Geschichte
Schrazelloch wird ab 2020 geöffnet

Das historische Bodendenkmal bei der Rabmühle in Stamsried soll zu einem Besucher-Erdstall ausgebaut werden.

23.08.2018 | Stand 16.09.2023, 6:06 Uhr
Jakob Moro

Peter Hofbauer, Maria Keil, Birgit Symader, Josef Meier und Bürgermeister Bauer sind vor Ort. Foto: rjm

Der Erdstall bei der Rabmühle wird unter Federführung des Arbeitskreises für Erdstallforschung zu einem Besucher-Erdstall ausgebaut. Der Erdstall, ein geschütztes Bodendenkmal, ist in Privatbesitz der Familie Johann und Maria Keil beziehunsgweise des Hofnachfolgers Peter Hofbauer. Die Familie Keil kümmerte sich über Jahrzehnte fürsorglich um dieses einmalige Bodendenkmal, das im Fokus vieler Besucher, Urlauber und Schulklassen steht. Wie die Vorsitzende des Arbeitskreises Erdstallforschung, Birgit Symader, beim Pressetermin am vergangenen Dienstag erläuterte, sei der Erdstall zurzeit in einem schlechten Zustand, auch durch die vielen Besucher.

Arbeitskreis trägt Verantwortung

Durch eine Vereinbarung zwischen dem jetzigen Eigentümer und dem Arbeitskreis Erdstallforschung ging die Verantwortung für dieses Bodendenkmal auf den Arbeitskreis über. Bisher wäre der Eigentümer im Schadensfall und noch schlimmer bei einem Unglück alleine haftbar gewesen, so Symader. Bürgermeister Bauer begrüßte es, dass sich jetzt „Professionelle“ um das Bodendenkmal kümmern und dieses unter deren „Schutz gestellt“ wird. Als Erstes wird eine Schadenskartierung vorgenommen, 2019 soll das Bodendenkmal saniert werden. Führungen (nach vorhergehender Anmeldung) wird es voraussichtlich erst im Jahr 2020 geben, so Birgit Symader von der Erststallforschung, die im nahen Neukirchen-Balbini ein Erdstallforschungszentrum mit archäologischer Dokumentation aufbaut. Bis dahin (2020) sollen Mitglieder der örtlichen Feuerwehren zu Höhlenrettern ausgebildet werden,

Die Entdeckung des Erdstalls, im Volksmund Schrazellöcher bei der Rabmühle genannt: Am 20. Juli 1914, vor rund 100 Jahren, war der Besitzer der Rabmühle, Alois Keil, mit Ausbesserungsarbeiten in seinen Gebäuden beschäftigt. Den Sand, den er benötigte, grub er aus einem Hügel unmittelbar neben seinem Anwesen. In geringer Tiefe stieß er dabei auf einen senkrecht in die Erde verlaufenden Schacht. Die Schrazellöcher waren entdeckt. Die ersten Untersuchungen der Schrazelhöhlen an der Rabmühle unternahmen Felix Pentner, Chronist und Ehrenbürger Stamsrieds, Alois Keil und dessen Tochter. Sie wagten sich bei Kerzenschein bis etwa 25 Meter in den zwei Meter hohen und knapp ein Meter breiten Gang vor.

Am nächsten Tag, dann schon besser ausgerüstet, erkundete man weiter und stieß auf ein weit verzweigtes Gangsystem. Man fand 50 Zentimeter große Gangverbindungen und Durchgänge. Außerdem wurden ein ganzer und ein halber Mahlstein entdeckt. Beide hatten nur einen geringen Durchmesser und waren stark abgenutzt. Man glaubte, auch eine Feuerstelle gefunden zu haben. Gangwände und Decken waren zum Teil vom Rauch sehr stark geschwärzt. Endgültig konnten aber die Erkundungen nicht sein, denn der einbrechende Krieg ließ keine Zeit mehr. Erst viel später nach dem Zweiten Weltkrieg besann man sich wieder auf die Schrazelhöhlen. Sie stehen unter Denkmalschutz. Kurzbeschreibung des Erdstalls bei der Rabmühle: Der Eingangsschacht mit einer lichten Öffnung von etwa 90 Zentimeter hat eine Tiefe von 2,5 Meter. Von da aus führt ein etwa zwei Meter hoher und 1,5 Meter breiter in den Quarz getriebener Gang in nordwestliche Richtung. Vom Eingangsschacht aus gerechnet, etwa zehn Meter links, zweigt ein weiterer gleich hoher und breiter Gang in direkt westlicher Richtung ab, zu welchem man auf vier niedere Lehmstufen gelangt. Weiter hinter diesem Seitengang, der teilweise verschüttet ist, kommt man in einen größeren, fast kreisrunden Raum. In einer Entfernung von etwa 25 Meter vom Eingang, zweigt rechts in östlicher Richtung ein weiterer Gang in Höhe von zwei Metern und einer Breite von 1,5 Meter ab, der eine Länge von annähernd fünf Meter hat, und in einem Rondell endet, das Platz für drei bis vier Personen hat. Am Ende desselben befindet sich eine runde Vertiefung, rund 50 Zentimeter Durchmesser. Es wird vermutet, dass darunter noch ein weiterer Gang sich befindet oder dass hier der ursprüngliche Zugang zur Siedelung war.

Mahlstein gefunden

In diesem Seitengang, vom Haupteingang etwa 1,5 Meter entfernt, wurde ein ganzer und halber Mahlstein gefunden, beide von geringem Durchmesser, nicht dick und sehr abgenützt. An Wänden und Decken aller Gänge, die sorgfältig mit einer Lehmschicht überdeckt sind, sieht man deutlich die Pickelhiebe, wie sie durch die Anlage der Gänge verursacht worden sind. Links und rechts in den Gängen gibt es eine Reihe von Griff- und Tastnischen.

Der frühere Einstieg zu den Erdställen verwuchs in der Zeit, als die Erdställe während der Zeit des 1. und 2. Weltkrieges in Vergessenheit geriet, so dass dieses Gangstück nicht mehr betreten werden konnte. Dafür wurde der heutige Zugang geschaffen. Forscher befassten sich mit dem Erdstall, viel Material wurde gesammelt, viele Thesen erörtert, durchdiskutiert und wieder verworfen. Es bleibt das Gefühl, dass man vor jedem Schrazelloch heute noch genau so staunt und neugierig steht, wie der erschrockene Rabmüller, als er beim Sandgraben vor 100 Jahren vor ihm die Erde geöffnet hat.