Vision
Frauenpower am Gruber-Hof

Zurück zur Natur wollen die Schwestern mit ihrem Biohof. Mit viel Wissen und Charme laden sie Menschen nach Schöfthal.

20.09.2018 | Stand 16.09.2023, 5:57 Uhr
Renate Beck

Marlene (links) und Lucia Gruber – sie sind zwei tatkräftige Hofnachfolgerinnen. Foto: Gruber

Die beiden Schwestern Lucia und Marlene Gruber haben viel vor. Gemeinsam mit ihrem Vater Rupert bewirtschaften sie ihren Biohof in Schöfthal. Der Weg zu ihrem abgelegenen Hof führt über eine enge Straße – der Weg in ihre Zukunft über ihr Verantwortungsbewusstsein dem elterlichen Hof gegenüber.

Seit über 300 Jahren ist er in Familienbesitz. Das Hofgrundstück grenzt an Felder, Wiesen und Wald. Der Grundbesitz besteht aus 90 Hektar: „Er besteht aus zwei Drittel Ackerbau und ein Drittel Forst“ berichten Lucia und Marlene unserer Mitarbeiterin. Generationen vor ihnen haben den Traditionsbetrieb aufgebaut. Sie sind die erste Frauengeneration, die ihn übernehmen wird.

Vom Vater viel gelernt

Aktuell betreiben sie ihn im Nebenerwerb, haben ihn dazu von den Eltern gepachtet. „Papa arbeitet noch viel mit“. Rupert Gruber arbeitet seit 55 Jahren als Landwirt. Tiere sind schon länger nicht mehr am Hof. „Außer Katzen, Hühnern, Zwergziegen und Bienen“, sagen die Schwestern lächelnd. Bereits vor Jahren wurde der Betrieb auf Ackerbau und Waldbewirtschaftung umgestellt. Der Wald ist dem Vater und auch Tochter Lucia wichtig. Vaters langfristiges Denken hat die 24-Jährige so stark fasziniert, dass sie Forstwissenschaft studierte. Anfang Oktober beginnt ihre Masterarbeit.

„Wir sind gewohnt, zuhause viel zu arbeiten und haben von unserem Vater ganz viel gelernt“.Lucia und Marlene Gruber

Sie reist gerne, um andere Kulturen kennen zu lernen. Es interessiert die junge Frau, wie zu Omas Zeiten die Speisen zubereitet wurden. Lucia kocht Marmelade ohne Gelierzucker, backt Brot mit Sauerteig, züchtet Bienen und spielt gerne Klavier. Ihre 28-jährige Schwester hat ganz andere Hobbys. „Ich spiele im TSV Rohr Fußball; bin dort viel ehrenamtlich unterwegs.“ Die Marktgemeinderätin gestaltet das Marktgeschehen in Rohr aktiv mit. Zusätzlich arbeitet sie beim Zweckverband zur Wasserversorgung der Rottenburger Gruppe. Sie hat BWL studiert und mag gerne „Zahlen, Daten, Fakten. Wenn etwas kalkulierbar ist“. Nach dem Bachelor fehlte ihr die Natur, das Grün. Als Folge studierte Marlene „Nachwachsende Rohstoffe“ in Straubing. Während der folgenden drei Jahre in der Forschungsarbeit vollzog sie einen Themenwechsel in den Bereich Energiewirtschaft, zu der kürzlich ihre Doktorarbeit abgegeben war.

Gemeinsam bilden die Schwestern ein starkes Team. „Wir sind zwar keine studierten Agraringenieurinnen – aber wir haben mit BWL, Forstwissenschaften und Ressourcenmanagement, nachwachsenden Rohstoffen und Agrarökologie Studiengänge absolviert, die uns viel Wissen auf dem Weg mitgegeben haben“, erklären die beiden und betonen: „Wir sind gewohnt, zuhause viel zu arbeiten und haben von unserem Vater ganz viel gelernt“.

Die Schwestern produzieren Marktfrüchte

Zur Zeit befinden sich die Beiden im zweiten Jahr der Umstellungsphase vom konventionellen zum biologisch bewirtschafteten Betrieb. Sie produzieren Marktfrüchte. In der Umstellungsphase vor allem Futtermittel. Das aufkommende Unkraut in den Feldern wird mit dem waagerecht über den Boden laufenden Striegel und auch per Hand und Hacke bekämpft. Freunde unterstützten sie dabei. Um besseren Humusaufbau zu bekommen, wollen sie mulchen. „Was die Pflanzen aus dem Boden gezogen haben, bleibt am Feld liegen.“ Pestizide werden nicht eingesetzt. Mit dem Weizen sind sie ganz zufrieden. Dank seiner Vorfrucht Raps „steht er gut da“. Beide erklären, dass Raps ein Schwachzehrer ist. „Er hat viele Nährstoffe im Boden gelassen.“ Das Feld mit dem Hafer schaut gut aus. Auch die dort aufgebrachte Untersaat ging gut auf. Der Gerste allerdings habe die Trockenheit zugesetzt. Sie brachte einen schwachen Ertrag.

Die beiden jungen Biobäuerinnen wollen für ihre künftigen Vorhaben Kontakte knüpfen und entsprechende Netzwerke aufbauen. „Youtube und Facebook sind für uns wichtige Instrumente, um mit anderen in Kontakt zu kommen.“ Dabei wollen sie auch gegenseitig Erfahrungen austauschen. Für Hafer, Gerste und Weizen suchen sie Biobauern, „die unsere Produkte als Futtermittel brauchen können“. Weil sie nicht nur den Umgang mit der Natur, sondern auch den mit Menschen lieben, wollen sie Mensch und Natur zusammen führen. Auf ihrem Biohof in Schöfthal bieten sie Bildungsprogramme für alle Altersgruppen an.

Hilfe von der ganzen Familie

In ihren Köpfen schwirren viele Ideen, wie sie ihre gemeinsame Zukunft am Biohof gestalten wollen. Mama Irene und Papa Rupert sind mächtig stolz auf ihre beiden Mädels und unterstützen sie dabei. Auch die beiden Partner von Marlene und Lucia sind mit im Boot. Soweit es ihre Berufe zulassen, besuchen sie nicht nur die Familie am idyllisch gelegenen Hof, sondern helfen ihnen bei deren Vorhaben.

Am Gelände wäre reichlich Platz für zwei weitere Wohnungen. Ob Marlene und Lucia schon mal an eine Familiengründung dachten? Sie schmunzeln. „Obwohl unsere Freunde eigentlich nichts mit der Landwirtschaft zu tun haben, sind sie daran interessiert. Es ist ein gutes Zusammenspiel“, freuen sich die Schwestern und schließen die entsprechende Umgestaltung des Hofes nicht aus. Ob sie künftig den Anbau von Ölkürbissen, alter Getreidesorten, Heilpflanzen, Kräuter- und Waldführungen und nach ihrem ersten Versuch ein Kleidertausch-Event vielleicht verfolgen – das wird die Zukunft zeigen. Die jungen Hofnachfolgerinnen sind davon überzeugt, dass viele Menschen zurück zur Natur wollen. Um diese zu erhalten krempeln die sie ihre Ärmel hoch.

Mehr Geschichten aus dem Landkreis Kelheim lesen Sie hier.

Erhalten Sie täglich die aktuellsten Nachrichten aus der Region bequem via WhatsApp auf Ihr Smartphone.Alle Infos dazu finden Sie hier.