Arbeitsrecht
Urteil zum „Krankfeiern“ bei Kündigung

Der Arbeitgeber darf ein ärztliches Attest anzweifeln. Unser Experte informiert zum Thema Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.

30.01.2022 | Stand 15.09.2023, 21:40 Uhr
„Eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit ist nicht automatisch ein Garant für eine Lohnfortzahlung, insbesondere dann nicht, wenn diese z. B. genau den Zeitraum bis zum Ende der Kündigungsfrist umfasst“, informiert unser Experte. −Foto: Patrick Pleul/dpa

Es kann schon mal vorkommen, dass ein Arbeitnehmer krank wird. Bei einer Krankheit erhält der Arbeitnehmer vom Arzt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU). Diese ist für den Arbeitgeber bestimmt und soll die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit nachweisen. Der Arbeitnehmer erhält dann eine Lohnfortzahlung während der Krankheit. Die Lohnfortzahlung (Entgeltfortzahlung) im Krankheitsfall bedeutet, dass gesetzlich versicherte Arbeitnehmer bei Krankheit oder Arbeitsunfähigkeit vom Arbeitgeber weiterhin ihren vollen Lohn gemäß § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) erhalten.

Der Anspruch auf Lohnfortzahlung entsteht erst nach einer Wartezeit von vier Wochen. Dies bedeutet, dass das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mit dem Arbeitgeber seit mindestens vier Wochen ununterbrochen bestanden haben muss (§ 3 Abs. 3 EFZG). Weiter gilt, dass die Arbeitsunfähigkeit durch den Arbeitnehmer nicht selbst verschuldet sein darf. Wenn also der Arbeitnehmer selbst an seiner Krankheit oder Verletzung, z. B. durch Extremsportarten, schuld ist, kann er seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung verlieren.

Höchstbetrag für Krankengeld

Zweifel an der Krankheit des Arbeitnehmers: Manchmal ist jedoch auf Seiten des Arbeitgebers ein gewisser Zweifel an dem tatsächlichen Vorliegen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers gegeben. Es handelt sich hierbei dann um den Vorwurf der vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit.

Bundesarbeitsgericht stärkt Arbeitgeber

Generell ist der Arbeitnehmer zum Nachweis der Arbeitsunfähigkeit verpflichtet. Der Arbeitnehmer kann diesem Erfordernis durch Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachkommen. Der Arbeitgeber hat dann oft schlechte Karten, den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern. Nun hat aber ein neues Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 8. September 2021 – 5 AZR 149/21 – die Position des Arbeitgebers gestärkt.

Darum geht es bei der neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG): In dem Verfahren vor dem BAG ging es um eine Arbeitnehmerin, die genau für den Zeitraum vom Kündigungsausspruch bis zum Ende der Kündigungsfrist erkrankt war. Die Arbeitnehmerin hatte die von ihr behauptete Arbeitsunfähigkeit zunächst mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachgewiesen. Den Beweiswert dieser Bescheinigung kann der Arbeitgeber erschüttern, wenn er tatsächliche Umstände darlegt, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit geben. Gelingt dies, muss der Arbeitnehmer beweisen, dass er tatsächlich arbeitsunfähig war. Der Beweis kann dann z. B. durch Vernehmung des behandelnden Arztes erfolgen.

Begründung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht ging davon aus, dass die Koinzidenz zwischen der Kündigung vom 8. Februar zum 22. Februar 2019 und der am 8. Februar bis zum 22. Februar 2019 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit einen ernsthaften Zweifel an der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit begründete. Die Klägerin ist im Prozess ihrer Darlegungslast zum Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit nicht hinreichend nachgekommen. Die Klage wurde daher abgewiesen, und die Arbeitnehmerin hatte keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung.

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Rechtsanwalt Christoph Treml ist Partner der Kanzlei T & P Treml und Partner mbB aus Cham.Christoph Treml ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht sowie Bank- und Kapitalmarktrecht. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt in der Beratung zu arbeitsrechtlichen sowie insolvenzrechtlichen Fragestellungen.T & P Treml und Partner mbB, Rosenstraße 8, Cham, (0 99 71) 99 69 90, Mailcham@tp-partner.com,www.tp-partner.com

Eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit ist nicht automatisch ein Garant für eine Lohnfortzahlung, insbesondere dann nicht, wenn diese z. B. genau den Zeitraum bis zum Ende der Kündigungsfrist umfasst. Im Zweifels- oder Streitfall sollte man sich von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht über mögliche Ansprüche beraten lassen.