Auftakt
Die Jugend bekommt das Wort
Bei einer Auftaktveranstaltung im Landratsamt kam einiges auf den Tisch. Ein neues Gremium soll sich der Situation annehmen

Kelheim.Ein Tag drehte sich im Landratsamt um das Thema Jugend. Jugendliche aller Schularten im Landkreis hatten u. a. Gelegenheit, aus ihrer Sicht Probleme vorzubringen und Wünsche zu äußern. Die Jugend wird sicherlich eine Zukunftsaufgabe für den Landkreis Kelheim, aber auch für die Gemeinden. Denn bei der Altersgruppe der 16- bis 19-Jährigen werden es im Kreis nach der regionalisierten Bevölkerungs-Vorausberechnung des Bayerischen Landesamtes für Statistik vom Mai 2018 bis 2036 zehn Prozent weniger Jugendliche sein.

Das Motto lautete „Jungsein im Landkreis Kelheim – auf dem Weg zum jugendgerechten Landkreis“. Winfried Pletzer, Referent für kommunale Jugendpolitik beim Bayerischen Jugendring, betonte vor Vertretern von Kommunen, Behörden, Organisationen und Kommunalpolitikern, dass „ein Standortfaktor“ ein jugendgerechter Landkreis, jugendgerechte Kommunen seien. Er zeigte Veränderungen gegenüber früher auf, als man „genügend Jugend hatte“. Die Situation ist nun anders: „Wir haben nicht genügend junge Leute und es kommt nichts nach.“

Wenn über das Thema „Jugendgerechter Landkreis“ gesprochen werde, sei es ein „Thema für alle Bürgermeister“. Der 15. Jugendbericht der Bundesregierung besage, dass das Jugendalter „ein Stück stärker und intensiver betrachtet werden muss“. Der Landrat liege richtig, so Winfried Pletzer. „Bitte nicht nur über Jugendliche reden, wenn es ein Problem gegeben hat. Der Referent plädierte für ein „aktives jugendpolitisches Handeln“. Er habe die Prognosen nicht für alle Gemeinden durchgesehen, jedoch festgestellt, dass es bei 16- bis 19-Jährigen Spitzen bis zu einem Minus von 25 Prozent gebe.
Die Sache mit dem ÖPNV
Von Jugendlichen – 40 waren vormittags anwesend – war darauf hingewiesen worden, dass die Schulbusse zu voll seien. Die Aussage von „überfüllten“ Schulbussen „ist uns bekannt“. Der Landrat wies darauf hin, durch das Landratsamt bereits in der Vergangenheit regelmäßige Überprüfungen bzw. Schülerzählungen stattgefunden hätten. Bisherige – auch persönlich durch ihn – durchgeführte Überprüfungen und Zählungen hätten „im Ergebnis zu keiner Zeit eine Überschreitung der Gesamtzahl der beförderungsfähigen Personenzahl ergeben. Jeder in der Schülerbeförderung eingesetzte Bus verfügt neben den zugelassenen Sitzplätzen ebenfalls über eine – je nach Fahrzeugtyp – bestimmte Anzahl von Stehplätzen, die auch zulässig sind.“ Für den ÖPNV werde momentan versucht, Alternativen für den Kreis aufzubauen, ähnlich wie in Tirschenreuth. Neumeyer: „Wir hoffen auf eine Unterstützung von Bayern und Berlin.“

„Es ist schwierig, mit einem Bus irgendwo hinzukommen.“
Der Busverkehr ist auch eine Sache, die Margit Holzer, Jugendbeauftragte der Gemeinde Hausen, ansprach. Gegenüber unserem Medienhaus betonte sie, dass die fehlende Verkehrsanbindung „ein sehr großes Problem“ für die kleine Gemeinde sei. Holzer: „Es ist schwierig, mit einem Bus irgendwo hinzukommen.“ Sie wünscht sich vom Landkreis eine „bessere Busanbindung nach Regensburg, Kelheim, Abensberg“. Jugendliche müssten auch zum Arbeitsplatz fahren können. Von Hausen aus gebe es „keine Möglichkeit mehr, vor 8 Uhr in Regensburg zu sein“. Das „Taxi Mama“ müsse leisten, was der öffentliche Personennahverkehr nicht kann, sagte Hausens Jugendbeauftragte.
Festivalkultur hält die Leute in der Region
Andreas Lammel, kirchlicher Jugendreferent für die Region Kelheim, spricht ein anderes Problem an.

„Der Wert von solchen Festen wird politisch nicht wahrgenommen.“
Es geht um Feste und Verbände Im ländlichen Raum „sind es zum einen Verbände, zum anderen Feste“. „Wenn die Landjugend Festl macht“, gebe es Auflagen, „dass die Ohren flackern. Der Wert von solchen Festen wird politisch nicht wahrgenommen.“ Eine Festivalkultur sei aber „gerade das, was die Leute in der Region hält“.
Herbert Blascheck, Sprecher der Bürgermeister im Landkreis, plant das Jugend-Thema aufzugreifen. Es werde ein „eigenes Thema“ für eine Bürgermeisterversammlung nach der Sommerpause. Bei der Veranstaltung nun sei deutlich geworden, dass jede Gemeinde für sich mit „ihren Jugendlichen vor Ort“ ein Konzept entwickeln müsse. „Gleichzeitig ist es aber notwendig, dass sich die Gemeinden und der Landkreis verstärkt miteinander vernetzen.“

Wie Landrat Martin Neumeyer zur MZ sagte, würden die Ideen ausgewertet, gewichtet und sortiert. „Dann entwickeln wir ein Konzept.“ Nach den Sommerferien werde wieder an Jugendliche herangetreten. Er kündigte für die Zukunft ein Jugendforum an. „Das Jugendparlament hat sich vom System her totgelaufen.“ Dieses habe sich „aus der Schule entwickelt, war hauptsächlich für Schüler“.
Das vorgesehene Jugendforum soll sich dem Landrat zufolge in regelmäßigen Abständen (zwei- bis dreimal jährlich) treffen, immer an anderen Orten im Landkreis – im Kino, in der Disko, im Rathaus, dem Landratsamt. Als ein Ziel für 2019 nannte der Landrat auch einen „Jugendpolitischen Empfang unter dem Motto ,Jungsein im Landkreis Kelheim‘“.
Das Tirschenreuther Modell eines öffentlichen Personennahverkehrs haben wir übrigens in unserer Themenwoche „Nächster Halt“: Zukunft“ zur Mobilität ausführlich vorgestellt. Im speziellen geht es um den Tirschenreuther Partybus, der mittlerweile Kult ist.
Interview mit Winfried Pletzer
Herr Pletzer, wie beurteilen Sie die Situation der Jugendpolitik im Kreis und in den Gemeinden?
Ich begrüße den Impuls des Landkreises Kelheim, dieses Thema grundlegend perspektivisch
anzugehen. Jugendfreundlicher Landkreis steht meines Erachtens für einen Impuls des
Landkreises an die Gemeinden zu einer gelingenden kommunalen Jugendpolitik.
Was soll auf den Auftakt folgen?
Ich würde empfehlen, die Blickrichtung auf Multiplikatoren und die Kommunalpolitiker in den Gemeinden zu richten, zum Beispiel Jugendhilfeausschuss, Bürgermeisterdienstbesprechung und das Thema Jugendpolitik in den Gemeinderäten behandeln. Insofern ein guter Auftakt und ein guter Impuls für ein kompetentes Arbeiten in Zukunft.
Bitte geben Sie Tipps, wie Gemeinden jungen Menschen halten können.
Neben den harten Faktoren wie Bildung, Ausbildung, Arbeit, Verkehr gehören Herzschlagfaktoren wie Freunde und aufgenommen sein dazu.
Ein Gedanke zu einem Zukunfts-Landkreis?
Die Rahmenbedingungen sind da, aber auch nicht die Konkurrenz durch andere Landkreise vergessen.
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