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Rechtsserie: Warum eine Bau-Abnahme so wichtig ist

25.09.2022 | Stand 15.09.2023, 3:32 Uhr
Die Abnahme sollte am Bau nicht stiefmütterlich behandelt werden, rät unser Experte. −Foto: dpa

In der Praxis ist dem Laien nicht bekannt, was eine Abnahme ist und welche gravierenden Folgen daran geknüpft sind. Dabei ist die Abnahme sowohl bei der Errichtung eines Hauses nach dem Gesetz erforderlich als auch bei einfachen Reparaturleistungen.



Die Abnahme hat nichts mit einer Diät zu tun. Sie ist ein Rechtsbegriff. Mit der Abnahme erhält der Auftraggeber die Gelegenheit, die Leistung daraufhin zu überprüfen, ob sie vertragsgemäß erbracht worden ist. Die Bestätigung des Auftraggebers, dass die Leistung des Handwerkers in Ordnung ist, nennt man Abnahme.

Daran sind viele Folgen geknüpft: Mit der Abnahme wird die Vergütung des Handwerkers fällig, er kann eine Schlussrechnung stellen. Mit der Abnahme geht die Gefahr des zufälligen Untergangs der Leistung auf den Auftraggeber über. Der Handwerker muss grundsätzlich unentgeltlich nochmals die Leistung erbringen, wenn seine Leistung durch Zufall, etwa Unwetterereignisse, beschädigt worden ist. Selbst Diebstahl von Baumaterial oder Gerät unterliegt nicht dem Begriff höhere Gewalt. Nur wenn der Auftraggeber eine Verantwortung daran trägt, muss er sich beteiligen. Hier sind besonders Versicherungen wichtig, wie zum Beispiel eine Bauleistungsversicherung, um derartige Risiken zu vermeiden.

Abnahme führt auch zu einer Beweislastumkehr

Die Abnahme führt auch zu einer Beweislastumkehr. Vor der Abnahme muss der Handwerker dem Auftraggeber im Streitfall nachweisen, dass seine Leistung ordnungsgemäß ist. Nach Abnahme muss der Auftraggeber dem Handwerker nachweisen, dass das Mangelsymptom, etwa ein Riss in der Wand, auf einen Ausführungsfehler des Unternehmers zurückzuführen ist, der vor Abnahme bereits bestanden hatte.

Wegen nachträglicher Beschädigungen kann der Handwerker nicht in Anspruch genommen werden. Hier gibt es häufig die Fehlvorstellung, dass Handwerker für jedes Problem bis zum Ablauf der Gewährleistung in der Haftung seien. Dem ist nicht so. Kann die Verantwortlichkeit nicht geklärt werden, wird nach Beweislast entschieden. Vor der Abnahme muss im Zweifel der Handwerker nochmals kostenlos leisten, nach Abnahme bleibt der Bauherr auf Kosten sitzen und muss eine Mängelbeseitigung selbst bezahlen.

Zahlreiche Rechtswirkungen mit Abwicklung verbunden

Die Abnahme ist auch der Beginn der Verjährung für die Gewährleistung, am Bau meist fünf Jahre ab Abnahme. Sofern ein Auftraggeber sich bekannte Mängel oder eine Vertragsstrafe für nicht rechtzeitige Fertigstellung nicht vorbehält, gehen Rechte verloren. Mit der Abnahme sind also zahlreiche Rechtswirkungen verbunden. Es ist daher für beide Seiten von Bedeutung, den Abnahmezeitpunkt und das Ergebnis festzuhalten.

Dabei gibt es verschiedene Formen der Abnahme. Empfehlenswert ist stets eine „förmliche Abnahme“. Dies bedeutet eine Niederschrift, in der festgehalten wird, ob die Leistung mangelfrei ist. Für Laien ist empfehlenswert, sich dabei fachlichen Rates zu bedienen, sei es eines Architekten oder eines Sachverständigen. Empfehlenswert sind auch Fotos, um später den Zustand dokumentieren zu können.

Verzicht auf eine förmliche Abnahme führt zur Rechtsunsicherheit

Falls keine förmliche Abnahme durchgeführt wird, ist es auch möglich, ausdrücklich, z.B. mündlich, die Abnahme zu erklären. Häufig kommt es zu einer „stillschweigenden Abnahme“, das heißt Aufgrund des Verhaltens des Auftraggebers wird deutlich, dass er mit dem Handwerker zufrieden ist. Dies kann zum Beispiel die vorbehaltlose Zahlung einer Schlussrechnung sein. Im Ausnahmefall kann eine Abnahme aber auch fiktiv geschehen, d. h. ohne Willen des Auftraggebers.

Das Gesetz knüpft an bestimmte Ereignisse oder Handlungen als Rechtsfolge die Abnahme an. Dies ist etwa der Fall, wenn der Bauherr vom Handwerker unter Fristsetzung zur Abnahme aufgefordert wird, der Auftraggeber aber keine Mängel einwendet. Über diese Rechtsfolge muss der Verbraucher allerdings ausdrücklich aufgeklärt werden.

Fakt ist, dass der Verzicht auf eine förmliche Abnahme zur Rechtsunsicherheit führt. Häufig wird später darüber gestritten, ob eine Abnahme geschehen ist oder nicht. Es geht dann meist um die Frage, ob die Verjährungsfrist noch läuft. Wenn der Verjährungsbeginn schon nicht bekannt ist, besteht für beide Seiten Rechtsunsicherheit.