Kultur
Der Traum vom Raumschiff lebt

Den Europäischen Filmmusikpreis hat Christoph Zirngibl aus Neustadt an der Donau nicht bekommen, trotzdem ist er zufrieden.

09.04.2021 | Stand 16.09.2023, 3:35 Uhr
Christoph Zirngibl (Gruppe im Vordergrund, zweiter von rechts) mit dem Filmorchester Babelsberg: Der Soundtrack für den Film „Finis Terrae“ hat ihn in die Elite der europäischen Filmkomponisten katapultiert. −Foto: Martin Grau

Nur einer konnte gewinnen: Bei der Wahl für den Europäischen Filmmusikpreis, „Camille Awards“, ist der Neustädter Filmkomponist Christoph Zirngibl (40) zwar leer ausgegangen. Er sieht jedoch bereits die Nominierung als Erfolg. Gegenüber der Mittelbayerischen verriet er seine weiteren Pläne.

„Ich bin sehr stolz und fühle mich sehr geehrt, dass ich gemeinsam neben den geschätzten Kollegen und unter dem kritischen Blick einer so hochkarätig besetzten Jury für diesen wunderbaren Preis nominiert wurde“, stellte Christoph Zirngibl nach der Preisverleihung, die am Donnerstag abend stattfand, fest. „Natürlich hätte ich mich auch gefreut, den Preis zu gewinnen, aber wie es Jurymitglied David Arnold, der die Musik für „Independance Day“, „Sherlock“ und „James Bond - Ein Quantum Trost“ geschrieben hat, so treffend formulierte: Unter so vielen talentierten Komponisten nominiert zu werden, ist eine ebenso wertvolle Auszeichnung, wie der Preis selbst und symbolisiert einen großartigen Erfolg.“

Würdigung der Branche

Zirngibl, der sich schon während seines Studiums in München auf Filmmusik spezialisiert hatte, sieht den Preis als Würdigung der ganzen Branche. „Ich freue mich, dass die Filmmusik zunehmend auch auf europäischer Ebene an Bedeutung gewinnt. Dazu tragen Veranstaltungen wie ‚The Camille Awards‘ bei“, betont der 40-Jährige.

Er war mit seiner Musik für den Film „Finis Terrae“ (Das Ende der Welt) für den Europäischen Filmmusikpreis nominiert worden. Neben dem Neustädter waren Ginge Anvik aus Norwegen für die Filmmusik zu „Askeladden“ und Johan Ramström aus Schweden für „Sara mit ihrem ganzen Sein“ nominiert. Am Ende gewann Johan Ramström.

Zirngibl, der aus dem Neustädter Ortsteil Mühlhausen stammt, kommt aus einer musikalischen Familie. Dennoch war nicht sofort klar, welchen Weg der Sohn und Enkel einschlagen würde. Zunächst lernte er Schlagzeug und trommelte in einem Heeresmusikkorps der Bundeswehr. Dann studierte er von 2003 bis 2007 Filmmusik bei Professor Enjott Schneider an der Hochschule für Musik und Theater in München.

Fantasy wirkt nach

Die Liebe zur Filmmusik bestand bereits vorher. Zwei Filme hatten den gebürtigen Regensburger nachhaltig beeinflusst – „Raumschiff Orion“ und „Jurassic Park“. Während sich beim ersten Streifen vor allem die Musik einprägte, war der zweite gewissermaßen der musikalische Urknall Zirngibls. „Da habe ich gedacht, das möchte ich eines Tages auch machen.“

Seine filmmusikalische Feuertaufe erlebte er jedoch 2003 mit dem Kurzfilm „Eyes in the City“. Das war gleichzeitig das Regiedebut des Abensbergers Konstantin Ferstl. „Wir waren bereits seit unserer Schulzeit eng befreundet, haben zusammen an Theaterproduktionen mitgewirkt und in Bands musiziert und so war uns klar, dass wir auch bei zukünftigen Filmprojekten zusammenarbeiten wollten.

Warten auf die Raumpatrouille

Die zweite Zusammenarbeit mit Ferstl für den Kurzfilm „Lethe“ (2007) bescherte Zirngibl den international renommierten „Jerry Goldsmith Award“ gleich in zweifacher Ausführung und seither stammt die Musik für so gut wie jedes Ferstl-Projekt von Zirngibl. Auch für „Finis Terrae“. In diesem Jahr widmet sich Zirngibl vor allem dem Animationsfilm, denn für das Fantasy-Kinoabenteuers „Mia and me: The Hero of Centopia“ schreibt der Neustädter den Soundtrack.

Auch nach mehr als 80 Produktionen hat er immer noch ein Wunschprojekt. „Als Freund und großer Bewunderer des Filmkomponisten Peter Thomas freue ich mich natürlich auf die Neuauflage der bekanntesten deutschen Sci-Fi-Serie „Raumpatrouille - Die phantastischen Abenteuer des Raumschiffes Orion“. Wer weiß, vielleicht kann ich ja dazu beitragen, dass sich die ‚neue Orion‘ mit meiner musikalischen Unterstützung auf Entdeckungsreise in fremde Galaxien begibt.“

Film: Ehrungen:
„Finis Terrae“ ist ein Essay-Film auf der Suche nach der verlorenen Utopie und eine filmische Liebeserklärung an die „Große Reise“. Mit bildgewaltigen Aufnahmen aus mehr als 20 Ländern richtet Konstantin Ferstl den Blick auf die politischen und sozialen Veränderungen der letzten 100 Jahre. In einem Requiem für ein Jahrhundert und rund um die Welt blickt er von der Beerdigung Fidel Castros über die ökologischen Probleme und vergessenen Revolutionen des Lakandonischen Regenwaldes und zeigt in exklusiven Filmaufnahmen die versteinerte Theokratie der Familie Kim in Nordkorea; reist durch verschwundene Länder vom Habsburger Reich bis zum französischen Philosophen Alain Badiou.Die Juroren des Deutschen Filmmusikpreises hatten den Filmkomponisten 2019 für die „Beste Filmmusik“ für „Finis Terrae“ vorgeschlagen. Nominierungen gab es ebenfalls bei der „International Film Music Critics Association (IFMCA)“ und beim „Jerry Goldsmith Award“.