Buchvorstellung
Blick in die Riedenburger Geschichte

Historikerin Emma Mages stellte im Alten Rathaus ihr neuestes Werk vor. Das Publikum verfolgte ihre Ausführungen mit Staunen.

20.04.2022 | Stand 15.09.2023, 5:46 Uhr
Die Historikerin Emma Mages stellte ihr Buch: Historischer Atlas von Bayern. Altbayern 1/68: Riedenburg, im frisch sanierten Alten Rathaus in Riedenburg, vor. −Foto: Petra Kolbinger

Rund drei Dutzend Interessierte sind am Mittwochabend zu einer besonderen Buchvorstellung gekommen. Riedenburgs Bürgermeister Thomas Zehetbauer (CWG) freute sich sichtlich, die Historikerin Emma Mages zur ersten offiziellen Veranstaltung im frisch sanierten Alten Rathaus begrüßen zu können. „Teuer, aber ein Schmuckstück“, kommentierte das Stadtoberhaupt die jüngst abgeschlossene Dachsanierung. Kaum ein Ambiente hätte passender sein können für die „Neuigkeiten aus der Geschichte,“ die Mages im Gepäck hatte.

Dass sie ihr jüngstes Werk persönlich in der Dreiburgenstadt vorstellte, war Harald Rast, dem Büroleiter des Donaukurier zu verdanken. Mehrfach trat Emma Mages den Beweis an, dass Geschichte ganz und gar nicht trocken ist und hatte die Lacher auf ihrer Seite. Ein erstes Schmunzeln entlockte dem Zuhörer schon die Tatsache, dass der Band als Teil des Historischen Atlas von Bayern, Teil Altbayern, Reihe 1, mit beeindruckenden rund 500 Seiten als „Heft“ bezeichnet wird. Heft 68, gewidmet Riedenburg und den Pfleggerichten Riedenburg, Altmannstein und Dietfurt. Sitzfleisch war auch im Anschluss an die Veranstaltung gefragt – beim Signieren der vielen Bücher. Der eine oder andere Besucher hatte sein Exemplar bereits von zu Hause mitgebracht und bat die Autorin um eine persönliche Widmung. „Ich habe es in einer Nacht durchgelesen“, gestand ein Gast in der Warteschlange.

Manches bleibt ein Rätsel

Fragen aus dem Publikum ließen darauf schließen, dass nicht wenige Besucher sich schon intensiver mit dem Werk und der Geschichte ihrer Heimat auseinander gesetzt haben. Manches, etwa im Zusammenhang mit dem Alten Pfarrhof in Schambach, wird wohl nicht nur für dessen Bewohnerin Gerhilde Winbeck ein Rätsel bleiben. Auch abweichende Familien- und Hausnamen stellen eine nicht geringe Herausforderung dar. „Halbritter jedenfalls ist ein sehr häufiger Name in der Region. Da muss ein Nest sein“, merkte Mages lachend in Richtung des Riedenburger Stadtarchivars mit eben diesem Familiennamen an. Maximilian Halbritter hatte Mages als profunder Kenner der Riedenburger Historie ebenfalls bei den Recherchen zu ihrem Werk unterstützt. Seine jüngst veröffentlichte Riedenburg-Chronik bekam Mages als kleines Dankeschön für den informativen Abend überreicht.

Auf Halbritters Bücher verwies Mages dann im Zusammenhang mit dem Schicksal des Riedenburger Gerichtsgebäudes. Ihr Buch, so die Autorin, sei auch als Nachschlagewerk zu sehen, das den Zugang zu anderen Quellen erleichtern soll. Mages‘ Atlasband behandelt die bis zum Jahr 1803 bestehenden Pfleggerichte Riedenburg, Altmannstein und Dietfurt, die zusammen weitgehend dem bis 1972 existierenden Oberpfälzer Altlandkreis Riedenburg entsprechen. Die alten Gerichts- und Verwaltungsmittelpunkte Riedenburg, Altmannstein und Dietfurt sind samt ihrer Territorien seit der Gebietsreform nicht nur auf die Landkreise Kelheim, Eichstätt und Neumarkt verteilt, sondern zudem auf die drei Regierungsbezirke Niederbayern, Oberpfalz und Oberbayern. „Das ist jetzt genau 50 Jahre her; die meisten werden sich mittlerweile damit arrangiert haben,“ unterstellte Mages und spielte auf die Tatsache an, dass die Reform von der Bevölkerung nicht widerstandslos hingenommen worden war. Eine Bestätigung aus dem Zuhörerraum blieb an diesem Abend aus. Widerspruchsgeist scheint eine historisch gewachsene Tugend der Altlandkreis-Bewohner zu sein. Jedenfalls finden sich in Mages‘ Buch über die Jahrhunderte genug Hinweise auf eine eher minder ausgeprägte Obrigkeitshörigkeit. So gab es schon seit den 1920er-Jahren immer wieder Bemühungen um eine Reduzierung von Kleinstgemeinden. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde erneut eine Gebietsreform angestrebt, die allerdings schon in den Ansätzen steckenblieb. Eine insgesamt gescheiterte Gebietsreform folgte auf Drängen der US-Militärregierung im Jahr 1945. Die Auflösungen wurden in den Gemeindeführungen aber ignoriert. „Die Bürgermeister haben einfach weitergemacht, wie gewohnt,“ berichtete Mages. Der kleine Eindruck, den die Zuhörer von den vielen historischen Aspekten an diesem Abend gewinnen konnten, machte neugierig auf mehr. Die gute Nachricht: „Die Geschichte Riedenburgs braucht nicht neu geschrieben zu werden,“ stellte Mages fest. Was sich im Detail zweifelsfrei belegen lässt, erfährt der Leser in ihrem neuen Atlasband. „Historischer Atlas von Bayern. Altbayern 1/68: Riedenburg,“ von Emma Mages.

Ortsnamen ändern sich

Rätselhaft blieb beim Vortrag von Emma Mages, wo der eine oder andere Ort im Laufe der Geschichte abgeblieben ist. Er müsse nicht zwingend aufgegeben worden sein; „auch Umbenennungen waren gar nicht so selten“, verriet Mages. Und manchmal hätten sich die Ortsnamen schlicht im Laufe der Jahrhunderte verändert – wie etwa der von Hexenagger. Was heute so mystisch klingt, findet sich in alten Quellen schlicht als „Hasnacker“ und später gar als „Hachsnhacker.“ Nachvollziehbarer erschien da Mages‘ Anmerkung, Ortskenntnis sei bei der Arbeit an einem Atlas wie diesem durchaus von Vorteil. Garantin für ein sicheres Gelingen sei aber auch sie nicht. Von den Zuhörern wäre wohl kaum einer darauf gekommen, dass es sich beim einstigen „Chramezhawsen“ um den heutigen Dietfurter Ortsteil Blauhof handelt.