MZ-Serie
Der Zirkus ist seine Medizin

Hans-Jürgen Moser ist Arzt von Beruf, doch seine Berufung ist die Manege: Auf Hausbesuch beim Direktor eines Mini-Zirkus

01.06.2018 | Stand 16.09.2023, 6:10 Uhr
Michael Gruber

Ein neuer Tag mit neuen Farben: In seinem Atelier in Chammünster bringt Dr. Hans-Jürgen Moser seine Ideen mit dem Pinsel auf Papier. Die Malerei ist nur eines von zahllosen Hobbys, denen der Arzt in seiner Freizeit nachgeht. Das Herzstück seiner Arbeit ist eine Miniaturanlage des Circus Krone im Maßstab 1:16. Doch die hat jetzt ein Reise in den Untergang angetreten. Foto: Gruber

Hereinspaziert, meine Damen und Herren, in den schillernde Welt von Clowns, Drahtseilartisten und gefährlichen Raubtieren! Ein Ort, wo die kühnsten Kindheitsträume war werden, weil es unter dem Zeltdach keine Altersbeschränkung gibt. Staunen sie über das Feuerwerk eines Lebenskünstlers, der das Publikum mit exotischen Hobbys erheitert, der die Medizin des Lachens seit Jahrzehnten praktiziert und in dessen Kosmos erlaubt ist, was Spaß macht und Tabus Hausverbot haben.

Manege frei für Dr. Hans-Jürgen Moser! Nur der Trommelwirbel fehlt, als uns der 71-jährige vor seinem Haus in Chammünster empfängt, um uns ein Einblick in das Leben des wohl schillerndsten Arztes im ganzen Landkreis zu geben. Seit bald 40 Jahren behandel Moser seine Patienten in seiner Praxis am Steinmarkt. Doch ist er den meisten nicht nur wegen seines Engagements im Arztkittel bekannt.

Vor 30 Millionen Jahren ...

Die Liste seiner Ehrenämter und Hobbys ist rekordverdächtig: Stadtrat, Kulturreferent, Schirmherr der Minstracher Feuerwehr. Leiter der keltischen Ausgrabungen am Lamberg, Chef des FC Chammünster, Maler und nicht zu vergessen: Schöpfer einer der größten Miniaturzirkusanlagen in ganz Deutschland. Erste Schwindelgefühle? Fangen wir von vorne an. Am besten im Bayerischen Wald, vor ungefähr 30 Millionen Jahren.

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Am Wochenende geht es für ihn rein in den Jeep und raus an die frische Luft. Im Gepäck hat er Pickel, Haken, im Mundwinkel seine Pfeife, aus der englische Tabak qualmt. Die Begeisterung fürs Urgestein hat er in frühen Jahren von seinem Großvater geerbt, der Chef eines Naturkundemuseums war. „Die Vorbereitung und die Wanderung durch die Natur macht am meisten Spaß“, sagt der Sammler, „ außerdem gibts nichts besseres wie mit einem Kreuzotterbiss zurückzukommen.“Biss musste auch er zeigen, als er nach dem Abitur in die Fußstapfen seines Vaters Hans Moser treten sollte, der am Steinmarkt eine Arztpraxis betrieb. Eigentlich wolle er Geologe werden, erinnert sich Moser, nur riet ihm ein Professor davon dringendst ab: „Der hat gesagt, in Deutschland gebe es pro Jahr ungefähr 200 Absolventen und einer wird gebraucht, der Rest geht in den Kongo oder sonst wo hin.“

Daraufhin suchte er sein Glück auf einen Gutshof nach Sünching mit 500 Tagewerk Holz, 20 Schleppern und 10 000 Legehennen, wo er nach einem Jahr seinen Abschluss als Landwirtschaftlicher Baumeister ablegte. Das sollte die Eintrittskarte zu einem Landwirtschaftsstudium bei München werden – eigentlich.

Der Zirkus mit dem Zirkus

Zehn auf 20 Meter misstsein detailgetreues Miniaturmodell des Circus Kroneim Maßstab 1:16, mitsamt 300 Wägen und Zirkustieren – sogar das Fleisch für die Löwen hat Moser in Handarbeit aus Knetmasse geformt. Sein Meisterwerk ging vor zwei Jahren auf Reise ins Badische: Die Anlage steht heute in einem Seerosengarten in Balingen, beherbergt von einer Dompteursfamilie aus dem Dunstkreis des echten Circus Krone. In sie hat Moser sein Modell im Jahr 2016 verschenkt. Sein Gedanke damals war es, einen würdigen Erben für diese Herzensangelegenheit zu finden.

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