden.“ Umso wichtiger sei ein gut nachbarschaftlicher Umgang über die Grenze hinweg. Den pflege man in Neukirchen im grenzüberschreitenden Gemeinde-Bündnis „Künisches Gebirge“ und in der Euregio Bayerischer Wald-Böhmerwald-Unterer Inn. Müllers Appell: „Zusammenkommen und reden, gerne auch gemeinsam einen trinken – aber niemals aufeinander schießen.“ Dann stellte sich die neue Heimatpflegerin der Sudetendeutschen, Christina Meinusch aus München, vor. „Ich bemühe mich, möglichst viele Heimatgemeinden persönlich vor Ort zu besuchen“, sagte sie und dankte für die Einladung und das interessante Programm, das in Neukirchen und in Neuern geboten wurde. Höhepunkt des Abends war der Dokumentarfilm „Das vertriebene Gedächtnis des Böhmerwaldes“, den Jan Blažek von der tschechischen Organisation „Post Bellum“ mitgebracht hatte. Der Streifen war vor drei Jahren im Neukirchener Rathaus gedreht worden. Zu Wort kommen Zeitzeugen aus dem bayerisch-böhmischen Grenzraum, die ihre Erinnerungen an die Zeit des Zweiten Weltkriegs in der damaligen Heimat im Sudetenland, an die Vertreibung und die Samtene Revolution zusammengetragen hatten. „Wir dokumentieren Geschichten, die in Vergessenheit geraten sind oder drohen, vergessen zu werden. Wir sagen es weiter, vor allem Schülern und Studenten“, führte Jan Blažek in den Film ein, der zwischenzeitlich oft in tschechischen Schulen gezeigt wurde und auch im Internet abgerufen werden kann. Aus Neukirchen b. Hl. Blut kommen in dem Film die Mitglieder der Heimatpfarrei Rothenbaum, Emil Baierl und Friedrich Reithmeier, sowie die zwischenzeitlich verstorbene Anna Fischer zu Wort. (kbr)