Rechtstipp
Was sich in der Bauordnung verändert hat

Die Gesetzesreform soll Bauen einfacher machen. Besonders beim Abstandsflächenrecht hat sich einiges getan.

15.08.2021 | Stand 16.09.2023, 1:09 Uhr
Andreas Stangl
Die neue Bauordnung soll das Bauen vereinfachen. −Foto: Sebastian Kahnert/picture alliance / Sebastian Kah

Die neue Bayerische Bauordnung (BayBO/2021), die seit 1. Februar gilt, soll eine Vereinfachung des Bauens sowie die Beschleunigung und Digitalisierung des Genehmigungsverfahrens erreichen. Sie enthält Erleichterungen bei Nutzungsänderungen und beim Ersatz von Bestandsgebäuden sowie das Genehmigungsfreistellungsverfahren bei Ausbauten des Dachgeschosses, Erleichterungen bei Rettungswegen und Gestattung des Baustoffes Holz bei allen Gebäudeklassen.

Besonders praxisrelevant ist die Neuordnung des Abstandsflächenrechts. Demnach haben Bauherren die Verpflichtung, vor den Außenwänden eines Gebäudes die „Abstandsfläche“ freizuhalten, die sich nach der Länge und Höhe dieser Wand richtet. Vereinfacht ausgedrückt wird die Wandfläche eines Gebäudes von der Senkrechten in die Waagerechte geklappt, wodurch die Länge und Tiefe des freizuhaltenden Bereichs ermittelt werden. Diese Tiefe bezeichnet man abgekürzt als 1H.

Änderung auch bei den Dachflächen

Die Tiefe der Abstandsfläche wird von bisher 1H auf 0,4H verkürzt, in Gewerbe- und Industriegebieten von 0,5H auf 0,2H. Dies bedeutet eine Reduzierung der Abstandsfläche auf 40 Prozent beziehungsweise 20 Prozent der Wandhöhe, was dichteres Bauen ermöglichen soll. Die Mindestabstandsflächentiefe von drei Metern bleibt allerdings bestehen.

Die Giebelfläche wird zu einem Wandteil und – wegen der Verkürzung der Tiefe gestaucht – schlicht umgeklappt. Abstandsflächen auf den Giebelseiten sind daher nicht mehr notwendig rechteckig, sondern entsprechen in ihrer Form der jeweiligen Giebelseite des Gebäudes.

Im Ergebnis sind grundsätzlich drei Meter Abstandsfläche einzuhalten, ansonsten hängt die Abstandsfläche davon ab, welche Höhe das Gebäude an Wand- und Giebelseite hat und welche Dachneigung vorhanden ist.

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Dr. Andreas Stangl ist Anwalt der Kanzlei am Steinmarkt Kuchenreuter, Dr. Stangl, Alt PartGmbB.Andreas Stangl ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie Miet- und WEG-Recht, außerdem Dozent bei der IHK und Fachbuchautor. Ende des Jahres erscheint sein Buch „Rechtssicher bauen und modernisieren“ beim Beck Verlag.Kanzlei am Steinmarkt Cham, (0 99 71) 8 54 00, E-Mailinfo@kanzlei-am-steinmarkt.de

Neuerung bei der Nachbarbeteiligung

Die Nachbarbeteiligung wird künftig vollständig in die Hände des Bauherrn verlagert. Die Neuregelung ändert nichts daran, dass die Unterschrift des Nachbarn als Zustimmung zum Bauverfahren gilt. Der Nachbar kann auch auf elektronischem Weg zustimmen.

Die Nachbarbeteiligung verfolgt neben der Information des Nachbarn den Zweck, dass der Bauherr bei Zustimmung des Nachbarn möglichst rasch eine bestandskräftige Baugenehmigung erhält. Die ordnungsgemäße Nachbarbeteiligung ist also im Eigeninteresse des Bauherrn. Art. 66 Abs. 1 Satz 2 der Bayerischen Bauordnung ordnet deshalb an, dass im Bauantrag anzugeben ist, ob die Nachbarn zugestimmt haben. Ist das der Fall, ist für die Bauaufsichtsbehörde nichts weiter veranlasst. Ist das nicht der Fall, bleibt es beim Zustellungserfordernis.

Eine unrichtige Angabe des Bauherrn über die Nachbarbeteiligung erfüllt den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit. Weitere Änderungen finden sich aufwww.kanzlei-am-steinmarkt.de, Newsletter 2021.