Corona
Chefarzt zündet Werbe-Idee fürs Impfen

Kelheims Pandemie-Experte kämpft gegen die Impfmüdigkeit an. Mit einem pfiffigen Vorschlag will er die Menschen erreichen.

15.08.2021 | Stand 16.09.2023, 1:07 Uhr
Impfen, Impfen: Prof. Dr. Michael Reng sieht keinen anderen Weg, die vierte Welle zu brechen. −Foto: Rutrecht

Er bezeichnet sich selbst als „Menschen mit verrückten Ideen“. Prof. Dr. Michael Reng, Chefarzt der Goldberg-Klinik in Kelheim, schob vor einigen Jahren mit einem kostenlosen „Bier danach“ die Vorsorge-Untersuchung zur Darmspiegelung an. Nun will er die eingetretene Impfmüdigkeit gegen Corona wach rütteln.

Mit dem aktuellen Fortgang der Covid-19-Impfungen ist der Chefarzt gar nicht zufrieden. „Kapieren wir es nicht? Wir werden eine vierte Welle nur durch eine größere Immunität in der Bevölkerung brechen. Alles andere bringt uns nicht weiter“, sagt Dr. Reng. Vor einer Infektion, warnt er, „kommt keiner davon“. Aussagen wie „Mir passiert schon nix“ hält er schlicht für naiv.

Von Nachbar zu Nachbar

Aufrufe aus der Politik oder von Fachgremien bewirkten wenig, stellt der Pandemie-Experte der Goldberg-Klinik fest. Deshalb streut er eine neue Idee ein: „Ich schlage vor, dass Geimpfte Nicht-Geimpfte werben und zwar im privaten Bereich.“ Dr. Reng nennt es die „Freundschafts-Werbung“. „Am Gartenzaun oder im Biergarten unterhalten sich die Menschen über Corona. Dort kann der eine den anderen anstoßen: Geh‘ doch zum Impfen!“

So könnte man Ungeimpfte, die „zu dröge, zu faul“ sind, bewegen, sich doch für die Injektion zu entscheiden. „Über das latente Druckmachen aus der Politik wird der Erfolg ausbleiben. Unter dem sozialen Aspekt des Miteinander lässt sich mehr bewirken“, findet der Chefarzt. Ein Klientel nimmt er aus: „Die erklärten Impfgegner werden wir nicht überzeugen. Da prallt man gegen eine Wand der Unvernunft und des Egoismus.“

Werbe-„Prämien“ könne er nicht ausloben, schmunzelt Dr. Reng. Vor fast zehn Jahren hatte er mit der Brauerei Schneider einen starken Partner für das Projekt „Das Bier danach“, bei dem Patienten nach der Darmspiegelung ein alkoholfreies Weißbier zur Rehydrierung mitgegeben wurde. „Es ist zwar eine skurrile Idee, aber damit nimmt man dem Thema etwas seinen Schrecken“, sagte der Arzt damals.

Die Bratwurst lockte Hunderte

Der Landkreis Kelheim ließ schon Ende Juli mit der Aktion „Impfnacht mit Bratwurst“ aufhorchen. Insgesamt 346 Personen standen am Samstag, 24. Juli, Schlange, als beim Impfzentrum in Kelheim zwischen 15 und 24 Uhr neben den Vakzinen auch Bratwurst- und Käsesemmeln „verabreicht“ wurden. Vor allem junge Menschen ließen sich impfen. Landrat Martin Neumeyer stand mit Helfern am Grill.

Jetzt appelliert Dr. Reng an die Solidarität. „Ich kann immer wieder nur sagen: Das Virus fragt nicht, ob es zu 0,1 oder 0,01 Prozent tödlich ist. Menschen sterben und deshalb müssen wir diese Pandemie in den Griff kriegen.“

Man müsse die Nicht-Geimpften erreichen, die noch zögern. „Der Nachbar oder Freund ist der glaubwürdigere Ansprechpartner als jeder andere.“ Der Chefarzt verdeutlicht die Wichtigkeit des Schutzes: „Ich habe mich impfen lassen, weil ich nicht an Corona sterben will.“