Natur
Frauen erschaffen in Baiersdorf den Forst der Zukunft

20.09.2022 | Stand 15.09.2023, 3:36 Uhr
Diese Verbissschutzmatten aus Naturmaterialien nahmen die Frauen, die an der Waldbegehung teilnahmen, darunter die Waldbesitzerin Petra Zehetbauer (3.v.r.) und Kathrin Behling (links) von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) in Freising, genau in Augenschein. Mit dabei war Förster Hubert Beslmeisl vom Revier Riedenburg. −Foto: Erl

Waldbesitzerinnen treffen sich zu Begehung in Baiersdorf. Der Grund: Sie wollen gezielt klimaresistenten Mischwald entwickeln.

Frauen haben oft nicht nur einen anderen emotionalen Zugang zum Wald, sie fühlen sich in fachlichen Fragen oft von der Dominanz der Männer bevormundet. Dass das nicht die besten Voraussetzungen sind, um die privat bewirtschafteten Wälder mit Blick auf den Klimawandel in eine gute Zukunft zu führen, weiß nicht nur Kathrin Behling von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) in Freising. Auch Förster Hubert Beslmeisl vom Revier Riedenburg und die Waldbesitzerin Petra Zehetbauer aus Baiersdorf sind davon überzeugt, dass die weibliche Sicht auf die Bewirtschaftung der Wälder nur eine Bereicherung sein kann. Bei einem regionalen Waldaktionstag nur für Frauen im Landkreis Kelheim wollten sie bei einem gemeinsamen Waldspaziergang am Freitagnachmittag das fachliche Wissen von Waldbesitzerinnen fördern.

Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Abensberg-Landshut (AELF) veranstaltet diese regionalen Waldaktionstage für Frauen im Landkreis Kelheim in Zusammenarbeit mit dem Interreg-Projekt „Fem4Forest“, in der Bedeutung von „Wald in Frauenhänden“. Die Projektorganisatorin Kathrin Behling hat solche Spaziergänge auch schon im Landkreis Cham und einen weiteren im Landkreis Kelheim mit insgesamt rund 120 Teilnehmerinnen organisiert. „Frauen sind sehr interessiert am Thema Wald. Sie stellen sehr viele Fragen und fühlen sich anscheinend wohler, wenn sie unter sich sind“, ist Behlings Eindruck.

Sie sieht es durchaus als gesellschaftlich relevante Aufgabe der Forstverwaltung, mit diesem Wissenstransfer den Wald zu erhalten und in die Zukunft zu führen. „Wir sollten hier alte Rollenbilder aufweichen, denn beim Bemühen um den Wald sollte das Geschlecht keine Rolle spielen“, betonte die Organisatorin.

An dem Spaziergang in einem Waldstück bei Baiersdorf nahmen acht Frauen aus der Region sowie aus den Nachbarlandkreisen teil und sie bestätigten die bisherigen Erfahrungen. „In einer reinen Frauengruppe ist die Hürde geringer und man traut sich mehr zu fragen, weil Frauen ganz speziell angesprochen sind“, bestätigte Christine Zenz aus Sittling. Auch die 20-jährige Agrarstudentin Lena Eichenseer aus Baiersdorf sieht das so. „In einer Männergruppe fühlt man sich manchmal unterlegen. Wir sind hier eine wunderbare Gruppe, man kann Fragen stellen und viel Wissen mitnehmen“, betont die angehende Landwirtin.

Kenntnisse in verständlicher Form an Praxisbeispielen zu vermitteln ist natürlich das Ziel von Förster Hubert Beslmeisl. Denn für die Anpassung von Wäldern an den Klimawandel müssen häufig neue Baumarten in Altbestände eingebracht werden. Hierfür ist besonderes Wissen und Können erforderlich. Wie gut das eine Frau auch ohne forstliche Ausbildung kann, wurde im Wald von Petra Zehetbauer offensichtlich. Seit 15 Jahren bewirtschaftet die Kriminalbeamtin ihren Wald und im Zusammenwirken mit dem Förster hat sie in dem ursprünglich von Fichten und Kiefern dominierten Wald durch Naturverjüngung und aktives Einbringen von klimatoleranten Baumarten einen kontinuierlichen Umbauprozess eingeleitet.

Beslmeisl führte die Gruppe zu Anpflanzungen mit neuen Waldbäumen, zu Durchforstungsbeständen und in Bereiche, wo der Einfluss von Rehwild auf die Waldverjüngung sichtbar war. „Private Waldbesitzer sind oft zu spät dran, wenn es Möglichkeiten gäbe, durch gezielte Eingriffe einen guten Mischwald zu entwickeln“, gab er den Damen als Empfehlung mit.

Natürlich war das Fachwissen der Teilnehmerinnen unterschiedlich. Johanna und Manuela Obermeier aus Arnsdorf hatten bislang nur dürre Bäume aus dem Familienwald entfernt, doch nun müssen sie Borkenkäfer-Flächen aufforsten. „Durch diesen Spaziergang hat uns Beslmeisl ein Basiswissen vermittelt, mit dem wir jetzt zu unserem zuständigen Förster gehen und ihn um ortsbezogene Beratung bitten werden“, lautet ihre Bilanz.

Gerlinde Ehemann aus Graßlfing arbeitet zwar selbst gerne mit der Motorsäge, sieht ihren Wald aber nun aus einem veränderten Blickwinkel. „Da haben wir noch viel Arbeit vor uns, wenn wir den Wald zukunftsfähig machen wollen“, sagt sie.

Auch für die Waldbesitzerin Petra Zehetbauer brachten diese Stunden neue Erkenntnisse. „Ich weiß jetzt, dass es überall die gleichen Probleme und Herausforderungen gibt“, ist ihr Fazit. Besonders bedankte sich Beslmeisl bei den Teilnehmerinnen für ihre interessierten Fragen und die Anregung, diesen gemeinsamen Waldbegang in wenigen Wochen fortzuführen. Denn nicht alle vorgesehenen Themen samt ausgewählten Waldorten konnten in der verfügbaren Zeit behandelt werden.