Rechtsserie
Covid-Impfung: Am Arbeitsplatz Pflicht?

Unser Experte informiert rund um die Covid-19-Impfung am Arbeitsplatz. Rechtlich ist dieses Thema schwierig zu bewerten.

18.09.2021 | Stand 16.09.2023, 0:23 Uhr
Kann der Arbeitgeber eine Covid-19 Impfung verlangen? – „Arbeitsrechtlich ist dieses Thema nicht einfach zu bewerten“, sagt unser Experte. Hinsichtlich der rechtlichen Regelungen sei vieles in Bewegung. −Foto: Sina Schuldt/dpa

Die Covid-19-Impfungen sind noch in vollem Gang. Mittlerweile sind in Deutschland circa 60 Prozent vollständig geimpft. Nach Meinung der führenden Wissenschaftler ist die Impfung gegen Covid-19 die einzige Möglichkeit, diese Pandemie zu bezwingen. Doch es regen sich auch andere Stimmen. Es gibt keine Langzeiterfahrungen mit dem Impfstoff und vereinzelt hört man auch von negativen Folgen, die eine Impfung nach sich ziehen kann. Viele der noch nicht Geimpften fragen sich demnach, ob man sich impfen lassen soll oder nicht und ob im Hinblick auf die Arbeit hierzu eine Verpflichtung besteht. Arbeitsrechtlich ist dieses Thema nicht einfach zu bewerten.

Hat der Arbeitgeber ein Recht auf Auskunft, ob der Arbeitnehmer geimpft ist oder nicht? – Zunächst stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber überhaupt einen Anspruch auf Auskunft darauf hat, ob der Arbeitnehmer geimpft ist oder nicht. Ein derartiger Auskunftsanspruch ist derzeit nur im Ausnahmefall gegeben. Der Impfstatus ist eine höchstsensible personenbezogene Information, welche vom Arbeitgeber generell nicht erfragt werden darf. Wenn allerdings diese Information notwendig ist, um die Weiterverbreitung einer ansteckenden Krankheit zu unterbinden, kann im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes eine Rechtfertigung gesehen werden, welche die Frage nach dem Impfstatus erlaubt. Demnach kommt es hier auf die Arbeitsstelle und auf die Begründung des Auskunftsbegehrens im Einzelfall an.

Kann der Arbeitgeber eine Covid-19 Impfung verlangen?

Weiter stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber gar eine Covid-19-Impfung verlangen kann. Nach der derzeitigen Gesetzeslage kann der Arbeitgeber dies nicht. Eine Covid-19-Impfung ist eine höchstpersönliche medizinische Entscheidung jedes Einzelnen, welche nicht von dem Direktionsrecht des Arbeitgebers erfasst ist.

Das Direktionsrecht des Arbeitgebers ist das Recht, dass der Arbeitgeber generell im Rahmen des Arbeitsverhältnisses seinen Arbeitnehmern Anweisung erteilen kann, welche von diesen umgesetzt werden müssen. Das Direktionsrecht bezieht sich allerdings lediglich auf den Arbeitsbereich und hat seine Grenzen dort, wo der persönliche Bereich des Arbeitnehmers betroffen ist und dieser Bereich ein höheres Rechtsgut darstellt. Das persönliche Recht des Arbeitnehmers, sich impfen zu lassen oder nicht, gilt als Entscheidung über die körperliche Unversehrtheit als eines der höchsten Rechtsgüter und überwiegt damit generell die Arbeitsbelange, so dass derzeit eine Impfung nicht gefordert werden kann.

Dies kann sich jedoch ändern, wenn beispielsweise eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen gesetzlich verankert wird. Auch werden bereits Ausnahmen von dem Grundsatz diskutiert, wenn der Arbeitnehmer nur mit einer Covid-19 Impfung seine arbeitsvertraglichen Pflichten erfüllen kann. Hier bleiben weitere gesetzliche Regelungen abzuwarten.

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Autor: Rechtsanwalt Christoph Treml ist Partner der Kanzlei T & P Treml und Partner mbB aus Cham.Fachgebiet: Christoph Treml ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht sowie Bank- und Kapitalmarktrecht. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt in der Beratung zu arbeitsrechtlichen sowie insolvenzrechtlichen Fragestellungen.Kontakt: T & P Treml und Partner mbB, Rosenstraße 8, Cham, (0 99 71) 99 69 90, Mail cham@tp-partner.com , www.tp-partner.comUnsere Serie „Alles, was Recht ist“ haben wir im Jahr 2017 wieder aufleben lassen – mit altbekannten und einigen neuen Autoren. Sie erscheint immer samstags im Landkreis-Teil unserer Lokalzeitungen. In einer Woche – in der Ausgabe vom 25. September – schreibt Rechtsanwalt Georg Kuchenreuter seinen nächsten Beitrag. Es geht um das Thema: Droht ein Verfall von Urlaubsansprüchen?

Kann der Arbeitgeber gegenüber einem nicht geimpften Arbeitnehmer Maßnahme ergreifen?

Generell kann der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht deswegen kündigen oder abmahnen, weil sich der Arbeitnehmer nicht impfen lässt. Ausgenommen hiervon sind die genannten Ausnahmefälle. Der Arbeitgeber kann aber Schutzmaßnahmen dahingehend treffen, dass er z. B. räumliche Trennungen der Geimpften von den Ungeimpften durchführt oder sogar einzelne Versetzungen vornimmt. Der Arbeitgeber darf auch Anreize setzen, wie beispielsweise Prämien oder Ähnliches für Mitarbeiter, welche bereit sind, sich impfen zu lassen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass hinsichtlich der rechtlichen Regelungen derzeit vieles in Bewegung ist und sicherlich durch den Gesetzgeber noch weitere Regelungen erfolgen werden.