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„Gerdas Saatgut-Kisterl“ steht parat

Der OGV Rettenbach will mit seiner Aktion zum Erhalt von bewährten Blumen- und Gemüsesorten beitragen.

26.02.2021 | Stand 16.09.2023, 4:14 Uhr
Anton Feigl
In der Metzgerei Höcherl in Rettenbach steht das Saatgutkisterl, gefüllt mit allerlei Saatgut, bereit. −Foto: OGV Rettenbach

 „Nimm, was du brauchst ...“ – nach diesem Motto bietet der Obst- und Gartenbauverein Samen aus dem eigenen Garten kostenlos an. Mitglied, Gartenliebhaberin und „Tomatenkönigin“ des OGV (mehr als 100 verschiedene Sorten), Gerda Heubeck, sammelte Samen ohne Ende, verpackte sie in Tütchen und stellt sie mit Beschriftung kostenlos zur Verfügung. Jede/r kann nehmen, soviel er Bedarf hat.

In der Metzgerei Höcherl wurde dazu eine Saatgutkiste, gefüllt mit bewährtem Saatgut für Gemüse, Kräuter und Blumen, aufgestellt. Jeder darf sich davon nehmen und ist eingeladen, selber zu geben, soweit er Saatgut übrig hat. Dabei ist nicht der Tausch das Ziel, sondern die Freude am Anbau und Erhalt von eigenem, bewährtem Saatgut. Gemüsesorten aus dem Handel sind größtenteils patentiert und durchlaufen kostenaufwändige Zulassungsverfahren. Meist handelt es sich um Hybridsorten, die sich nicht weitervermehren lassen und damit praktisch kopiergeschützt sind. Während im Erwerbsgartenbau die Früchte gleichzeitig reifen sollen, schätzt man zu Hause eher Gemüsepflanzen, die sich über einen längeren Zeitraum immer wieder beernten lassen. Ungeachtet dessen wurde im EU-Parlament Anfang 2014 über ein Gesetz abgestimmt, das den freien Handel mit den verbliebenen, zumeist nicht zugelassenen, alten Regionalsorten sehr erschwert hätte. Dank einer europaweiten Protestwelle konnte dieses Vorhaben zumindest vorläufig gestoppt werden. Traditionelles, freies Saatgut wurde hingegen über viele Generationen hinweg in kleinbäuerlichen Strukturen erzeugt und durfte von jedermann beliebig vermehrt und verkauft werden. Alte Gemüsesorten, sofern sie das 20. Jahrhundert überlebt haben, sind deshalb allgemeines, schützenswertes Kulturgut. Züchtungskriterien waren z.B. guter Geschmack, Nutzungseigenschaften sowie Anpassung an regionales Klima und regionale Bodenverhältnisse. Mit „Gerdas Saatgut-Kisterl“ wird „Saatgut für jeden“ bereitgestellt. Es gibt die Möglichkeit, sein eigenes übrig gebliebenes Saatgut für andere zur Verfügung zu stellen oder sich selbst Saatgut für den Eigenbedarf herauszunehmen. Für diejenigen, die Saatgut bereitstellen möchten, liegen auch immer leere Briefumschläge vor Ort.

Welche Tütchen benutzt werden, ist aber egal, Hauptsache das Saatgut ist gut verpackt. Wichtig ist, auf das Saatgut den Namen und das Erntejahr zu schreiben, z.B. „Cocktailtomate Violet Jasper 2019 – dunkel gestreift“. Dass nur reines, samenfestes Saatgut, ohne gentechnische Veränderung, in die Tütchen der Saatgutkiste kommt, versteht sich von selbst.

Der Obst- und Gartenbauverein bedankt sich an dieser Stelle sehr herzlich bei Siegfried Höcherl junior für die Aufstellung des Saatgutkisterls in seinem Metzgerei-Verkaufsraum. Wegen Corona sei dies die einzige erfolgversprechende Möglichkeit, das Saatgut öffentlich zur Verfügung zu stellen. Öffnungszeiten: siehe unter www.rettenbacherhof.de. (rto)