Chamer Experte erklärt
Rechtsserie: Aufgepasst, wer nebenbei kellnert oder Taxi fährt

30.10.2022 | Stand 15.09.2023, 3:05 Uhr
Georg Kuchenreuter
Wer nachts im Nebenjob kellnert oder Taxi fährt und dadurch am nächsten Tag im Hauptarbeitsverhältnis übermüdet ist, kann vom Arbeitgeber auf Unterlassung dieser Nebentätigkeit in Anspruch genommen werden. Er kann abgemahnt und gegebenenfalls auch gekündigt werden. −Foto: adobe stock

Erwerbstätige, die eine zweite Tätigkeit ausüben, haben seit 1990 stetig zugenommen; damals lag die Zweitjobquote bei zwei Prozent, 2019 bei 5,4 Prozent, das bedeutet, dass knapp 2,3 Millionen Personen in mindestens einem weiteren Arbeitsverhältnis gestanden haben. Bei Frauen hat diese Quote sogar von 1,6 Prozent auf 6,0 Prozent zugenommen.



Solche Nebentätigkeiten können im Rahmen einer geringfügigen Tätigkeit, aber auch im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung oder auch als selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden. Die Nebentätigkeit wird neben einer bestehenden Haupttätigkeit in zeitlich geringerem Umfang ausgeübt.

Lesen Sie hier:Wer ein Erbe annimmt, erbt auch die Schulden

Grundsätzlich muss jeder Arbeitnehmer während der vereinbarten Arbeitszeit die vereinbarte Arbeitsleistung erbringen. Außerhalb dieser Arbeitszeit ist der Arbeitnehmer frei darin, was er tut. Deshalb ist auch die Ausübung einer Nebentätigkeit, ob entgeltlich oder unentgeltlich, ob selbstständig oder unselbstständig, grundsätzlich zulässig. Wenn er allerdings eine Nebentätigkeit ausübt, muss er folgende Einschränkungen beachten: Die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes müssen insgesamt eingehalten werden, die Nebentätigkeit darf nicht im Wettbewerb zu dem Hauptarbeitgeber stehen, die Arbeitsleistung während der Haupttätigkeit darf durch die Nebentätigkeit nicht beeinträchtigt werden, etwa durch Übermüdung.

Dies gilt unabhängig davon, ob im Hauptarbeitsvertrag dazu nichts geregelt oder einzelvertraglich die Ausübung einer Nebentätigkeit ausgeschlossen ist. Für den Ausschluss einer Nebentätigkeit muss der Arbeitgeber nämlich ein berechtigtes Interesse haben. Ein berechtigtes Interesse an dem Ausschluss setzt voraus, dass die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers durch die Nebentätigkeit beeinträchtigt werden kann.

Wer also nachts im Nebenjob kellnert oder Taxi fährt und dadurch am nächsten Tag im Hauptarbeitsverhältnis übermüdet ist, kann vom Arbeitgeber auf Unterlassung dieser Nebentätigkeit in Anspruch genommen werden. Er kann abgemahnt und gegebenenfalls auch gekündigt werden.

Lesen Sie hier:Die Steuerhinterziehung und die Folgen

Wenn im Arbeitsvertrag einzelvertraglich geregelt ist, dass eine Nebentätigkeit dem Arbeitgeber angezeigt werden muss, so muss der Arbeitnehmer die Nebentätigkeit rechtzeitig vor Aufnahme dem Arbeitgeber mitteilen, damit dieser prüfen kann, ob das Hauptarbeitsverhältnis dadurch beeinträchtigt werden kann oder auch zum Beispiel eine Konkurrenztätigkeit vorliegt, die der Hauptarbeitgeber nicht hinnehmen muss.

Fordert der Arbeitgeber von dem Arbeitnehmer die Aufgabe einer zulässigen Nebentätigkeit, so kann der Arbeitnehmer die Zulässigkeit der Nebentätigkeit arbeitsgerichtlich durch eine Feststellungsklage überprüfen lassen.

Um Streitigkeiten zu vermeiden, sollte die Nebentätigkeit vom Arbeitnehmer dem Arbeitgeber immer schriftlich angezeigt werden. Zudem sollte sich der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber bestätigen lassen, dass die Nebentätigkeitsanzeige eingegangen ist und Einverständnis besteht. Kommt es während der Ausübung der Nebentätigkeit zu Beeinträchtigungen im Hauptarbeitsverhältnis, kann der Arbeitgeber die erteilte Zustimmung auch zurücknehmen und die Nebentätigkeit untersagen. Die Nebentätigkeit als Arbeitsverhältnis beinhaltet alle Rechte und Pflichten der Vertragsparteien und unterliegt der Sozialversicherung, der Steuerpflicht sowie den allgemeinen arbeitsrechtlichen Vorschriften und Grundsätzen. Wenn all das beachtet wird, ist die Nebentätigkeit problemlos möglich.