Rechtsserie
Kündigung kann zur Kostenfalle werden

Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht im Einvernehmen auseinander gehen, zieht sich das oft hin. Unser Experte hat Tipps.

23.07.2021 | Stand 16.09.2023, 1:36 Uhr
Georg Kuchenreuter
Das Bundesarbeitsgericht hat dem Arbeitgeber einen sogenannten Auskunftsanspruch zugesprochen. −Foto: Bernd Settnik/dpa

Wenn ein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigt – sei es aus verhaltensbedingten, personenbedingten oder betriebsbedingten Gründen –, muss er damit rechnen, dass der Arbeitnehmer dagegen Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erhebt. Kommt das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis, dass die Kündigung unzulässig war, besteht das Arbeitsverhältnis fort und der an sich gekündigte Arbeitnehmer muss vom Arbeitgeber weiterbeschäftigt werden.

Hier entsteht einerhebliches Kostenrisikofür den Arbeitgeber: Wenn die ordentliche Kündigungsfrist zum Beispiel drei Monate beträgt und der Arbeitgeber im Juni das Arbeitsverhältnis ordentlich kündigt, würde es zum 30. September enden. Wenn der Arbeitnehmer dagegen Kündigungsschutzklage erhebt, wozu er drei Wochen ab Zugang der Kündigung Zeit hat, kommt es zu einem Gerichtsverfahren vor dem Arbeitsgericht. Hier findet zunächst ein Gütetermin statt, der relativ schnell angesetzt wird. Dies kann dann durchaus noch vor Ablauf der Kündigungsfrist sein. Dort gibt es nur die Möglichkeit, sich zu einigen.

Pflicht, Lohn nachzuzahlen, ohne Arbeitsleistung erhalten zu haben

Kommt keine Einigung zustande, wird ein Kammertermin anberaumt, der häufig erst mehrere Monate später stattfindet. Wenn der Kammertermin vor dem Arbeitsgericht etwa erst im Dezember stattfindet und ein Urteil in erster Instanz fällt, mit dem Ergebnis, dass die Kündigung unwirksam war, muss der Arbeitgeber den Lohn für die Zeit ab Oktober nachzahlen, ohne dass er die Arbeitsleistung erhalten hat. Wenn Arbeitslosengeld gezahlt wurde, muss er diesen Teil des Lohnes an die Agentur erstatten.

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Georg Kuchenreuter ist Anwalt in der Chamer Kanzlei am Steinmarkt, Kuchenreuter, Dr. Stangl, Alt PartGmbB.Kuchenreuter ist Fachanwalt für Familienrecht und Arbeitsrecht sowie Mediator. Vertiefende Informationen finden sich auf der Homepage der Kanzlei.Kanzlei am Steinmarkt, 93413 Cham, Telefon (0 99 71)8 54 00, E-Mail info@kanzlei-am-steinmarkt.de, Internetadresse www.kanzlei-am-steinmarkt.deUnsere Serie „Alles, was Recht ist“ haben wir im Jahr 2017 wieder aufleben lassen – mit altbekannten und einigen neuen Autoren. Sie erscheint immer samstags im Landkreis-Teil. In einer Woche – in der Ausgabe vom 31. Juli – schreibt Rechtsanwalt Benedikt Kuchenreuter seinen nächsten Beitrag. Es geht um den Einsatz von sogenannten Dashcams, bei dem sich auch rechtliche Fragen stellen.

DasGesetz erlaubt eine Kürzungdieses sogenannten Annahmeverzugslohns nur, wenn der Arbeitnehmer in dieser Zeit entweder eine Vergütung aus einer anderen Tätigkeit tatsächlich erzielt (§ 11 Nr. 1 KSchG) oder er böswillig unterlassen hat, eine zumutbare Beschäftigung anzunehmen (§ 11 Nr. 2 KSchG). Beides konnte der Arbeitgeber bisher nur schwer beweisen.

Urteil stärkt nun die Möglichkeiten des Arbeitgebers

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat dem Arbeitgeber aber jetzt einen Auskunftsanspruch hierüber zugesprochen (BAG Urteil vom 27. Mai 2020, Az.: 5 AZR 387/19). Danach muss der Arbeitnehmer auf Verlangen Auskunft darüber erteilen, ob er in dieser Zeit eine Vergütung erzielt hat. Darüber hinausmuss er aber auch Auskunft darüber erteilenüber die ihm von der Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter unterbreiteten Vermittlungsvorschläge unter Nennung von Art der Tätigkeit, Arbeits-/Einsatzort und voraussichtlicher Vergütung.

Das BAG stützt diesen Anspruch auf Auskunft auf die arbeitsvertragliche Nebenpflicht des Arbeitnehmers nach Treu und Glauben (§ 242 BGB). Zwar muss der Arbeitgeber beweisen, dass dem Arbeitnehmer die Aufnahme einer anderweitigen Tätigkeit auch zumutbar gewesen wäre, sonst liegt ja kein böswilliges Unterlassen vor.

Empfehlung: Regelmäßig Auskünfte anfordern

Nach § 12 KSchG hat der Arbeitnehmer ein Wahlrecht: Wenn er ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen ist und seine Kündigungsschutzklage Erfolg hat, so kann er innerhalb einer Woche nach Rechtskraft des Urteils durch Erklärung gegenüber dem alten Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei diesem verweigern. Wenn er davon Gebrauch macht, ist ihm der entgangene Verdienst nur für die Zeit zwischen der Entlassung und dem Tag des Eintritts in das neue Arbeitsverhältnis zu gewähren.

Dem Arbeitgeber ist im Kündigungsschutzprozess daher zu empfehlen, gekündigte Arbeitnehmer nach Ablauf der Kündigungsfrist in regelmäßigen Abständen zur Auskunft über anderweitig erzielten Erwerbslohn und erfolgte Vermittlungsversuche der Agentur für Arbeit aufzufordern. Dieser Auskunftsanspruch kann ein wirksames Mittel bei Vergleichsverhandlungen sein.