Gastronomie
Wenn das Zuhause ein Hotel am See ist

Mit Camping startete Familie Schießl in Neubäu am See 1970, bevor daraus ein Hotel wurde. Viel hat sich seitdem verändert.

11.10.2018 | Stand 16.09.2023, 6:01 Uhr

Eine Postkarte aus den 70er Jahren – im Segelboot oben sitzt hier der heutige Hotelinhaber Anton Schießl. Einen Tennisplatz gab es auch noch.Foto: Schießl

Momentan scheint die Familie Schießl vom Schicksal getroffen zu sein – das „Geburtstagskind“ dieses Donnerstags, Seniorchefin Franziska Schießl, hat sich die Schulter gebrochen und weilt in der Reha, ihr Sohn Anton liegt dazu nach Herzinfarkt auf der Intensivstation in Regensburg. Auch ist das Hotelgeschäft rund um den Urlaub in Neubäu schwierig geworden. Doch unterkriegen lasse sich die Familie Schießl deshalb nicht, sagt Krista Schießl.

Das Ruhrgebiet erholte sich hier

Mit einem Campingplatz starteten Anton senior und Franziska Schießl 1970 als Pioniere des Tourismus in Neubäu am See. Sie lockten erste Wohnwagen- und Zelttouristen in den kleinen Ort im Vorwald. Das Geschäft „brummte“ – der Bayerische Wald war bundesweit Heimat für Erholungssuchende. Gäste aus dem Ruhrgebiet, aus Berlin oder auch Köln verwandelten das bis dahin beschauliche Neubäu zum lebendigen Ausflugsziel. Für Schießls war damit die Zeit reif, ein erstes „Bettenhaus“ zu bauen, das war Mitte der 70er Jahre.

Das Bettenhaus sei ausgelastet gewesen – 1979 wurde der Hotelbau daneben gesetzt, 1983 ein weiterer Hausteil angebaut. 1982 gab Familie Schießl den Campingplatz ab und konzentrierte sich auf den Hotelbetrieb. Der Ansturm sei so groß gewesen, dass man keine Bustouristen annehmen konnte, erinnert sich Krista Schießl. Als der Zustrom nach und nach zurückging, füllten Busurlauber die Lücke. „Heute kommt noch ein Bus, vom 23. Dezember bis 2. Januar“, sagt die Hotelchefin.

„Man kann davon leben“

Für den Familienbetrieb sei es heute schwieriger geworden – die Auslastung der 46 Zimmer mit 100 Betten ist auf etwa 30 Prozent gesunken. Die meisten Buchungen kommen heute übers Internet, vor allem sind das Einzelreisende von Firmen, die wegen der Industrie in Roding hierher kommen. Wer anreise, bleibe drei oder vier Tage.

Was noch gut gehe, sei das Restaurant mit Wildspezialitäten und bürgerlicher Küche. Sicher habe sie mit ihrem Mann überlegt, ob Investitionen etwa in Wellness-Angebote lohnend seien. Letztlich hätten sie sich dagegen entschieden – die Hürden und das Risiko seien zu groß gewesen. Die Dominanz der Urlauberregion Bayerischer Wald liege heute in Bodenmais oder in Lam. Und auch vor der Umgehung habe man sich gefürchtet – „doch wer uns finden will, der findet uns!“

Trotzdem sieht sie mit ihrer Familie optimistisch in die Zukunft: „Reich werden wir nicht. Aber man kann davon leben!“ Tochter Daniela, die als Küchenmeisterin mit ihrem Vater die Küche führt, und ihr Mann Dietmar stehen bereit für die Übernahme. Gefeiert wird der „Runde“ der Seniorchefin auch noch, da ist sich Krista Schießl sicher. Aber erst müssten die aktuellen Schicksalsschläge verdaut werden.

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