Interview
Brauer, Künstler, Philosoph

Kuchlbauer-Chef Leonhard Salleck feiert 75. Geburtstag und spricht über Abensberg, Bayern, Deutschland und Hawaii.

01.03.2018 | Stand 16.09.2023, 6:19 Uhr

Leonhard Salleck vor dem Modell des neuen Erdhügelhauses, das bis 2020 entstehen soll. Foto: Neumaier

Seit 1969 führt Leonhard Salleck die Brauerei Kuchlbauer und steht stellvertretend für den Erfolg des Abensberger Traditionsunternehmens. Heute feiert er seinen 75. Geburtstag und spricht im MZ-Interview über sein Lebenswerk, seinen Hang zu Kunst und Philosophie und welche Pläne er für Abensberg hat.

Brauer, Philosoph, Kunstfreund, Sportler – Leonhard Salleck hat viele Facetten. Wer oder was ist nun der wahre Leonhard Salleck?

Im Grunde ein bodenständiger Mensch. Meine frühe Kindheit hat mich da sehr geprägt. Dem Kuchlbauer ist es damals nicht gut gegangen, das ungeheure Ansehen, das meine Großeltern aufgebaut hatten, hatte stark gelitten. Es gab Erb- und Übernahmestreitigkeiten. Fast eine Generation lang wurde in die Brauerei nichts investiert. Das Ansehen meiner Großeltern wiederherzustellen, war mein Urantrieb.

Ihr Weg in die Brauerei war also vorgezeichnet?

Ich war nicht für die Nachfolge vorgesehen, schließlich war mein Vater nicht Brauer, sondern der Landwirt vom Kuchlbauer. Dennoch war für mich schon früh klar, dass ich der Kuchlbauer werden will. Mein Vater erzählte mir immer wieder eine Geschichte: Wir saßen, ich als Vierjähriger, nach Allerheiligen bei uns zusammen. Die ganze Familie. Meine Onkel amüsierten sich, dass mein Vater wieder zwei Felder gekauft hatte, quasi in „Koutbatzn“ investierte. Sie fragten mich, was ich mal machen wolle. Da soll ich gesagt haben: „Ich führe mal die Brauerei – und kaufe mir auch noch ein paar Koutbatzn.“

Wie kam es, dass sie wirklich die Brauerei übernahmen?

Mein Onkel Michael sollte die Brauerei übernehmen, wurde aber von seinen Geschwistern aus dem Unternehmen gedrängt. Mein Onkel Andreas war damals, 1969, noch dabei – er wollte auch mich nicht. Ich habe mich dann aber in der Gesellschafterversammlung durchgesetzt. Dann habe ich die Brauerei einmal auf links gedreht.

Was haben Sie gemacht?

Ich habe alle Arbeitsabläufe inspiziert, in Technik investiert, die Mitarbeiteranzahl verringert-– was Luft für weitere Investitionen schuf – und einen Heimdienst eingeführt. Alles hat geklappt. Nach fünf Jahren hatte ich mein Lebensziel, den Bierausstoß auf 30 000 Hektoliter zu verdoppeln, erreicht. Ein weiterer bedeutender Schritt war, dass ich die Brauerei – Anfang der Achtziger – auf Weißbier spezialisiert habe. Heute sind wir bei einem Ausstoß von knapp 100 000 Hektoliter.

Gab es weitere Bausteine des Erfolgs?

Ich habe viel in Wirtshäuser investiert – vor allem in Regensburg – und hatte sogar einen großen Donaudampfer, der am unteren Wöhrd lag. Das war für den Bekanntheitsgrad natürlich ein Riesending. Auch der Kauf der Schierlinger Brauerei, in Kombination mit den neuen Pilsflaschen, war ein Renner.

Die Brauerei ist ihr Lebenswerk – ihr Leben kennzeichnen aber noch andere Leidenschaften. Zum Beispiel der Sport. Sie sind ein Ironman-Finisher.

Ich bin ein geborener Leichtathlet, das fiel mir immer leicht. In die Spitze habe ich es aber nie geschafft. Als Student habe ich mich als Boxer versucht. Das war aber nicht so von Erfolg gekrönt und so kam ich zum Ausdauersport.

Aber gleich einen Ironman?

Gelaufen und geschwommen bin ich immer schon, das Radfahren musste ich trainieren. Der Ironman kam aber nur auf Umwegen zustande. Ich hatte Anfang der 80er-Jahre sechs Supermärkte aufgebaut, zahlreiche neue Wirtshäuser und zwölf baugleiche Kneipen eröffnet – das Pilsfass Nr. 1. Das wollte ich zur Kette ausbauen. Da hat mir mein Bankberater gesagt, ich solle doch mal etwas kürzertreten. Das habe ich mir zu Herzen genommen – und dafür mehr Sport gemacht. Am Ende kam dann der Ironman heraus.

Wie war das damals auf Hawaii?

Es war ein unglaubliches Glücksgefühl. Es war noch nicht so professionell wie heute, da lief sogar die Bedienung aus meinem Hotel mit und ein 72-Jähriger. Das fand ich damals absolut bewundernswert.

72, das ist beinahe ihr Alter. Sie könnten es ja nochmal versuchen.

Das wollte ich vor fünf Jahren. Aber ich habe zu viel trainiert, mir meine Fußgewölbe kaputtgelaufen. Ich hab’s einfach übertrieben.

Mancher sagt, sie übertrieben es auch mit Kunst und Philosophie.

Philosophie ist mein Richtungsgeber im Leben – das kann man nicht übertreiben.

Sie haben aber auch Theorien aufgestellt – die von der Wissenschaft ignoriert werden.

Um meine Interpretation des Letzten Abendmahls von da Vinci – ich habe darauf Platon und Aristoteles entdeckt und die philosophische Bedeutung entschlüsselt – wird die Wissenschaft nicht herum kommen. Ob ich die Anerkennung meiner Theorie erlebe, weiß ich aber nicht. Über die Philosophie kam ich auch zur Kunst – ich war immer ein Verehrer der Schönheit und die findet man in der Kunst.

Und der Hundertwasserturm ist das Ergebnis?

Nicht nur. Die Besucherzahlen meiner Brauereibesichtigungen stagnierten irgendwann. Ich habe Möglichkeiten gesucht, mehr Leute nach Abensberg zu holen. Und mit Kunst und Kultur verzwanzigfacht sich die Zielgruppe. Jetzt kommen, inklusive des Weihnachts- und Ostermarktes, 500 000 Menschen pro Jahr zu uns. Und das Ende der Fahnenstange ist da noch lange nicht erreicht.

Wenn Sie mit 75 auf Ihr Leben zurückblicken, was erfüllt sie am meisten mit Stolz?

Am glücklichsten bin ich darüber, dass ich vier gesunde Kinder habe, die alle einen guten Beruf haben und denen ich vieles ermöglichen kann.

Und abgesehen davon?

Die Brauerei steht gut da, ich habe mein Lebensziel sogar übertroffen. Außerdem habe ich dadurch viel Geld in mein Hobby, die Kunst, investieren können. Ich habe meine Träume verwirklicht und die Schatulle für meine Kinder sogar noch gefüllt.

Gibt es dennoch Ziele?

In Zusammenarbeit mit der Stadt Abensberg möchte ich den Ort als touristisches Ganztagesziel etablieren. Pläne dafür hätte ich schon.

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