Rechtsberatung
Preisexplosion am Bau: Was ist rechtens?

Kostensteigerungen setzen Unternehmer bei der Einhaltung der Angebotspreise unter Druck. Worauf Kunden jetzt achten sollten.

06.06.2022 | Stand 15.09.2023, 5:02 Uhr
Marius Treml
Insbesondere im Bausektor werden aktuell des Öfteren sogenannte individuelle Preisgleitklauseln vereinbart. Damit wird festgehalten, dass der Unternehmer eine Preissteigerung an den Kunden – unabhängig von einer Liefer- bzw. Ausführungsfrist – weitergeben kann, wenn einzelne Materialien im Preis steigen, weiß unser Experte. −Foto: Julian Stratenschulte/Julian Stratenschulte/dpa

Die aktuelle Lage – insbesondere im Bausektor – führt des Öfteren zu starken und besonders rasanten Preissteigerungen auf dem Markt. Inwieweit diese an den Endkunden weitergegeben werden können, wird aktuell vermehrt diskutiert. Bei neu abzuschließenden Verträgen bleibt es natürlich dem Unternehmer vorbehalten, zu entscheiden, zu welchem Preis er einen entsprechenden Vertrag abschließen möchte. Interessanter ist die Frage dagegen bei bereits bestehenden Verträgen. Denn kombiniert mit aktuell geltenden langen Lieferzeiten handelt es sich um eine interessante Frage.

Angebotsbindung: Grundsätzlich ist nach dem Grundsatz „pacta sunt servanda“ davon auszugehen, dass einmal vereinbarte Verträge nicht mehr einseitig geändert werden können. Dies bedeutet, dass beispielsweise ein in einem Angebot festgelegter Preis für beide Parteien bindend ist. Auch dann, wenn eine Auslieferung erst mehrere Monate später erfolgt, könnte eine Preissteigerung nicht an den Endkunden weitergegeben werden. Der Unternehmer wäre an den Preis – auch wenn dieser unter seinem eigenen Einkaufspreis liegen würde – gebunden.

Die Ausnahmen und ihre Grenzen

Sonderbedingungen im „Kleingedruckten“: Ausnahmen von diesem Grundsatz sind durch das „Kleingedruckte“ (als die Allgemeinen Geschäftsbedingungen) möglich. Demnach stellt es sich so dar, dass bei Vereinbarung einer entsprechenden Klausel in den AGB eine Preiserhöhung umgesetzt werden könnte, wenn die Lieferung mehr als vier Monate nach Bestellung erfolgt. Preissteigerungsklauseln bei Lieferungen und Leistungen, die innerhalb der nächsten vier Monate erfolgen, wären dagegen gemäß § 309 Nr. 1 BGB unwirksam. Sofern der Unternehmer dann nachweisen kann, dass auch sein Einkaufspreis entsprechend gestiegen ist, könnte eine angemessene Preiserhöhung umgesetzt werden und an den Kunden weitergereicht werden.

Insbesondere im Bausektor werden aktuell des Öfteren sogenannte individuelle Preisgleitklauseln vereinbart. Damit wird festgehalten, dass der Unternehmer eine Preissteigerung an den Kunden – unabhängig von einer Liefer- bzw. Ausführungsfrist – weitergeben kann, wenn einzelne Materialien im Preis steigen. Die Preiserhöhung muss der Werkunternehmer sodann nachweisen und kann auf dieser Basis die Preissteigerung weitergeben.

Preisgleitklauseln: Herausforderung für Unternehmer und Kunden

Der Vorteil bei einer solchen Klausel ist darin zu sehen, dass der Werkunternehmer im ersten Schritt weiterhin einen reellen Preis anbieten kann, und nicht im Vorfeld schon etwaige zukünftige Preiserhöhungen einberechnen muss. Wichtig bei der Ausgestaltung einer solchen Klausel ist nur eine umfangreiche Transparenz. Bestenfalls sollte vor Vertragsabschluss schon geklärt sein, ab welcher absoluten Preissteigerung diese an den Kunden weitergegeben werden kann.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die aktuelle weltpolitische Lage sowohl Unternehmer als auch Kunden vor Herausforderungen stellt. Sofern kein Festpreis vereinbart werden kann, sind für eine faire Zusammenarbeit ausgeglichene Preisgleitklauseln sinnvoll, da auf der einen Seite zunächst ein marktüblicher Preis vereinbart werden kann, andererseits aber Preissteigerungen nur im Einzelfall und bei Nachweis weitergegeben werden können.