Tradition
Ein Barbier aus Leidenschaft

„Schneck“ feiert 25. Jubiläum. Der Abensberger Familienbetrieb ist seit 121 Jahren im Dienst der Schönheit tätig.

20.05.2018 | Stand 16.09.2023, 6:13 Uhr

Dieter Attenberger „Schneck“ ist Profi im Umgang mit dem Rasiermesser. Foto: Heike S. Heindl

Wer kennt ihn nicht- Sweeney Todd, den teuflischen Barbier aus der Fleet Street. Die amerikanische Verfilmung des Broadway-Musicals aus dem Jahre 1979 erzählt die Geschichte eines Barbiers, der sich ungerecht behandelt fühlte und deswegen der ganzen Welt Rache schwor. Er tötete viele seiner Kunden und gab die Leichen an den anliegenden „Pie Shop“ (Pasteten-Laden) von Mrs. Lovett weiter . . .

Ganz anders die Geschichte von Dieter Attenberger, genannt Schneck. Sie begann vor 121 Jahren, als 1897 Anton Blank einen Herren-Salon eröffnete. Der Salon bot vier Plätze und einen davon nur für Badertätigkeiten. Anton Blank kam 1896 der Liebe wegen nach Abensberg. Die Schnupftabak-Fabrikantentochter legte mit ihrem Heiratsgut von 3000 Goldmark den Grundstein für das eigene Geschäft. Haare schneiden und rasieren war damals nur ein Teil der Aufgaben des Baders. Zähne ziehen – ohne Betäubung, blutig schröpfen, Aderlass, Brüche eingipsen und ansässigen Ärzten bei kleineren Operationen assistieren, gehörten für den Urgroßvater zum Alltag.

Service mit Tradition

Wer als Kunde jeden oder mindestens jeden zweiten Tag zum Rasieren kam, hatte seine eigene Seifenschale, seine Serviette und sein eigenes Rasiermesser. Eine Tradition und ein Service, der auch heute noch bei „Schneck“ hochgehalten wird. 1927 folgte der erste Damensalon, den Anna Fritscher, die Tochter des Baders, eröffnete. Eine offizielle Ausbildung gab es damals für diesen Berufszweig noch nicht, aber Anna hatte als Zimmermädchen in einem Hotel gelernt, Damen frisieren, ondulieren und Frisuren zu stecken.

Der erste Dauerwellenapparat sah aus wie ein vielarmiges Monster, welches mit der Zeit bleischwer auf dem Kopf wurde. Trotzdem war er bei der Abensberger Damenwelt ein voller Erfolg. Nach dem frühen Tod der Mutter übernahm 1957 Edith Attenberger zusammen mit ihrem Mann Hans, der bereits bei ihrem Großvater angestellt war, das Geschäft. Schnell wurde klar, das modernisiert und erweitert werden musste. Man entschied sich für einen Neubau in der Regensburger Straße. Mit Fachkompetenz und Service überzeugte der Salon auch in der Wirtschaftswunderzeit.

Schneck im Video:

Im Jahre 1961 erfolgte der Generationen- und Standortwechsel. Eröffnet wurde ein gemeinsamer Friseur Salon mit großem Verkaufsraum. 1993 übernahm ihr Sohn Dieter. Der kleine Bub, der den Kopf voller engelsgleicher Locken hatte, wurde von allen liebevoll „Schneckerl“ genannt. Der Name blieb ihm. Schon ein Jahr später folgte der große Umbau und so wurde aus „Salon Attenberger“ endgültig „Schneck Haar Design“. Anfangs arbeitete Schneck noch mit der Unterstützung seiner Eltern, später haben sie sich aus Altersgründen aus dem Friseurhandwerk zurückgezogen.

Heute besteht das Geschäft 121 Jahre und „Schneck Haar Design“ feiert 25- jähriges Jubiläum. In dieser Zeit hat sich vieles verändert, die Techniken haben sich verbessert. Das Wichtigste für den jungen Friseurmeister war dabei eine harmonische und entspannte Atmosphäre für die Kundinnen und Kunden. „Nicht umsonst lautet mein Motto: Mein Kurzurlaub beim Friseur“, erklärt Schneck dazu.

Im Salon bestimmen Eisen und geöltes Holz die Inneneinrichtung. Angenehme Farben, Grünpflanzen und ein plätschernder Brunnen verbreiten italienisches Flair. Das Besondere im Salon ist der integrierte Barbershop. Ein extra Raum, nur für Männer. Dieter Attenberger ist Barbier aus Leidenschaft. Mit 14 hatte er zum ersten Mal ein Rasiermesser in der Hand. „Der Listl Max war es, weil es ihm so pressiert hatte. Bis dahin hatte ich das noch nie gemacht“, erzählt der Barbier lachend. „Ich musste das sogenannte ,Totenmesser‘ nehmen, weil die Schneide nicht mehr so scharf war. Wahrscheinlich habe ich ihm damals mehr Haare ausgerissen. Aber er hat es überlebt“, erzählt er lachend.

Heute hantiert Schneck schon fast künstlerisch mit dem Rasiermesser. Der Schnitt perfekt und die Haut im Anschluss babyweich. Seine Kunden kommen bis weit über den Landkreis hinaus. „Mir ist wichtig, dass die Leute genau das bekommen, was sie wollen. Ein Grund, warum ich mich durchaus den ,Frauenversteher‘ nenne“, sagt er.

Rasieren will gekonnt sein

Und was macht einen guten Barbier aus? „Das gekonnte Einseifen! Denn nur somit ist die Haut optimal gut auf die Rasur vorbereitet. Das mache ich mit dem Pinsel und der Hand, damit der Talgring um das Barthaar aufgelöst wird und damit die Rasur auch angenehm wird“, erklärt er. „Um Verletzungen zu vermeiden, ist es sehr wichtig, die Richtung des Bartwuchses zu erkennen, außerdem verwende ich der Haut entsprechende Pflegeprodukte. Auch der richtige Druck und Zug mit dem Rasiermesser sind wichtig um Blutungen zu vermeiden.“

Um die Rasur zu perfektionieren, bekommen die Messer mit einem Öl- und Wasserstein eine Grundschärfe. Auf Riemen und Stoßer werden die Klingen zudem noch langgezogen. Um die Haut optimal zu pflegen, hat Schneck eine Biosthetik-Kosmetikausbildung gemacht. Sein Barbershop bettet sich in eine reine Männerumgebung mit interessanten Dingen zum Probieren ein. Der Friseur bietet zur professionellen Rasur auch den modernen Männerhaarschnitt, Augenbrauen zupfen, demnächst auch auf die türkische Art mit dem Faden, Nasenhaare, Ohrhaare und Nacken ausrasieren.

Leider endet der Familienbetrieb mit Dieter Attenberger, alias Schneck.

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Interview mit Armin Gill, Obermeister der Friseurinnung:

Sind Barbershops der neue Trend im Friseurhandwerk?

Ja, die Männer legen wieder mehr Wert auf Pflege und ihr Äußeres. Das Ganze begann schon vor drei Jahren, als die Bartmode in Erscheinung trat. Dadurch haben sich die Barbershops entwickelt. Diese Marktlücke ist sozusagen aus der Mode entstanden.

Ist die Ausbildung zum Barbier in der Ausbildung dabei?

Nein, grundsätzlich ist die Ausbildung im Friseurhandwerk immer gleich. Nach der Gesellenprüfung hat man die Möglichkeit sich zu spezialisieren.

Was bietet so ein Barbershop?

Im Vordergrund steht die Pflege der Kopf- und Barthaare. Der Mann will wieder mehr unter sich sein. Der Barbershop ist ein Ort, wo nur Männer sind, und in diesem Bereich arbeiten überwiegend auch Männer. Gerade auch die Männer aus dem Ausland legen besonderen Wert auf ihr Äußeres. Hier steht die Pflege sehr im Vordergrund. Das Ausbrennen der Ohrhaare, die Nassrasur und die Frisur gehören dazu.

Wie sieht es momentan auf dem Ausbildungsmarkt im Friseurhandwerk aus?

Erfreulicherweise sehr gut. Die Handwerkskammer im Bereich Niederbayern und der Oberpfalz verzeichnet eine leichte Steigerung bei den Auszubildenden. Im ländlichen Bereich werden meist ein bis zwei Lehrlinge pro Betrieb und Lehrjahr ausgebildet, in den Großstädten sind es weit mehr. Das sind bei uns momentan rund 55 Auszubildende in unseren 62 Innungsbetrieben. 40 Lehrbetriebe davon bilden regelmäßig aus.

Was muss der Barbier oder Friseur mit sich bringen?

Einfühlsam und kreativ sollte er sein und auf die Kundenwünsche eingehen. Wichtig ist, dass er fachlich immer auf dem neuesten Stand und international informiert ist. Laufende Fortbildungen gehören dazu. Die Kundenzufriedenheit steht in unserem Beruf an erster Stelle.

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