Forschung
Trüffel für alle – aus Bayern

Nur wenige Menschen kommen in den Genuss des geschützten Speisepilzes. Das will eine bayerische Behörde nun ändern.

20.10.2015 | Stand 16.09.2023, 6:56 Uhr

Josef Valentin Herrmann, Biologe und Leiter des Fachzentrums Analytik der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim, hält einen Burgundertrüffel in der Hand. Foto: dpa

Auf den ersten Blick sieht der Hang wie ein verwilderter Acker aus. Überall Löwenzahn, verdorrte Pflanzen, hier und da ein paar Herbstblumen. Außergewöhnlich sind allerdings die vielen Plastikröhren, die auf einem ungenutzten Weinberg bei Veitshöchheim (Landkreis Würzburg) verteilt sind. Darunter verstecken sich etwa zwei Jahre alte Haselnusspflänzchen. In sie wird viel Hoffnung gesetzt. Denn sie sollen in naher Zukunft Großes hervorbringen. Wenn alles klappt, können dort in etwa vier bis fünf Jahren die ersten Burgundertrüffel geerntet werden. Richtig: Trüffel. Diese sehr teure, exklusive Spezialität, mit der Sterneköche gern ihr Essen verfeinern und die selten auf dem heimischen Küchentisch landet.

Das darf sich, wenn es nach der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) geht, gern bald ändern. Die Trüffel sollen künftig zuverlässig kultiviert werden können und heimisch werden in Franken. 420 Pflanzen, meistens Haselnusssträucher, hat die LWG zu Versuchszwecken an elf Teststandorten in die Erde gebracht. Diese sogenannten Trüffelbäume wurden zuvor mit Trüffelsporen geimpft, so dass sich nun ausgehend von und verbunden mit ihren Wurzeln ein weit verzweigtes, meterlanges Pilzgeflecht (Mykorrhiza) entwickeln kann. Denn das ist die Grundlage für das Wachstum von Trüffeln.

Trüffel lassen sich nicht züchten

Die LWG-Experten erforschen nun, ob sich der Pilz unter den verschiedenen Voraussetzungen – steiniger Boden, kaum oder intensive Bewirtschaftung, sehr sonnig oder Nordseite, viel oder wenig Wasser – auf den Wurzeln tatsächlich effektiv ansiedelt. Sollte das klappen, könnten schon in fünf Jahren fränkische Trüffel geerntet werden. „Damit kämen wir auch weg vom Problem des Verbotes“, sagt Josef Valentin Herrmann, Biologe und Leiter des LWG-Fachzentrums Analytik. Trüffel aus deutschen Wäldern sind geschützt und dürfen nicht geerntet werden.

„Wir wissen bislang noch nicht, was den Wachstumsimpuls der Trüffel auslöst.“Josef Valentin Herrmann, Biologe und Leiter des LWG-Fachzentrums Analytik

Wie Champignons lassen sich Trüffel nicht züchten, denn ihre Entstehung ist und bleibt geheimnisvoll. Sie müssen stattdessen in möglichst waldähnlichem Gebiet kultiviert werden. Noch stehen die Experten beim Trüffelanbau vor vielen Rätseln. „Wir wissen bislang noch nicht, was den Wachstumsimpuls der Trüffel auslöst“, so Herrmann. Die Trüffel sind deshalb unregelmäßig unter einem Baum verteilt, auch in den Trüffelgärten.

Regelmäßige Untersuchungen

Für ihre Forschung müssen die LWG-Biologen regelmäßig die Wurzeln der Haselsträucher untersuchen. Zweimal im Jahr kommen stichprobenartig Wurzeln erst unter das Mikroskop und werden molekularbiologisch kontrolliert. Eine erste Bilanz stimmt die Forscher hoffnungsfroh. „Bislang ist es sehr vielversprechend. Die Wurzeln der Pflanzen sind mit bis zu 80 Prozent von der Mykorrhiza belegt. Das ist enorm viel“, sagt Herrmann. Diese Dominanz sei beeindruckend. Es gebe 30 bis 40 verschiedene Pilzarten, die Wurzelspitzen besiedeln. „Das Spannende ist nun: Können sich die Trüffelpilze behaupten?“

Der LWG geht es bei der Forschung nicht ums Geld. „Wir machen das nicht mit Dollarzeichen in den Augen“, sagt Herrmann. Vielmehr wollen er und seine Kollegen die optimalen Bedingungen für die Trüffel erforschen. „Wir wollen Leitplanken entwickeln für die, die Trüffel anbauen wollen.“

„Das ist im Moment Pionierarbeit. Wir wollen keinen Goldrausch auslösen, sondern solide arbeiten. Deshalb machen wir auch auf die Risiken aufmerksam.“Markus Mayer, Geschäftsstellenleiter des Verbandes für Trüffelanbau und Nutzung in Deutschland

Das ist auch das Ziel des Verbandes für Trüffelanbau und Nutzung in Deutschland. „Das ist im Moment Pionierarbeit. Wir wollen keinen Goldrausch auslösen, sondern solide arbeiten. Deshalb machen wir auch auf die Risiken aufmerksam“, sagt Geschäftsstellenleiter Markus Mayer. Im Verband sind derzeit rund 50 Mitglieder vertreten, die auf ihren Grundstücken Trüffel bereits kultivieren. Noch konnte in Deutschland allerdings kein einziger Trüffelpilz aus eigens dafür angelegten Trüffelgärten gewonnen werden – zumindest noch nicht offiziell.

Feinschmecker ohne große Aufregung

Dass künftig mehr Interessenten für den Trüffelanbau auch aus Franken kommen, darauf setzt LWG-Präsident Hermann Kolesch. Die kalkhaltigen Böden und die Haselnusssträucher seien optimal für die Kultivierung der Trüffel in Franken. Damit könnte die Region touristisch aufgewertet werden. „Neben Bärlauch und nach Spargel und Federweißen würden die Trüffel eine vierte kulinarische Saison bedeuten, die nicht unerheblich sein kann.“ Trüffel werden vor allem im Herbst geerntet. Er sehe da durchaus eine Positionierung der Region über einen sogenannten Frankentrüffel.

Feinschmecker beobachten die kleinen Fortschritte im Trüffelanbau ohne große Aufregung. „In Deutschland werden frühestens in 40 Jahren, wenn der Klimawandel fortgeschritten ist, kulinarisch wertvolle Trüffel wachsen“, sagt beispielsweise Ralf Bos, einer der wichtigsten deutschen Trüffel-Händler. Deutsche Burgunder-Trüffel könnten nicht die Qualität einer Burgunder-Trüffel aus Frankreich oder Italien erreichen. Der Anbau dürfte sich aber dennoch lohnen, sagt Bos. „Es wird hier einen Markt dafür geben, weil es einen Trend zu regionalen Produkten gibt.“ (dpa)