„Keine Freizeiteinrichtungen“
Bezirkstagspräsident entsetzt: Ende für Heilbäder bei Gaslieferstopp?

08.09.2022 | Stand 15.09.2023, 3:46 Uhr
Die Limes-Therme in Bad Gögging würde bei einem Gaslieferstopp wie alle fünf Bäder der niederbayerischen Thermengemeinschaft vor existenzielle Herausforderungen gestellt werden. −Foto: Limes-Therme

Die Bundesnetzagentur hat die niederbayerischen Heil- und Thermalbäder als „Freizeiteinrichtungen“ eingestuft. Das würde bedeuten, dass die Thermen in der Region bei einer Gasmangellage nicht mehr mit Gas versorgt werden würden. Bezirkstagspräsident Olaf Heinrich schlägt Alarm.



Die Europa Therme in Bad Füssing (Landkreis Passau), die Wohlfühl-Therme in Bad Griesbach (Landkreis Passau), die Rottal Terme in Bad Birnbach (Landkreis Rottal-Inn), die Limes-Therme in Bad Gögging (Neustadt an der Donau) und die Kaiser-Therme in Bad Abbach (Landkreis Kelheim) - alle wären sie betroffen.

Die Einstufung der Heilbäder als Freizeiteinrichtung könnte gravierende Folgen haben und zur existenziellen Frage werden. Denn wenn die Technik komplett lahm liegt und dadurch große Schäden entstehen, könnte dies im drastischsten Falle das Ende der Thermen bedeuten. Davor warnte der Verbandsvorsitzende aller Bäderzweckverbände, an denen der Bezirk Niederbayern zu jeweils 60 Prozent beteiligt ist.

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„Unsere Heilbäder sind keine Spaßbäder“, sagte Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich. Sie seien ein wichtiger Baustein zur Gesundheitsprophylaxe für die Menschen in der Region und im Gesundheitstourismus. „Wir brauchen sie auch in der Zukunft dringend.“ Man sehe absolut die Notwendigkeit, in dieser besonderen Situation so viel Gas wie möglich einsparen zu müssen.

Deshalb habe man sofort mit der Schließung aller Saunen- und Dampfbäder reagiert, um mit der auf diese Weise eingesparten Energie die Kernkompetenz, die Therapie im Arzneimittel Heilwasser, so lange wie möglich aufrecht zu halten. „Auf eine Mindestgasmenge von 25 Prozent der bisherigen Energie bei Schließung können wir jedoch auf keinen Fall verzichten, ohne die Zukunft unserer Einrichtungen aufs Spiel zu setzen.“

Thermalwasser ist in allen fünf Thermen als Heilmittel deklariert

Hintergrund ist die Anfrage bei der Bundesnetzagentur, die Thermalbäder in den sogenannten „lebenswichtigen Bedarf“ aufzunehmen und somit auch bei Gasmangellage mit Gas zu versorgen. „Wir sehen die Zuordnung unserer Heilbäder zu dem geschützten Kundenkreis nach Energiewirtschaftsgesetz als gegeben“, fasst der strategische Geschäftsführer Franz Altmannsperger die schlagkräftigen Argumente zusammen: Das Thermalwasser sei in allen fünf Thermen als Heilmittel deklariert und wird für therapeutische Zwecke verabreicht.

Auch sind die fünf Kurmittelhäuser zur Abrechnung mit Versicherungsträgern wie den gesetzlichen Krankenkassen berechtigt und bieten neben Bade- und Kompaktkuren eine Vielzahl von Präventionsangeboten i. S. d. §20 SBG V an. „Im rechtlichen Rahmen der Corona-Pandemie wurden die Thermen dem Gesundheitsbereich zugeordnet und mit hohen Hygiene- und Schutzmaßnahmen belegt. Auch gilt für die Thermenbeschäftigten weiterhin die einrichtungsbezogene Impfpflicht wie zum Beispiel bei Krankenhäusern“, ergänzt Altmannsperger.

Heinrich schlägt beim Bundeswirtschaftsminister Alarm

Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich sieht dies mit größter Besorgnis. Er schlägt Alarm: „Ein vollständiger Lieferstopp von Erdgas, insbesondere über die Heizperiode hinweg, würde bei allen fünf Thermen zu extremen Schäden der Becken, der Technik und der Gebäude führen. Nur mit enormen Kosten könnten diese Schäden wieder beseitigt werden. Eine Finanzierbarkeit dieser Aufwendungen ist nach heutigem Stand mehr als unsicher und würde eine Wiedereröffnung dieser Gesundheitseinrichtungen in Frage stellen.“ Er teilte dies dem Bundeswirtschaftsminister, der Bundesnetzagentur und niederbayerischen Bundestagsabgeordneten in einem Schreiben mit und bat um tatkräftige Unterstützung.

Erneuerbare Energien reichten kurz- und mittelfristig nicht aus und regenerative Energiequellen seien so schnell nicht realisierbar. Jedes Bad habe einen anderen, wichtigen Schwerpunkt zur Prävention und sei unverzichtbar für die Region und den Gesundheitstourismus.

− red